Название | Seewölfe Paket 27 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399956 |
Und sie hatten auch von Norden her das dumpfe Geräusch der Rohre gehört, die Feuer ausspuckten, Feuer und Kugeln aus Eisen. Igna, der Alte, hatte bedächtig gemeint, es sei wohl wieder an der Zeit, weiterzuziehen, dorthin, wo sich noch keine weißen Fremden gezeigt hätten. Er vermied es, diese Fremden Teufel zu nennen.
Sie hatten genickt und Ignas Rat erwogen. Sie kannten keine Tage oder Monate oder Jahre. Sie fühlten sich eingebunden in den ewigen Kreislauf der Natur, die ihnen alles gab, was sie brauchten. Und sie brauchten nicht viel, weil sie genügsam und anspruchslos waren. Sie lebten von den Früchten des Meeres, von den Wurzeln der Maniokgewächse und von Kokosnüssen. Ihre Gemeinschaften bestanden aus Familiengruppen, die sich in mehr oder weniger großer Anzahl zusammengetan hatten, ohne einen direkten Häuptling zu haben. Hier waren es sechs Familien mit durchschnittlich acht Mitgliedern.
Nein, sie ahnten nichts, auch wenn ihnen die weißen Fremden nicht geheuer waren. Aber sie würden ja in den nächsten Tagen mit ihren Booten weiterziehen, vielleicht hinüber zum Golf von Moro und dann in die Inselwelt des Sulu-Archipels. Sie hatten keine Eile. Sie wollten nichts von den Fremden, und sie erwarteten, daß auch die Fremden von ihnen nichts wollten. Man mied sie, das war alles.
Beeveren langte bei einer der mittleren Pfahlbauten an, hielt sich an einem Pfosten fest und blickte nach links und rechts. Als er sah, daß die jeweils drei Kerle bei den Balanghais waren, bedeutete er ihnen, die Fahrzeuge von den Leinen zu lösen und zum Strand zu bugsieren.
Sie kappten die Leinen mit ihren Messern, richteten die Boote auf den Strand aus und schoben sie vor sich her strandwärts. Da war nur ein leises Plätschern zu hören, mehr nicht. Es reichte nicht aus, die „Affen“ zu alarmieren. Beeveren wartete, bis die drei Balanghais den Strand erreicht hatten. Seine restlichen Kerle hatten sich inzwischen um die sechs Pfahlbauten verteilt, jeder auf einer anderen Seite der jeweiligen Plattform, so daß sie sich gegenseitig nicht behindern würden, wenn sie sich hochschwangen.
„Enter auf!“ brüllte Beeveren.
Sie schnellten aus dem Wasser, stemmten sich an den Kanten der Plattform hoch, warfen sich vor, zogen die Beine nach und herum und sprangen Sekunden später auf, die Messer wieder in den Fäusten, die sie vorher zwischen die Zähne geklemmt hatten.
Sie fackelten nicht lange. Zwei Hiebe mit dem Messer genügten, um die Rotanseile zu durchtrennen, die als Türangeln dienten. Dann reichte ein Fußtritt, um die Tür aus Bambusstäben ins Hütteninnere zu befördern.
Was folgte, war an Brutalität und Menschenverachtung kaum zu überbieten. Sie griffen wahllos zu, zerrten die Überrumpelten, die viel zu verängstigt waren, um sich zu wehren, an den Haaren hinaus auf die Plattform, begutachteten das Opfer – da sich ihr Kapitän ja „knackige Weiberchen“ ausgebeten hatte – und stießen es ins Wasser, wenn sie es als „unbrauchbar“ taxierten. In der Regel waren das die Alten, die Kinder und die Männer. Die Kinder schleuderten sie schwungvoll davon – sie schwenkten sie an den Füßen durch die Luft. Und auch die Messer setzten sie ein, obwohl nicht der geringste Widerstand geleistet wurde.
Sie johlten und wieherten und grölten und lachten. Sie gleichfalls als Affen zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für diese Tiergattung gewesen.
Die Badjao waren ausgezeichnete Schwimmer und Taucher – von klein auf. Auch die Verletzten schafften es, den Strand zu erreichen, abseits der neun Kerle am Wasser, die nur darauf lauerten, ebenfalls mitzumetzeln. Nur die Toten trieben ab und sanken.
Igna, der Alte, aber ein zäher Alter, überlebte mit einem Messerstich in der Schulter. Er sammelte seine Leute, kümmerte sich um die Kinder und führte alle in tiefes Dickicht, wo sie in Sicherheit waren.
Eigentlich waren sie noch genug, um die neun Kerle bei den Balanghais zu überfallen und blitzschnell mit ihren drei Fahrzeugen zu verschwinden, bevor jene Teufel auf den Plattformen reagieren konnten. Aber sie hatten nicht gelernt, sich zur Wehr zu setzen. Sie kannten keine Kämpfe, weil ihre Welt in Ordnung war, eine Welt ohne Neid und Mißgunst, ohne Gier auf des anderen Besitz. Daß sich diese Welt zu verändern begann, ahnten sie nicht. Es war auch unvorstellbar für sie, denn wie sollte sich eine Welt verändern, die seit urdenklichen Zeiten so bestand, wie die Badjao sie kannten?
Mit acht jungen Frauen zogen die weißen Fremden ab. Sie waren „aussortiert“ worden und entsprachen der lüsternen Vorstellung des Pieter Hendrik Beeveren. Seine und seiner wüsten Kerle letzte Untat bestand darin, die Pfahlbauhütten in Flammen aufgehen zu lassen, bevor sie mit den drei Balanghais nach Süden segelten.
2.
Nur etwa eine knappe Stunde vor diesem letzten Ereignis – also noch vor Morgengrauen – ankerten die „Santa Barbara“ sowie die beiden Schaluppen aus Davao an einer Stelle, die sich etwa anderthalb Meilen nördlich des holländischen Lagers befand. Philip Hasard Killigrew war entschlossen, dieses Lager auszuheben, die Kerle gefangenzusetzen und dem Kommandanten des kleinen spanischen Stützpunktes Davao zu übergeben.
Nach Don Juans Bericht – er führte die eine Schaluppe aus dem spanischen Stützpunkt – waren die Niederländer nunmehr ohne Fahrzeuge. Nachdem die Arwenacks im Verlauf des Vortags zwei Schaluppen der Kerle versenkt beziehungsweise zerstört hatten, war in der Nacht von Al Conroy eine dritte Schaluppe vernichtet worden, und zwar während eines Feuerüberfalls von Don Juans Einmaster aus auf das Lager der Holländer. Und die vierte Schaluppe hatten die Kerle selbst infolge einer Verwechslung zum Wrack zerschossen.
Mithin waren die Kerle ohne schwimmende Untersätze, es sei denn, sie bauten sich Flöße zusammen. Von dieser Möglichkeit ging Hasard aus, und darum wollte er die Kerle packen, bevor sie mit den Flößen auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Daß sich die Kerle zu Fuß absetzten, mußte er auch einkalkulieren, aber er ging von der allgemeinen These aus, die besagt, daß Seeleute einen Horror vor Fußmärschen hätten. Das entsprach einer englischen Weisheit, die verkündete, der Seemann schwinge sich lieber bei Sturm zehn Stunden lang von Mast zu Mast, als daß er auch nur fünf Minuten lang an Land die Füße schwinge.
Hasard irrte – und etwa drei Stunden später hätte er sich für diesen Irrtum ohrfeigen können.
Sie ankerten hinter einer nach Norden hochgekrümmten Landzunge, die ihnen die Gewähr bot, vom Lager der Holländer aus nicht gesehen zu werden. Die Landzunge war üppig mit hohen und dichten Bäumen bestanden, hinter denen die Masten unsichtbar blieben.
Auch ein nach Norden sichernder Posten konnte die heransegelnden Schiffe nicht sehen, wenn sie unter Land blieben. Aber die Arwenacks mußten mit einem solchen Posten rechnen, wenn sie sich an das Lager heranarbeiteten.
Bis auf eine Ankerwache auf jedem Schiff setzten die Mannen mit Beibooten an Land. Hasard teilte drei Trupps ein. Einer unter Führung Don Juans sollte das Lager umgehen und sich von Süden nähern, einer unter Führung Ben Brightons sollte sich von Westen heranpirschen und einer von Norden. Diesen Trupp übernahm Hasard selbst. Bei ihm befand sich Batuti, der schwarze Riese aus dem fernen Gambia.
Als Signal, daß alle drei Gruppen vor Ort waren und das Lager umstellt hatten, vereinbarten sie das Keifen des Eisvogels, das sie alle kannten. Das durchdringende hohe „Tiit“ war leicht nachzuahmen. Außerdem hauste dieser Fischchenfänger am Strand in den Mangroven, und es konnte durchaus sein, daß er aus irgendwelchen Gründen noch vor Sonnenaufgang loszeterte.
Don Juans Trupp würde den weitesten Weg haben. Er selbst schätzte, in einer guten halben Stunde am Ziel zu sein. Zusammen mit Ben Brightons Trupp verschwanden er und seine Mannen, darunter Carberry, landeinwärts im Dickicht.
Hasard lauschte und lächelte dann in sich hinein. Die Arwenacks bewegten sich auf sehr leisen Sohlen – und im Gegensatz zu den fußmüden Seeleuten waren sie auch gute Marschierer, wie sie oft genug bewiesen hatten.
Er winkte seine Söhne heran, die Plymmie zwischen sich hatten, und flüsterte: „Ihr übernehmt die Spitze. Paßt dabei auf Plymmies Reaktionen auf. Es ist mit einem Posten zu rechnen. Ich hoffe, euer Wauwau wittert den Kerl, bevor der uns entdeckt.“
Die