Die Geschichte von KISS. Gene Simmons

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Название Die Geschichte von KISS
Автор произведения Gene Simmons
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454441



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uns klar, dass wir die Dolls nicht bei ihrem Spiel würden schlagen können. Also mussten wir einen anderen Look für uns finden. Sie sahen cool aus und hatten einen unglaublichen Vibe, aber sie wollten sowieso nicht mit uns zusammen auftreten. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Sylvain, ihrem Rhythmusgitarristen, auf dem Klo im Hotel Diplomat. Ich schlug einen gemeinsamen Auftritt vor, und er antwortete: „Nein, das sollten wir nicht tun. Ihr würdet uns vernichten.“ Sie waren nicht dumm.

      SYLVAIN SYLVAIN (RHYTHMUSGITARRE, NEW YORK DOLLS): Die Dolls waren eine schmierige, unterirdische Underground-Band. Amerika konnte eher mit KISS etwas anfangen, aber nicht mit den Dolls. Amerika hielt uns für schwul, wir waren Drag-Queens. Wir wirkten abstoßend, kränklich und waren Junkies. Auf meine Brooklyner Art sehe ich die Dolls als Club-Kids. Wir waren sexy und versuchten eben nicht wie Frauen auszusehen. Es war alles sehr ironisch und affektiert. Wir hatten einfach Spaß daran, das Leben auszukosten. Für uns war das kein Job, es war unser Leben. Im Vergleich zu KISS waren wir viel gefährlicher. Jede Idee, die sie jemals hatten, hatten sie von den Dolls. Die Dolls waren wie Stripper oder Club-Kids und KISS eher wie Fernfahrer, die mit Schminke hantierten. Sie dachten sich wohl: „Mal sehen, was heute so abgeht – aha, Schminke! [lacht]. Das wollen die Kids, also lasst uns eine Show abziehen.“ Unsere Mentalität in Bezug auf Showbiz war mehr an Die kleinen Strolche angelehnt: „Uns ist langweilig. Was sollen wir tun? Warum ziehen wir keine Show ab?“ Die Dolls waren eine Reaktion auf das, was so abging, und die Industrie wollte nichts mit uns zu tun haben. Wir waren zuerst da und halfen mit, die Tür einzutreten, durch die KISS schließlich hindurch spazierten. Ich liebte das, was KISS taten. Es ist unglaublich, wie riesig sie wurden, aber ich muss zugeben, dass ich den Blues bei ihnen vermisse – etwas, das die Dolls sehr wohl hatten. Aber ich habe stets die Tatsache anerkannt, dass sie talentiert genug waren, um alles zu verändern, und erfolgreicher waren als David Bowie, ich selbst, Iggy Pop und die Velvet Underground.

      DAVID JOHANSEN (LEADSÄNGER, NEW YORK DOLLS): Was man an KISS bewundern muss, ist ihre Langlebigkeit. Sie zogen jeden Abend ihre Kostüme an und aus, und irgendwann wurde die Welt auf sie aufmerksam, weil sie sie oft gesehen hatte: auf Fotos, im Fernsehen, in Zeitungen – egal wo. Irgendwann wurden sie sofort als KISS erkannt. Wer sonst zieht sich schon so an?

      GENE SIMMONS: Es ist einfacher, sich von den Stones inspirieren zu lassen: Du legst dir so einen Haarschnitt zu, wirfst ein paar Schals und coole Klamotten über, und die Girls werden auf dich abfahren und die Jungs werden dich für eine Band aus England halten. Und wir taten genau das Gegenteil, gingen unseren eigenen Weg. Wir waren nicht sehr überzeugend als androgyne Jungs. Die Dolls waren sehr wichtig, aber sie waren absolut eine von den Stones inspirierte Band. Sie hatten David Johansen, einen Typen mit großen Lippen, der aussah wie Mick Jagger, und dann gab es da noch Johnny Thunders, einen Typen, der wie Keith Richards aussah. Sie bezogen sich auf eine ikonische Blaupause. Sie waren die amerikanischen Stones. Es gab keine großen Unterschiede zwischen den Dolls, Aerosmith und den Stones.

      KEITH WEST: KISS klangen toll. Aber viele andere Bands waren auch gut. Wir hätten nicht erwartet, dass KISS der Durchbruch gelingen würde. Jeder dachte eher an die Dolls, dass sie so groß werden würden wie Bowie, aber das trat nicht ein.

      BINKY PHILIPS: KISS wurden von den anderen New Yorker Bands als Outsider angesehen. Die meisten hielten das Make-up für lächerlich. Es gab einen gewissen Klüngel von New Yorker Bands wie etwa Teenage Lust, die um die Dolls zirkulierten wie Planeten um die Sonne, und diese Bands waren die coolen. Wenn man im Mercer Arts Center auftrat, gehörte man dazu. Aber KISS spielten nie dort. Der Umstand, dass ihre Songs sich an Humble Pie orientierten, die in der Welt der Dolls nie als besonders groovy galten, ihr allgemeines Auftreten auf der Bühne und ihr Sound machten sie zu Outsidern. Sie wurden nicht sonderlich respektiert. Es war eine sehr kleine Szene. Da waren KISS, die Planets, die Dolls und die Brats. Das sind vier Bands aus einer Szene, die ungefähr 15 Gruppen umfasste. KISS hatten das Problem, dass sie bedeutend bessere Musiker waren als die anderen Bands in New York. Die einzigen, die noch besser gewesen sein könnten, waren die Planets. Ich glaube, dass viele Leute sauer auf KISS waren, weil niemand gerne jemand Besseren neben sich hat.

      Bildstrecke 1

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      Gene, Paul und Peter experimentieren in ihrem Loft mit Schminke, New York City, November 1972 Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Ein einzigartiger Schnappschuss, der Paul ohne Make-up und einen vollständig geschminkten Ace zeigt, Coventry, 31. August 1973 Ken Sharp Collection

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      KISS posieren mit dem Besitzer des Daisy, Sid Benjamin, 10. März 1973, Amityville, New York. Die Entwicklung des Make-ups ist noch nicht abgeschlossen. Man beachte: Obwohl er bereits Rouge, Eyeliner und Lippenstift trägt, fehlt noch der Stern, sein Markenzeichen. Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Weniger als einen Monat nach ihrem Debüt im Coventry performen KISS im Daisy, 10. März 1973 Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Gene groovt im Daisy, 10. März 1973 Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Ace greift in die Saiten, The Daisy, 10. März 1973 Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Lydia Criss fotografierte die Band in schriller Aufmachung kurz vor ihrem Auftritt als Vorgruppe der Brats bei einer Loft-Party im New Yorker Greenwich Village. Bemerkenswert: Das KISS-Shirt, das Paul trägt, wurde von Peters Mutter hergestellt. Die blauen Glitzerhosen hat er selbst gemacht. Lydia Criss – Sealed with a Kiss/www.lydiacriss.com

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      Paul und Ace in Hochform, Hotel Diplomat, New York City, 13. Juli 1973 Gavino Abaya III

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      KISS spielen eine Show für die Angestellten von Casablanca, darunter auch der Präsident, Neil Bogart. Vollkommen von den Socken entschließt er sich, die Band als ersten Act für sein Label unter Vertrag zu nehmen. LeTang’s Ballet Studio, Midtown, Manhattan, September 1973 Eddie Solan/KISS Catalog Ltd.

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      Paul und Gene nehmen das erste KISS-Album auf, Bell Sound Studios, New York City, November 1973 Eddie Solan/KISS Catalog Ltd.

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      Gene ist startklar und bereit, seine Gesangsparts beizusteuern, Bell Sound Studios, November 1973 Eddie Solan/KISS Catalog Ltd.

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      Ace stimmt seine Gitarre während der Sessions zum ersten Album von KISS, November 1973 Eddie Solan/KISS Catalog Ltd.

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      Fotosession für das erste Album KISS Catalog Ltd.