Die Geschichte von KISS. Gene Simmons

Читать онлайн.
Название Die Geschichte von KISS
Автор произведения Gene Simmons
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783854454441



Скачать книгу

wir bis heute spielen: „She“, „Watchin’ You“, „Deuce“, „Strutter“ und „Black Diamond“. Diese Songs landeten schließlich auf den ersten paar Alben. Eine erwähnenswerte Ausnahme: „Life in the Woods“ war ein absoluter Fehlschlag. Paul hatte ihn zu verantworten.

      EDDIE SOLAN: „Life in the Woods“ unterschied sich von den anderen Rocksongs, die sie im Programm hatten.

      PAUL STANLEY: Es war mehr wie ein Riff, die Lyrics kamen erst später. Sie waren eher bizarr – einfach irgendetwas, damit wir etwas zum Singen hatten.

      EDDIE SOLAN: [Rezitiert die Lyrics] „Life in the woods would be easy, living with the birds and the trees …“ Es war ein seltsamer Song [lacht].

      GENE SIMMONS: Wir haben ihn nie aufgenommen. [Rezitiert die Lyrics] „… Keeping in tune with the city, singing along with the breeze.“ Dieser Text war bizarr, aber der Riff war außergewöhnlich. Es erinnerte mich an einen Song der Band Detroit, in der Mitch Ryder spielte.

      PAUL STANLEY: Ich klaute mir von „Dreams“, einem Song des Buddy Miles Express, einen kleinen Gitarrenpart und versuchte auch, die Atmosphäre seines Textes rüberzubringen. „Life in the Woods“ war ein Song, den wir während unserer Club-Zeit spielten; er diente als Füllmaterial. Wir hatten eine beschränkte Zahl an Songs, mussten aber so und so viele Sets pro Abend spielen. Er war Flickwerk, er sollte das Konzert ein wenig länger machen. Wir wollten ihn nie aufnehmen.

      RIK FOX: Damals, während dieser Club-Zeit, spielten sie einen Song namens „Acrobat“, einen ausgedehnten Jam. Als er bei seinem Heavy-Part ankam, war er für mich die Verkörperung des Heavy Metal.

      GENE SIMMONS: „Acrobat“ war ursprünglich sieben Minuten lang. Es begann als Instrumental und ging dann in einen anderen Part über, der „You’re Much Too Young“ hieß. Aus „Acrobat“ wurde schließlich „Love Theme From Kiss“ und mündete dann in einen Riff in der Art von „Detroit Rock City“, das Paul von mir geklaut hat, was er aber nie zugab. Während unserer Show wurde nicht geredet, es war nur Peng-peng-peng und dann wieder runter von der Bühne. Wir hatten damals noch keine erwähnenswerten Spezialeffekte.

      EDDIE SOLAN: Wir wollten professioneller rüberkommen, also baute ich ein primitives Beleuchtungssystem. Ich kaufte ein paar Dimmer-Schalter, baute kleine Türme aus RadioShack-Elementen und befestigte ein paar farbige Spotlights daran, die ich mit den Dimmer-Schaltern verband und vom Mischpult aus bediente. Andere Bands hatten nichts dergleichen. Dann kamen wir auf die Idee, bei „Firehouse“ diese roten, rotierenden Lichter einzusetzen. Sie waren auf der Unterseite magnetisch, damit ein Feuerwehrmann oder ein Cop sie nur auf das Dach seines Wagens zu stellen und sie im Zigarettenanzünder einzustecken brauchte. Ich arbeitete für eine Firma namens Lafayette Radio, einen Elektro-Einzelhandel in Scarsdale, New York, wo wir solchen Kram verkauften. Ich bastelte eine Box aus einem Autobatterie-Ladegerät, um die Lichter anzuwerfen. Wir hatten drei davon, die auf den Amps standen. Die setzten wir am Ende von „Firehouse“ ein, um die Begeisterung anzuheizen. Das sollte sehr lange so bleiben. Auch wenn sie auf Tour in großen Hallen spielten – die rotierenden Rotlichter waren immer dabei. Ich fertigte für die Band auch Beleuchtungselemente aus einem Fernsehantennen-Ständer. Dafür nahm ich mir diese Ständer, die Fernsehantennen auf Dächern hielten, und brachte farbige Lichter daran an. Damals hatten wir eine kleine PA-Anlage mit einem 12-Kanal-Mischpult von Peavey, das Gene und Paul noch von Wicked Lester mitgebracht hatten, und daneben die Lichtkiste, die ich ein- und ausschaltete. Es war primitiv, aber es funktionierte. Wir erreichten viel mit Erfindungsreichtum und sehr wenig Geld.

      ANDY DOBACK: Das Coventry hatte ein Lichtrad, das an der Decke befestigt war. Jemand vom Club stellte sich auf einen Stuhl und drehte das Rad, damit sich die Farben auf der Bühne änderten. Wir mussten immer sehr darüber lachen.

      LEW LINET: Nach der Show waren alle guter Stimmung – obwohl nur wenige Leute aufgetaucht waren. Sie waren sehr jung und naiv genug, und sie befanden sich auf dem Weg zum Erfolg. Sie hatten eine Aufgabe, waren sehr von sich eingenommen und glücklich mit dem, was sie taten. Sie hinterfragten weder sich selbst noch ihren eingeschlagenen Weg. Sie machten das, was sie am liebsten taten. Ihnen war nicht klar, wie schwer es werden würde. Sie hatten keine Ahnung, wie hoch der Berg war, den sie erklimmen wollten. Wenn wir jung sind, haben wir keine Angst davor, für den Erfolg schuften zu müssen, weil wir nicht wissen, dass es schwer wird. Das ist wie bei Kindern, die eine Fremdsprache lernen. Sie wissen nicht, dass es schwer ist, eine zweite Sprache zu erlernen. Sie tun es einfach. In vielerlei Hinsicht waren KISS wie Babys – mit großen Augen und noch feucht hinter den Ohren, aber bereit, die Welt zu erobern.

      STAN MIESES: Damals, 1973, war ich zwanzig und arbeitete als Laufbursche bei den Daily News. Es gelang mir, ein paar der Redakteure mit meiner Begeisterung für Rockmusik zu beeindrucken. Ich bekam ein paar Aufträge, Rockshows zu rezensieren. Dann schrieb mir dieser Kerl, Paul [Sub], aus Queens – er musste meinen Namen unter einer meiner Kritiken gelesen haben: „Ihr seid die Daily News, ihr solltet wirklich auch über Clubs in Queens berichten.“ Also fuhr ich zu seinem Club, dem Coventry, setzte mich hin, und dann betrat diese Band, KISS, die Bühne. Ich schaute sie mir an und dachte, das wäre so wie aus einem Comic-Heft oder Kabuki oder so. Sie sahen toll aus. Die Musik erinnerte an einen Zementmischer. Es war nicht mein Stil – ich orientierte mich mehr an den Velvet Underground. Aber ihre Bühnenshow war schon beeindruckend. Der Club war etwa halb voll, und alle waren begeistert. Die Konzertbesprechung, die ich für die Daily News verfasste, stellte die Optik der Band in den Vordergrund. Ich beschrieb die Band sehr detailliert, dafür weniger den Sound. Sie hatten klar definierte Charaktere, und das hatte ich seit den Beatles nicht mehr gesehen. Jedes Mitglied der Band war ein Individuum. Das Make-up unterschied sich bei jedem von ihnen. In ihrem Benehmen waren sie auch sehr verschieden. Die würden eine Chance auf den Durchbruch haben, dachte ich mir, denn ich hörte, wie die Leute sich am nächsten Tag über sie unterhielten: „Du solltest sehen, was ich gesehen habe!“

      Fünf Jahre später war ich der Rock-Kritiker und Pop-Kolumnist der Daily News und schrieb meine Artikel für die Sonntagsausgabe. Ich bekam einen Anruf von ihrem Pressesprecher, der mich einlud, KISS auf ihrer ersten Japan-Tournee zu begleiten. Wir saßen alle in der ersten Klasse. Eine Weile saß ich neben Gene. Ich stellte mich vor, und er sah mich sehr seltsam an. Dann griff er in seine Tasche und zog ein Stück Papier heraus. Er sagte: „Du bist also der Typ, der diese Kritik geschrieben hat!“ Er hielt meine Rezension der KISS-Show von 1973 im Coventry in der Hand. Von da an hatten wir einen Draht zueinander.

011_NTL.tif

      Frühes Promofoto KISS Catalog Ltd.

012_NTL.tif

      Gene Simmons’ handgeschriebene Tour-Kalender (1973) Mit freundlicher Genehmigung von Mark Anthony

013_NTL.tif

      Stoßstangen-Aufkleber mit Coventry-Motiv Mit freundlicher Genehmigung von AnneMarie Hughes

014_NTL.tif

      Gene performt im Matrosenanzug im Coventry, 30. Januar 1973

015_NTL.tif

      Paul und Ace im Coventry, 30. Januar 1973 KISS Catalog Ltd.

016_NTL.tif

      Handgeschriebene Setlist für den Auftritt im Coventry KISS Catalog Ltd.

      7: Auf ins Daisy

      Vielleicht noch mehr als ihre Auftritte im Coventry waren es die Gigs im Daisy, einem kleinen Club in Amityville auf Long Island, die den Sound und die Bühnenshow von KISS prägten.

      LEW LINET: Zu dieser Zeit gab es für einen Act wie KISS in Manhattan keinen Platz. Sie waren eine enorm laute,