Seelensplitterkind. Stefan Bouxsein

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Название Seelensplitterkind
Автор произведения Stefan Bouxsein
Жанр Языкознание
Серия Mordkommission Frankfurt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783939362517



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»Habe ich dir denn gefallen? Vorher, meine ich? Fandest du es schön mit mir?«

       »Ja, sehr sogar. Du gefällst mir sehr gut, Lena. Ich muss ständig an dich denken.«

       »Mir hat es auch gut gefallen. Ich musste auch oft an dich denken.«

       Einen Moment lang blieb es still zwischen den beiden. Christian wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Lena überlegte, wie sie es sagen sollte.

       »Es ist manchmal nicht ganz einfach mit mir«, verriet sie ihm schließlich mit leiser Stimme.

       »Hast du einen Freund? Einen anderen Mann?« Christian wollte die Frage eigentlich nicht stellen, aber er suchte nach einer Erklärung für Lenas merkwürdiges Verhalten.

       »Wie kommst du darauf?«

       »Weiß nicht. Ist nur so eine Frage.«

       »Möchtest du herkommen? Zu mir? Jetzt? Ich würde mich freuen.«

       Christian war es nicht verborgen geblieben, dass sie ihm seine Frage nicht wirklich beantwortet hatte. Aber die Aussicht darauf, gleich wieder mit ihr zusammen zu sein, blendete all seine Bedenken und Fragen aus. Er wollte sie einfach nur wiedersehen. Einfach nur in ihrer Nähe sein. So nah wie möglich. Und die Nacht mit ihr in ihrem Bett verbringen.

       »Ja. Ich bin in einer halben Stunde bei dir. Ist das in Ordnung?«

       »Sehr schön. Beeil dich. Bis gleich.«

      *

      

      Siebels stand vor der Wohnungstür einer Altbauwohnung in der Holzhausenstraße im Frankfurter Nordend. Drei Namensschilder waren an der Tür angebracht. Zizkowitz, Schlosser, Krampmann. Ein junger Mann mit schwarzen Locken öffnete und schaute Siebels fragend an.

      »Ich möchte zu Christian Schlosser«, erklärte Siebels und sein Instinkt sagte ihm, dass der Mann an der Tür es nicht war.

      »Einen Moment«, bekam er zur Antwort. Der junge Kerl rief lauthals nach Christian und entfernte sich dann kommentarlos. Siebels blieb allein vor der geöffneten Tür stehen und wartete geduldig, bis ein gleichaltriger Mann mit kurzgeschnittener Frisur erschien.

      »Was gibt es?«, fragte er mit einer Spur Misstrauen in der Stimme.

      »Christian Schlosser?«

      »Ja, und Sie?«

      Siebels zeigte ihm seinen Dienstausweis und stellte sich vor. »Können wir uns drinnen ungestört unterhalten?«

      Christian Schlosser machte zunächst keine Anstalten, Siebels in die Wohnung hereinzubitten. »Worüber denn?«

      »Über Ihren Vater«, hielt Siebels sich noch bedeckt.

      Christian Schlosser machte einen unschlüssigen Gesichtsausdruck. Schließlich nickte er und ließ Siebels herein. Sie gingen durch den Flur auf sein Zimmer. Dort gab es außer dem Bett nur einen Stuhl als Sitzgelegenheit. Die beiden blieben zunächst stehen, Siebels schloss die Tür hinter sich.

      »Was ist mit meinem Vater?«, fragte Christian Schlosser und in seiner Stimme klang die Sorge mit.

      »Es tut mir leid, Ihnen diese Nachricht jetzt übermitteln zu müssen. Ihr Vater ist tot.«

      Christian Schlosser sah Siebels mit großen, ungläubigen Augen an. Er sagte nichts, schüttelte nur den Kopf. Erst langsam, dann schneller.

      »Vielleicht setzten wir uns besser«, schlug Siebels vor.

      Wie in Trance ließ Christian sich auf die Bettkante sinken. Siebels nahm auf dem Stuhl Platz.

      »Ihr Vater wurde heute früh in seinem Haus von einem seiner Kollegen tot aufgefunden«, fuhr Siebels fort. »Es handelt sich um einen Todesfall mit Fremdeinwirkung. Ihr Vater wurde erschlagen.«

      »Erschlagen? In seinem Haus?« Christian sah Siebels immer noch ungläubig an. »Ein Einbruch?«

      »Nein, das können wir ausschließen. Es gibt keine Einbruchsspuren. Soweit wir das beurteilen können, wurde auch nichts gestohlen. Das müssten Sie bei Gelegenheit aber noch prüfen.«

      »Aber Sie wissen auch nicht, wer es war?«

      »Nein, bisher haben wir noch keine Spur zum Täter. Wissen Sie, ob Ihr Vater mit jemandem Probleme hatte? Streit?«

      »Mit meiner Mutter«, flüsterte Christian. »Aber die beiden sind geschieden und leben getrennt«, schob er schnell hinterher. »Weiß meine Mutter es schon?«

      Siebels nickte. »Ein Kollege von mir ist gerade bei ihr.«

      »Ich habe schon seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr zu ihr. Jetzt sollte ich mich bei ihr melden«, grübelte er vor sich hin.

      »Ja, das sollten Sie wohl tun«, pflichtete Siebels ihm bei. »Wissen Sie, ob Ihr Vater nach der Trennung wieder eine Beziehung zu einer Frau hatte?«

      »Nein, hatte er nicht. Warum?«

      »Weil wir uns ansonsten gerne auch mit dieser Frau unterhalten hätten.«

      »Meine Mutter hat ihm ständig vorgeworfen Affären mit jüngeren Frauen zu haben. Aber da ist nichts dran. Stattdessen hält meine Mutter sich jetzt einen jungen Liebhaber. Der ist in meinem Alter. Das ist doch alles verrückt.«

      »Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrem Vater?«

      Christian überlegte kurz. »Das ist jetzt bestimmt schon über drei Monate her. Wir haben telefoniert. Er wollte Karten für das nächste Spiel der Eintracht besorgen und mich ins Stadion einladen. Ich sagte ihm, dass ich schon anderweitig verplant sei.«

      Siebels schaute den jungen Mann mitfühlend an. »Ich muss Sie das jetzt fragen, fürs Protokoll. Wo waren Sie gestern am späten Abend und in der letzten Nacht?«

      »Ich bin gestern Abend gegen neun Uhr hier eingetroffen und seitdem nicht mehr aus dem Haus gewesen.«

      »Kann das jemand bezeugen?«

      »Ja, meine Mitbewohner. Joshua und Daniel. Wir haben bis nach Mitternacht zusammengesessen.«

      »Gut. Eine letzte Frage habe ich noch.« Siebels zeigte ihm das Foto, das auf der Brust von Christians Vaters hinterlassen wurde. »Kennen Sie diese Frau?«

      Christian warf zunächst nur einen flüchtigen Blick auf das Bild. Dann nahm er das Foto in die Hand und starrte drauf. Plötzlich sprang er auf und rannte aus dem Zimmer. Siebels schaute ihm hinterher, wie er schräg gegenüber im Bad verschwand. Dort übergab er sich. Das Foto hatte er im Flur fallengelassen. Siebels hob es auf und steckte es ein.

      »Geht es wieder besser?«, erkundigte er sich, als Christian mit einem Glas Wasser zurückkam.

      »Ja, Entschuldigung. Dass mein Vater wirklich tot ist, muss ich erst noch verarbeiten. Ich fühle mich gerade ziemlich elend.«

      »Ich will Sie heute auch nicht weiter belästigen. Soll ich einen Arzt rufen, der nach Ihnen schaut?«

      »Nein danke, es geht schon wieder. Kann ich meinen Vater noch mal sehen? Muss ich ihn denn noch identifizieren?«

      »Das wird nicht nötig sein. Wir melden uns bei Ihnen, wenn Sie ihn sehen können. Im Moment geht es leider noch nicht.«

      »Okay, ich bringe Sie noch zur Tür.«

      »Die Frau auf dem Foto, kennen Sie sie?«

      Christian schüttelte den Kopf. »Ach so, nein. Die habe ich noch nie gesehen. Wer soll das sein?«

      »Das hätte ich ja gerne von Ihnen gewusst. Sie liegt nackt auf der Couch im Haus Ihres Vaters.«

      »Ja, das habe ich gesehen. Aber ich habe dafür keine Erklärung. Woher haben Sie das Foto?«

      »Wir gehen davon aus, dass es