Seelensplitterkind. Stefan Bouxsein

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Название Seelensplitterkind
Автор произведения Stefan Bouxsein
Жанр Языкознание
Серия Mordkommission Frankfurt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783939362517



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haben wir es zumeist mit familiären Motiven zu tun. Oder mit Leuten, die in irgendeiner Weise mit der Familie in Verbindung stehen oder standen.«

      »So wie wir?«

      »Zum Beispiel. Wussten Sie, dass Eva Schlosser jetzt mit einem Mann zusammenlebt, der ungefähr im Alter von ihrem Sohn Christian ist?«

      »Ups. Nein, das wusste ich nicht. Es wundert mich aber auch nicht wirklich.«

      »Warum nicht?«

      Marlene Brenner druckste zunächst ein wenig herum. »Na ja, ich glaube, sie hatte schon seit längerer Zeit ein Faible für jüngere Männer. Für deutlich jüngere Männer.«

      »Obwohl sie ihrem Mann vorgeworfen hatte, Affären mit jungen Frauen zu haben?«

      »Ja, das war ja das Merkwürdige. Frei nach dem Motto: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.«

      »Gibt es auch ein konkretes Beispiel, das ihr Faible für deutlich jüngere Männer belegt? Während ihrer Ehe?«

      »Gibt es«, seufzte Marlene Brenner. »Aber das habe ich nie jemanden erzählt. Nicht mal meinem Mann.«

      *

      Siebels war von Tills plötzlicher Eingebung, Frau Brenner befragen zu wollen, etwas überrascht und versuchte sich nun wieder auf das Gespräch mit Nils Brenner zu konzentrieren. »Kommen wir bitte noch einmal auf das Foto zu sprechen. Das erweckt eigentlich nicht den Eindruck, als wäre es auf einem feuchtfröhlichen Herrenabend entstanden. Ganz im Gegenteil. Auf mich macht es eher den Eindruck, als würde zwischen Fotografen und Modell eine vertraute, intime Atmosphäre herrschen. Meinen Sie nicht?« Das Foto lag noch vor Brenner auf dem Tisch. Er warf erneut einen flüchtigen Blick darauf.

      »Möglich. Ich weiß es nicht. Das mit den leichten Mädchen war ja auch nur ein Gerücht. In der Kanzlei wird unter vorgehaltener Hand viel erzählt. Manches stimmt, manches nicht. Ich versuche mich bei dem Tratsch eigentlich rauszuhalten. Ich hätte es nicht erwähnen sollen.«

      »Kommen wir mal zu etwas Anderem. Auf welche Gebiete ist die Kanzlei denn spezialisiert?«

      »Wir übernehmen Mandate für Wirtschaftsunternehmen. Unsere Kernkompetenzen liegen im Wirtschaftsrecht, Gesellschafts- und Handelsrecht sowie im Immobilienrecht. Martin war für einige unserer größten Kunden zuständig. Zum Beispiel für zwei große Wohnungsgesellschaften. Und für die Deutsche Bahn.«

      »Gab es da in letzter Zeit irgendwelche Probleme?«

      »Anwälte leben von Problemen«, erwiderte Brenner.

      »Ja, von den Problemen ihrer Mandanten. Ich meinte aber, ob es innerhalb der Kanzlei Probleme oder Streitigkeiten gab.«

      »Das sind Interna. Darüber darf ich keine Auskünfte geben«, versuchte Brenner sich der Frage zu entziehen.

      »Doch, doch, der Mordkommission dürfen Sie alles erzählen, was im Zusammenhang mit dem Opfer steht. Und in diesem Fall war das Opfer nicht nur Ihr Kollege, sondern auch ein guter Freund. Jetzt können wir noch ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen führen. Morgen werden wir eine Befragung in der Kanzlei durchführen. Vielleicht können wir das aber auch abkürzen und jetzt ganz in Ruhe darüber sprechen. Sie wissen ja, die Gerüchteküche brodelt schneller, als man schauen kann. Je kürzer wir uns in der Kanzlei aufhalten müssen, desto weniger wird es hinterher brodeln. Immerhin haben Sie das Opfer in seinen Privaträumen aufgefunden. Also, gab es da etwas in der Kanzlei, von dem ich wissen sollte?«

      Nils Brenner ließ einen Bleistift durch seine Finger wandern und schien die Lage, in der er sich befand, abzuschätzen. »Ich will aber nicht, dass Sie falsche Schlüsse aus Begebenheiten ziehen, die mit Martins Tod nichts zu tun haben«, gab er sich bedenklich.

      »Keine Sorge, wir ziehen keine voreiligen Schlüsse. Wir ermitteln in alle Richtungen und lassen nichts außer Acht. Was sich davon als ermittlungsrelevant erweist, können wir schon richtig einordnen. Also?«

      »Also gut. Martin und Jürgen Hellmann hatten in letzter Zeit ein bisschen Stress miteinander. Die beiden sind die Partner von Herrn Lang und stehen demnach ganz oben in der Hierarchie. Martin hat sich das hart erarbeitet. Jürgen Hellmann wurde vor ungefähr zwei Jahren zum Partner berufen. Als Ersatz für einen Kollegen, der in den Ruhestand getreten ist. Die Personalie Hellmann war eine ziemliche Überraschung. Es hat überhaupt nichts darauf hingedeutet. Im Gegenteil, er war und ist bestenfalls ein mittelmäßiger Anwalt. Er war von allen in Frage kommenden Kollegen eigentlich der Letzte, dem man so einen Aufstieg zutrauen konnte. Eher wäre damit zu rechnen gewesen, dass er die Kanzlei verlässt, weil er den Ansprüchen nicht genügte. Aber plötzlich wurde er von Herrn Lang mir nichts dir nichts in die Führungsetage befördert. Die Qualität seiner Arbeit hat sich dadurch nicht verbessert. Zuletzt hat er einen ziemlichen Bock gerissen. Die Kanzlei hat dadurch einen wichtigen Kunden verloren. Bei Lang kam er damit trotzdem durch, Martin war ziemlich angefressen.«

      »Okay, worum ging es dabei genau?«

      »Einer unserer Kunden, eine Investorengesellschaft, hat in ein neu erbautes Hochhaus in Frankfurt investiert. Jürgen Hellmann hat die Kaufverträge mit dem Bauherrn ausgearbeitet. Laut dem Vertrag konnten Baumängel bei dem fertiggestellten Hochhaus ausgeschlossen werden. Dazu wurden alle möglichen Gutachten von uns in Auftrag gegeben. Nach Abschluss des Kaufvertrages hat sich aber herausgestellt, dass die Brandmeldeanlage nicht voll funktionstüchtig war und aufwendige Nacharbeiten notwendig wurden.«

      »Aha. So etwas kommt also nicht nur in Berlin vor.«

      »Leider. Das hat unseren Mandanten viel Geld gekostet. Geld, das er von uns zurückfordert.«

      »Herr Schlosser hatte aber keine Schuld an dem Desaster?«

      »Nein, definitiv nicht. Das hatte Hellmann allein zu verantworten. Das Gutachten, das er erstellen ließ, war das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben stand. Hellmann wollte Geld sparen und hat einen Gutachter beauftragt, der mit einer technischen Anlage in dieser Größenordnung völlig überfordert war.«

      »Dieser Herr Hellmann hatte deswegen aber keine Konsequenzen zu fürchten?«

      »Wenn es nach Martin gegangen wäre, wäre er hochkant rausgeflogen. Herr Lang hat es ihm aber durchgehen lassen. Obwohl Herr Lang in der Regel sehr hart durchgreift. Viel härter als Martin. Er ist ein Alphatier der schlimmsten Sorte. Nur bei Hellmann drückt er regelmäßig ein Auge zu.«

      »Woran das liegt, können Sie sich aber nicht erklären?«

      Brenner schüttelte den Kopf. »Nein. Das ist mir ein Rätsel. Zumal Hellmann auch ein Alkoholproblem hat. Noch so eine Sache, die Tobias Lang normalerweise nicht dulden würde.«

      4

       87 Tage zuvor

       Lena öffnete Christian die Tür zu ihrer kleinen Studentenwohnung und lächelte ihn schüchtern an. »Schön, dass du so schnell kommen konntest.«

       Christian umarmte und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss, schmiegte sich an ihn, schien sich mit ihm wohlzufühlen. Christian bugsierte sie langsam zum Bett, sie ließ es gerne zu. Sie machten es sich auf dem Laken bequem, küssten sich ohne Unterlass, fingen an, sich gegenseitig auszuziehen.

       »Nimmst du die Pille?«, fragte Christian und öffnete ihren BH. Beim letzten Mal hatte sie ihm diese Frage schon bejaht. Aber am darauffolgenden Morgen hatte sie davon anscheinend nichts mehr gewusst.

       »Ja, ich nehme die Pille. Du musst dir keine Sorgen machen«, hauchte sie ihm ins Ohr.

       Christian blieb misstrauisch, begehrte sie aber noch mehr als bei ihrem ersten Treffen. Beim ersten Mal hatte Lena sich ihm bereitwillig hingegeben, war aber weitestgehend passiv geblieben. Jetzt zeigte sie sich fordernder. Sie streifte ihm die noch verbliebene Unterwäsche vom Körper, konnte es kaum erwarten, von ihm geliebt zu werden. Christian konnte und wollte es auch nicht länger hinauszögern.