Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

Читать онлайн.
Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



Скачать книгу

Aufwand ziemlich übertrieben, doch vermutlich wollten die beiden Kaytaber demonstrieren, dass die Zusammenstellung pharmazeutischer Präparate eine schwierige Kunst war, die sie beherrschten. Perlmutt, die mir gefolgt war, zeigte sich jedenfalls recht beeindruckt. Restjue registrierte es mit kaum verhohlenem Stolz.

      Von draußen drang Stimmengemurmel herein, vereinzelte Rufe nach mir und den Forschern wurden laut. Als ich das beschlagene Fenster abgewischt hatte und hinausblickte, sah ich eine Ansammlung vor dem Haus. Ich brauchte die Planetarier nicht erst zu fragen, was sie wollten, denn alle kratzten sich. Ich schätzte ihre Zahl auf etwa siebzig bis achtzig Personen.

      Niedergeschlagen wandte ich mich ab. Schon wieder hatte ich mich geirrt.

      *

      Es blieb nicht bei achtzig Erkrankten. Stündlich wurden es ein paar mehr, und wie den Funksprüchen zu entnehmen war, beschränkte sich der Juckreiz nicht allein auf Yutlamal, die gleichen Symptome traten auch in anderen Siedlungen auf und sogar in Dörfern, die ein paar Tagesreisen von der Stadt entfernt waren.

      Wieder einmal betätigte ich mich als Lebensmittelchemiker, und erneut wurde ich von den Flurhütern unterstützt. Sie lieferten mir Wasserproben aus den verschiedenen Brunnen und Quellen, sogar aus dem Fluss. Währenddessen schufteten Rechts und Links bis zum Umfallen, unterstützt von meiner kleinen Freundin, die ihnen zur Hand ging.

      Maronx und Tranoque, die sich beklagt hatten, dass der Juckreiz immer stärker wurde und kaum noch auszuhalten war, hatten ihr Gel erhalten, und nun wurde die Salbenherstellung in großem Stil betrieben. Alle, die auf Linderung und Heilung warteten, mussten versorgt werden. Noch reichten die Vorräte an den benötigten pflanzlichen Substanzen aus, doch in ein, zwei Tagen würden erneut Kräuterkundler losziehen müssen, um das benötigte Grünzeug herbeizuschaffen.

      Das einzige Nahrungsmittel neben Mannanna war für die Kaytaber Wasser. Meine Vermutung, dass es verunreinigt, verseucht oder gar vergiftet war, bestätigte sich nicht. Selbst das kühle Nass aus dem Fluss hatte Trinkwasserqualität. Als auch die Analyse von Yarmsud und Pinzfruchtextrakt kein positives Ergebnis brachte, nahm ich endgültig von der Hypothese Abstand, dass der Juckreiz auf Lebensmittel zurückzuführen war, die nicht einwandfrei waren. Was aber war es dann?

      Die Reaktion der Haut gab mir zu denken. Sie ist ja nicht nur einfach totes Verpackungsmaterial eines Körpers, sondern ein riesiges Organ, das bei einem normalen Solaner eine Fläche von zwei Quadratmetern hat. Und diese zwei Quadratmeter erfüllen die unterschiedlichsten Aufgaben. Da gibt es die Ober-, die Leder- und die Unterhaut, die sich in ihren Funktionen ergänzen und vom Prinzip her eine Einheit sind, wie sie vollkommener kaum sein kann. Und dieses Organsystem, sensibel und zugleich robust wie kaum ein anderes, signalisierte durch den Juckreiz, dass etwas nicht stimmte, dass das biologische Gleichgewicht gestört war, nur – der sonst offensichtliche Hinweis auf Erreger, auf eine Krankheit fehlte.

      Noch während ich meine Speicher nach einer brauchbaren Erklärung abfragte, erreichte mich ein Funkspruch von Maronx.

      »Traykon, du musst sofort kommen. Es ist dringend!«

      »Stimmt etwas mit der Salbe nicht?«

      »Ich weiß nicht, sie scheint nichts zu taugen. Frag jetzt nicht lange, sondern beeile dich!«

      Der Oberste Flurhüter hatte abgeschaltet. Da seine Stimme ziemlich verzweifelt klang, informierte ich Perlmutt und meine Helfer darüber, wo ich zu finden war und verließ das Haus. Sofort steckte ich in einem Pulk von Kaytabern, die mich um Hilfe anflehten. Jeder wollte wissen, wie gefährlich die Krankheit war und welche Ursachen sie hatte, weil so plötzlich so viele daran litten und es etwas Ähnliches nie zuvor gegeben hatte. Ich beruhigte sie, so gut es ging und versicherte ihnen, dass wir an der Lösung des Problems arbeiteten und Linque und Restjue pausenlos damit beschäftigt waren, Salbe herzustellen. Und zwar in einer solchen Menge, dass alle damit versorgt werden konnten, die sie benötigten.

      Die freundlichen Planetarier begnügten sich mit meiner Erklärung und ließen mich bereitwillig passieren. Mittlerweile war die Zahl derer, die sich vor dem Labor eingefunden hatten, auf über hundert gestiegen. Unter ihnen befanden sich – sehr zu meinem Leidwesen – auch etliche Kinder, die sich kratzten. Ihnen musste auf jeden Fall geholfen werden, und ich schämte mich ein bisschen, dass ich dieses friedliche Völkchen mit einer Ausrede abgespeist hatte, aber sollte ich ihnen eingestehen, dass ich der Ursache des mysteriösen Juckreizes bisher nicht auf die Spur gekommen war?

      Kaum, dass ich die Menge hinter mir gelassen hatte, rannte ich los, bog in eine andere Straße ein und stand zwei Minuten später vor Maronx' Haus. Sofort trat ich ein.

      Der Oberste Flurhüter lag im Wohnraum auf einem rasch hergerichteten Lager. Die Söhne und Töchter waren wohl hinausgeschickt worden, nur seine Gefährtin war anwesend. Hingebungsvoll massierte sie die Salbe in die betroffene Hautpartie ein. Der arme Kerl, der sich ununterbrochen scheuerte, kam seiner Frau dabei immer wieder ins Gehege.

      »Du musst das Gel einziehen lassen, damit es wirken kann«, ermahnte sie ihn mit sanfter Stimme. »Wie soll es dir Linderung verschaffen, wenn es nicht einmal einziehen kann?«

      »Sehr wahr«, bemerkte ich und trat näher. »Was gibt es?«

      »Da bist du ja endlich, Traykon«, stöhnte Maronx. »Deine Salbe taugt nichts.«

      »Woher willst du das wissen?«

      »Der Juckreiz wird immer ärger, und jetzt hat sich auch noch ein Bläschen gebildet.«

      »Lass sehen, das interessiert mich.«

      Während ich mich über den Obersten Flurhüter beugte, wich seine Gefährtin bereitwillig zur Seite. Was Maronx ein Bläschen genannt hatte, war in Wahrheit eine glasige Pustel, nicht größer als ein Mückenstich. Die Hautfläche, die sie bedeckte, war kahl, die Fellhaare an dieser Stelle waren ausgefallen.

      »Auf den ersten Blick sieht es aus wie Alopecia areata, aber dazu passt die Pustel nicht.«

      »Was ist Alo..., na ja, was du eben genannt hast?«

      »Kreisrunder Haarausfall, eine Erkrankung mit sehr guten Heilungschancen.«

      »Und das ist es nicht?«

      »Nein.« Ich ging in die Hocke, um die befallene Stelle noch genauer betrachten zu können. »Die Schwellung ist scharf begrenzt. Tut sie weh?«

      »Überhaupt nicht. Weißt du, um was es sich handelt?«

      »Es könnte Wundrose sein. Beim Kratzen entstehen kleinste Hautverletzungen, durch die Kugelbakterien eindringen können, die solche Entzündungen hervorrufen. Atypisch ist allerdings, dass die Stelle nicht gerötet ist und nicht schmerzt. Wie fühlst du dich?«

      »Schlecht.«

      »Wie schlecht? Hast du Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen?«

      »Nichts davon.«

      »Dann ist es auch keine Wundrose.«

      »Woher willst du das wissen? Du hast mich ja nicht einmal untersucht.«

      »Die Wundrose äußert sich so, wie ich eben beschrieben habe«, sagte ich geduldig. »Erbrechen gehört auch noch dazu. Ich kam darauf, weil die Inkubationszeit dieser durch Schmutz- oder Schmierinfektion hervorgerufenen Entzündung nur mehrere Stunden beträgt. Spreize bitte die Glieder ab.«

      »Wozu?«

      »Um dich zu untersuchen. Aber wenn ich dir jeden Handgriff erst lang und breit erklären muss, werde ich heute wohl damit nicht mehr fertig.«

      Maronx wälzte sich herum und streckte alle Viere von sich. Behutsam tastete ich die Lymphknoten ab. Sie waren nicht geschwollen, und das war der letzte Beweis dafür, dass es sich nicht um Wundrose handelte. Es war auch keine andere mir bekannte Krankheit, sondern ein völlig unbekanntes Syndrom.

      »Wir werden nicht umhin kommen, eine Blutabnahme durchzuführen«, meinte ich so gelassen wie möglich. »Außerdem werde ich Stuhl- und Urinproben mitnehmen.«

      »Meinetwegen.« Der Kaytaber begann zu jammern. »Kannst du mir