Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

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Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745214024



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ist. Drei Millionen! Sie sammelten sie von reichen Landsleuten und waren entschlossen, das Geld für sich selbst auszugeben. Ich habe ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, nicht wahr?“

      „Ja, das hast du getan“, sagte Myers. Seine Stimme klang flach und müde.

      „Dich habe ich am Tag des Brandanschlags, von dem ich wusste, weil ich auch die Gespräche zwischen Saccato und Leggins aufgezeichnet hatte, aus dem Verkehr ziehen müssen. Du kennst den Grund. Die Kubaner glauben jetzt, du seiest mit ihrem Geld abgehauen. Mich verdächtigt niemand. Keine Menschenseele! Obwohl dieser verdammte Reiniger ...“ Hugh unterbrach sich mit plötzlich umwölkter Miene, zuckte mit den Schultern und fuhr fort: „Quatsch! Reiniger kann mir nichts am Zeug flicken, er hat keine Beweise. Wenn Mary und ich verschwinden, muss die Polizei annehmen, dass du uns in einem Racheakt aus dem Weg geräumt hast. Deshalb habe ich keine Bedenken, dich auf freien Fuß zu setzen. Selbst wenn du ihnen die ,Wahrheit‘ erzählst, werden sie sie für eine von dir konstruierte Schutzbehauptung halten.“

      „Ich habe dich unterschätzt“, sagte Myers.

      „Du hast dein großes Vorbild, diesen Bount Reiniger, studiert. Du hast versucht, ihm zu gleichen, aber offenbar haben deine Bemühungen nicht mal eine schlechte Kopie zustande kommen lassen. Du bist ein Versager. Du, der du mein Lehrer sein wolltest und Elmer das Gefühl vermitteltest, ein Superdetektiv zu sein, muss jetzt erkennen, wie stümperhaft du bist, wie unfähig.“ Er lachte. „Das gibt mir ein gutes Gefühl. Du hast keine Ahnung, wie deine aufgeblasene, überhebliche Art mich zuweilen geärgert und sauer gemacht hat. Übrigens kannst du Xenia mitnehmen.“

      „Xenia?“, fragte Myers und hob erstaunt die Augenbrauen. „Xenia Elmer?“

      „Genau die. Ich sage dir, wo du sie findest. Ich habe sie in den Keller eines Hotelneubaus gesperrt, der unvollendet am Garrison Kay steht.“

      „Warum denn das?“

      „Eine Schnapsidee. Du hast es tatsächlich fertiggebracht, mir Angst und Respekt vor diesem Bount Reiniger einzuflößen. Ich wollte ihn aus der Stadt vertreiben. Ich wollte erreichen, dass Elmer ihn nach Hause schickt. Deshalb nahm ich Xenia hopp. Ich benutzte sie als Hebel und Druckmittel.“

      „Hat Xenia dich erkannt?“

      „Nein“, sagte Dexter Hugh. „Ich trug eine Maske.“

      „Ich verstehe dich nicht. Wenn ich jetzt zu ihr gehe und sie erfährt ...“ Er unterbrach sich.

      „Ja?“, fragte Hugh.

      „Nichts.“

      „Du suchst fieberhaft nach einer Erklärung für mein Verhalten. Ich gebe sie dir. Ich bin Elmer und seiner Frau Xenia gegenüber in deine Rolle geschlüpft.“

      „Was soll das heißen?“

      „Wir ähneln uns figürlich sehr. Du sprichst immer noch diesen schauderhaften Brooklynakzent. Ich habe mich bemüht, den Eindruck eines Mannes zu erwecken, der seine Stimme verstellt ... aber ich habe dabei nicht versäumt, deinen großartigen Akzent einfließen zu lassen.“

      „Das ist absurd.“

      „Mag sein, aber ich bin überzeugt davon, dass der Trick gelungen ist.“

      Myers erhob sich. „Kann ich jetzt gehen?“ fragte er.

      „Ja, aber ich bleibe noch ein wenig bei dir.“

      „Warum?“

      „Ich muss vermeiden, dass du zur nächsten Telefonzelle rennst und dafür sorgst, dass die Ausfallstraßen blockiert und von der Polizei überprüft werden.“

      Myers grinste matt.

      „Also bist du deiner Sache wohl doch nicht so sicher.“

      „Das wäre falsch. Ich glaube, dass du am Ende als der Gehörnte und Geschädigte aus der Affäre hervorgehen wirst, nein, ich bin sogar überzeugt davon, aber in der Zwischenzeit darf ich nichts tun, was Mary und mir Schwierigkeiten bereiten könnte.“

      „Du sagst mir nicht die volle Wahrheit“, sagte Myers stirnrunzelnd. „Was führst du im Schilde?“

      „Gehen wir jetzt, ja oder nein?“

      Myers nickte. Ja, er wollte raus aus diesem muffigen Keller, er wollte sich die Lungen mit frischer Luft vollpumpen. Vor allem aber wollte er Dexter Hugh das Handwerk legen.

      Hugh zog eine Pistole aus der Sakkotasche.

      „Du hast den Vortritt“, spottete er. „Du bist der Ältere.“

      Myers verließ den Kellerraum und schritt mit gesenktem Kopf durch den Korridor. Er fühlte sich wie jemand, der nach langer Krankheit aufgestanden ist und vergeblich versucht, die vom Liegen verursachte Schwächung abzuschütteln. Seine Beine hatten Mühe, ihn zu tragen. Wie sollte es ihm unter diesen Umständen gelingen, einen Mann zu überlisten, der mit einer Pistole bewaffnet war?

      Er erreichte eine schmale, nach oben führende Treppe und musste sich am Geländer festhalten, als er sie erklomm. Er fühlte sich schwach und ausgepumpt, als er eine hohe, kahle Halle erreichte. Hier brannte kein Licht. Durch die Glasscheiben der hohen Eingangstüren fiel Mondlicht in den Raum.

      Hugh, der dicht hinter Myers geblieben war, sagte: „Die mittlere Tür ist offen. Auf dem Parkplatz steht mein Wagen. Du kennst ihn ja. Du setzt dich ans Steuer und fährst.“

      „Wo sind wir hier?“, fragte Myers. Er war bewusstlos gewesen, als Hugh ihn hergebracht hatte. Ein Schlag auf seine Schläfe hatte ihn für lange Zeit außer Gefecht gesetzt.

      „Du kennst das Haus“, sagte Hugh. „Es liegt nur ein paar Blocks von unserem Arbeitsplatz entfernt. Das Gwendell Building. Es soll im kommenden Monat bezogen werden.“

      Myers durchquerte die Halle, öffnete die Tür und setzte sich wie befohlen in Hughs Wagen. Hugh nahm im Fond Platz.

      „Zum Garrison Kay“, sagte er.

      „Hast du keine Angst, dass ich dich austricksen könnte?“, fragte Myers, der schrecklich darunter litt, von einem Anfänger, den er für willig, aber unbegabt gehalten hatte, missbraucht und herumgestoßen zu werden.

      „Nicht die Geringste“, höhnte Dexter Hugh. „Los, ab geht die Post!“

      Sie erreichten ihr Ziel nach zehnminütiger Fahrt ohne Zwischenfall. Sie stiegen gleichzeitig aus. Myers fühlte sich gekräftigt, aber bei weitem nicht so stark und reflexsicher, wie es die Situation erforderte. Dexter Hugh blieb zwei Schritte hinter ihm, mit schussbereit erhobener Waffe.

      „Keine Dummheiten!“, warnte er und wies seinem Gefangenen den Weg.

      Myers versuchte zu ergründen, was Hugh mit ihm vorhatte. Myers konnte einfach nicht glauben, dass Hugh bereit war, Xenia und ihn auf freien Fuß zu setzen.

      Sie betraten das Gebäude, das dunkel und unbeleuchtet am Kay lag, durch einen Seiteneingang. Ihre Schritte erzeugten in dem Rohbaukomplex hallende Geräusche. Hugh fischte mit der Linken eine Taschenlampe aus dem Sakko und ließ den Lichtkegel vor Myers hertanzen. Myers stoppte an einer steil nach unten führenden Treppe.

      In diesem Moment warf Dexter Hugh sich mit voller Wucht gegen Myers, er wurde praktisch zum Rammbock.

      Myers bemühte sich vergeblich darum, auf den Beinen zu bleiben. Er stürzte und fiel, er rollte, sich mehrmals überschlagend, die lange, scharfkantige Treppe hinab bis an ihr unteres Ende. Dort blieb er liegen mit dem Gefühl, sich alle Knochen im Leib gebrochen zu haben. Er spürte den Schmerz in den Schultern, in den Armen und Beinen, er fühlte auch, dass er sich den Kopf aufgeschlagen hatte. Er versuchte sich einen Reim auf das Ganze zu machen, aber das misslang. Er fühlte mehr als er sah, dass Hugh am oberen Treppenende stand. Myers versuchte sich aufzurichten. Mit einem Schmerzensschrei sackte er in sich zusammen.

      „Das Bein“, keuchte er. „Ich habe das Bein gebrochen.“

      „Maßarbeit“,