Cys vs. Silvers - River und Armand. Hanna Julian

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Название Cys vs. Silvers - River und Armand
Автор произведения Hanna Julian
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894087



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die Invasoren so oder so gewinnen. Denn sogar wenn die Cys die totale Ausrottung der Erdbevölkerung aufhalten konnten, so würde eine neue Generation, ohne Frauen, die diese Nachkommen gebaren, niemals existieren. River wusste das, aber er hatte sich vorgenommen, aus seinem Leben trotzdem das Beste zu machen. Er hatte nicht als Junge die Einsamkeit und das Feuer überlebt, um nun in Trübsal dahinzuvegetieren. Ganz im Gegenteil, sah er doch einer Zukunft mit Jack entgegen, die ihren eigenen Reiz hatte. Das Schiff würde ihnen gestatten, ohne Verpflichtungen und ohne die Anfeindungen derer zu leben, die ihren Schutz einforderten. Manchmal machte es River wütend, wenn er darüber nachdachte, dass die Männer ohne technische Komponenten ihn wie ein Werkzeug ansahen … wie eine Waffe ohne Gewissen. Oh doch, er hatte ein Gewissen! Vielleicht wäre das etwas gewesen, auf das seine ihm unbekannte Mutter doch stolz gewesen wäre.

      Phil hatte immer gesagt: »Mein Junge, ich musste eine halbe Maschine aus dir machen, noch bevor du überhaupt gelernt hast, was es heißt, ein Mensch zu sein. Und was es heißt, ein Mann zu sein, wirst du vermutlich nie begreifen können. Denn das, was einen Mann ausmacht – die Liebe einer Frau – wirst du nie kennenlernen.«

      River hatte ihm bis vor Kurzem geglaubt. Und natürlich hatte Phil recht behalten, dass dies mit einer Frau nicht mehr möglich war. Aber durch Jack hatte er die Liebe und Leidenschaft doch noch kennengelernt. Er war sich allerdings nicht sicher, ob er diese Gefühle bei einer Frau überhaupt wirklich entwickelt hätte, denn der Gedanke an Jack machte ihn dermaßen an, dass er sich keinen anderen Körper wünschte, um Erfüllung zu finden. Jack … wo blieb er nur? Eigentlich hätte er bereits gegen Mittag eintreffen müssen. Vermutlich war es doch nicht so einfach gewesen, die Substanzen aufzutreiben, die ihnen als Ticket für ein Leben auf dem Schiff dienen sollten. Es waren Drogen, die früher relativ einfach gekauft und konsumiert werden konnten. Doch die Labore, in denen sie hergestellt worden waren, waren nun zum größten Teil zerstört. Inzwischen gab es nur noch wenige Stellen, an denen man erfolgreich Drogen beschaffen konnte. Da Geld keine Rolle mehr spielte, existierten andere Tauschmittel. Jack hatte ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen darum machen, denn er würde alle Angelegenheiten regeln. Und danach hatte er ihm ein Leben in Frieden und mit gegenseitiger Liebe versprochen. Diese Aussichten seien es wahrlich wert, ein paar letzte Risiken einzugehen, hatte Jack gesagt. Und River hatte ihm zugestimmt und versprochen, in dem verlassenen Haus, nahe dem Hafen, zu warten. Das Schiff sollte am nächsten Tag gegen Mitternacht an Pier 15 eintreffen, um ihn und Jack an Bord zu nehmen. Doch natürlich würde man sie nur aufnehmen, wenn sie genügend Drogen mitbrachten, um sich ihr Aufenthaltsrecht dort zu sichern. Seit einigen Jahren überquerte das Schiff inzwischen die Ozeane und garantierte zahlungsbereiten Cys die Möglichkeit, auszusteigen. Jack war der Meinung, dass es ihm selbst und River mehr als gegönnt sein müsste, dem Leben als Kampfmaschine zu entfliehen. Er sagte stets, dass er genug geopfert hatte, denn seine Frau war gleich beim ersten großen Angriff der Invasoren getötet worden. Seine drei Töchter hingegen waren eine nach der anderen von dem schrecklichen Virus dahingerafft worden. Manchmal redete Jack im Schlaf, und es brach River fast das Herz, wenn er hörte, wie er um das Leben seiner Kinder flehte, und weinte, wenn er realisierte, dass es niemanden gab, der sie retten würde. Doch am Tag sprach Jack praktisch nie von seiner Familie, und River fragte nicht. Vielleicht nahm Jack Rücksicht, weil er wusste, dass River nichts zu erzählen hatte, was seine eigene Familie anging. Doch egal wie die Vergangenheit ausgesehen hatte, nun waren sie eine Einheit, er und Jack. Ein Paar … Ja, das waren sie, und es fühlte sich verdammt gut an! River blickte erneut aus dem Fenster, aber er erkannte nur einen großen schwarzen Vogel, der Fleischstücke aus dem Leib eines am Boden liegenden Artgenossen hackte. Hinter den letzten Hausreihen wurde der Himmel dunkler. Die Nacht würde bald hereinbrechen. Der Wind frischte auf und trug die Meeresluft ins Innere des verfallenden Gebäudes. Bald schon würde River den Salzgeruch gar nicht mehr wahrnehmen, weil er ihn ständig umgab. Sicher, seine technischen Komponenten würden darunter leiden, aber an Bord sollte es ein paar Menschen wie Phil geben, die sich freiwillig der Wartung der Cys verpflichtet hatten. Denn obwohl die Cys die Technik in sich trugen, fehlten den meisten die fachlichen Kenntnisse wie ihre Komponenten im Einzelnen beschaffen waren und interagierten. Sie benötigten nach wie vor Techniker für ihre künstlichen Elemente sowie Mediziner für ihre organischen Körperteile. Nur das reibungslose Zusammenspiel von beidem sicherte ihr Überleben. River war erstaunt, dass es Menschen gab, die sich freiwillig für den Dienst an Bord des Schiffes gemeldet hatten. Ob Phil das ebenfalls getan hätte? River war sich nicht sicher, obwohl der Mann, der von allen Frankenstein genannt worden war, sein Leben gerettet hatte. Inzwischen war River klar, dass er ihn als Sohnersatz angesehen hatte. Er war der Strohhalm gewesen, nach dem Phil nach dem tragischen Verlust seiner Frau gegriffen hatte, um nicht durchzudrehen. Also rettete er das Kind, das man mit schwersten Brandverletzungen zu ihm gebracht hatte. »Ein Wunder ist nötig, um den Knaben zu retten. Als Mensch wird er nicht überleben, das steht fest. Aber als Cy hat er vielleicht eine Chance. Keine große, aber immerhin kann ich es versuchen.« Genau das hatte er getan – und er hatte tatsächlich ein Wunder vollbracht.

      *

      Ein Geräusch weckte River. Er hatte sich vor dem Fenster auf einen Stuhl gesetzt, um in der Dämmerung die Straße im Auge behalten zu können. Nun passte sein Sehkraftverstärker sich der Dunkelheit an, die inzwischen von der Welt Besitz ergriffen hatte. River sah drei Gestalten, die auf das Haus zukamen. Das Geräusch, das ihn geweckt hatte, war Jacks hydraulischer Beinantrieb, der immer dann knirschte, wenn sein Freund es eilig hatte. Und diesmal hatte er es sehr eilig, denn die drei Männer wollten offensichtlich so schnell wie möglich von der offenen Straße verschwinden. River lief zur Tür, um sie einzulassen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wen sein Freund da mitbrachte. Dass es sich bei den beiden Männern nicht um Cys, sondern um Menschen handelte, hatte River sofort erkannt. Seltsam, dass sie sich in die Nähe eines Cy-Unterschlupfs wagten. Und noch seltsamer, dass Jack das zuließ. Als River die Tür öffnete, küsste Jack ihn nicht wie sonst zur Begrüßung, sondern ließ die beiden Männer ein und sagte: »Das ist River.« Daraufhin betrachteten die Männer River aufmerksam, während Jack nun doch auf ihn zutrat und ihn umarmte.

      »Okay, der Deal gilt. Wir nehmen den Typen mit. Sorge dafür, dass er sich nicht wehren kann«, sagte einer der Männer.

      Erst jetzt bemerkte River, dass die Umarmung seines Freundes in Wahrheit dazu dienen sollte, die Metallplatte an seiner Schulter zu erreichen. Jack sah ihm in die Augen, während seine Finger an den Verbindungsstellen entlangtasteten. »Halt still, unsere Zukunft hängt davon ab.« River wusste nicht, was er davon halten sollte, doch er tat, was Jack wollte, weil er ihm bislang immer vertrauen konnte.

      »Deaktiviere den Mistkerl! Es macht mich nervös, wenn so ein Monster noch nicht umprogrammiert ist!«, herrschte der andere Mann Jack an. Er trug einen Gegenstand bei sich, der ziemlich groß war. Der zweite Mann griff nun ebenfalls danach, und sie entfalteten eine Trage.

      Als Jack sich in diesem Moment am Öffnungsmechanismus der Metallplatte zu schaffen machte, schlug River dessen Arm weg. Jack schlug sofort zurück, als hätte er mit Gegenwehr schon gerechnet. Er traf ihn im Gesicht. Irritiert nahm River eine rote Substanz wahr, die über sein Augenimplantat lief. Dann erst spürte er Schmerz an seiner Augenbraue. Schlimmer noch als die schrillenden Warnsysteme in seinem Inneren waren die Gefühle, die auf ihn einstürmten. Warum tat Jack ihm so etwas nur an? Wieso fügte er ihm absichtlich Schmerz zu? Doch er konnte sich nicht lange mit diesen Gedanken aufhalten, da Jack schon die nächste Attacke startete. River wollte dessen Hand festhalten, die sich um seine Kehle legte, doch ehe er sich wehren konnte, hatte Jack ihm sein mit Metall verstärktes Knie in die Weichteile gerammt. Keuchend krümmte sich River, die Warnlampen an seinem Bein blinkten. Jack stieß ihn auf einen Tisch und beugte sich über ihn, während er mit beiden Händen Rivers Schultern auf die Tischplatte drückte.

      Die Männer hatten die Trage fallen lassen und waren ein Stück vor den beiden kämpfenden Cys zurückgewichen. »Du hast ihn unter Kontrolle. Jetzt deaktiviere den Scheißkerl endlich! Warum dauert das so lange?«, fragte der kleinere zornig und nervös zugleich.

      »Weil River erst begreifen muss, dass hier Endstation für ihn ist«, sagte Jack.

      River starrte ihn erst entsetzt an, dann stieß er aus: »Bist du irre? Was soll das werden? Was ist mit dem Schiff? Du hattest mir ein Leben in Frieden versprochen.