Cys vs. Silvers - River und Armand. Hanna Julian

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Название Cys vs. Silvers - River und Armand
Автор произведения Hanna Julian
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894087



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und Grausamkeiten miterlebt, und war bislang nur deshalb nicht verzweifelt, weil er sie nicht zum Mittelpunkt seines Lebens machte. Das hatte er erst recht nicht vor, wenn ihm nur davon erzählt wurde, ohne dass er überhaupt wusste, ob es sich um die Wahrheit handelte, darum erwiderte er: »Ist ja eine bewegende Geschichte. Wenn sie stimmt, tut es mir um deinen Bruder natürlich leid. Aber ich weiß echt nicht, was das mit mir zu tun haben soll. Ich suche keinen Job an Bord. Und ich habe nicht vor, mit diesem Slaughter Kontakt zu haben. Der wird wohl auch kaum mit einem Passagier wie mir welchen haben wollen. Also ist das alles für mich nicht relevant. Hör zu, Kumpel, ich will nur von hier weg. Das Leben in dieser toten Stadt kotzt mich an, und ich werde es auf keinen Fall fortführen. Warum sollte ich den Menschen weiter dienen, wenn sie mich mit Müll bewerfen und mich nur als ein emotionsloses Werkzeug ansehen?«

      »Weil es dein Schicksal ist, Mann! Deines genauso wie meins.«

      »Falsch«, erwiderte River mit harter Stimme. »Ich bestimme mein Schicksal selbst. Und jedem, der sich mir in den Weg stellt, werde ich zeigen, dass ich für mein Glück kämpfe. Willst du einen Kampf?« River war auf alles vorbereitet. Seine Systeme liefen auf Hochtouren. Er hörte den Herzschlag des anderen, der sich bei seinen Worten beschleunigt hatte. Doch dann trat der Cy zur Seite und machte eine Geste zur Pier. »Dann geh und ändere dein Schicksal. Ich glaube nicht, dass es dir gelingen wird. Und niemand wird dir nur eine Träne nachweinen.«

      »Das habe ich auch noch nie in meinem Leben erwartet.« River presste den Arm mit der Tüte fest an seinen Körper, als er an dem anderen Cy vorbeiging. Sollte der Kerl versuchen, sie ihm wegzureißen, musste er schnell reagieren, denn nun wurde es wirklich höchste Zeit, zum Schiff zu gelangen. Es war bereits dabei, anzulegen, und River war sich sicher, dass man nicht lange auf zusteigende Passagiere warten würde. Am Rumpf prangte der Name des Schiffes, er war jedoch augenscheinlich nachträglich über den vorherigen gepinselt worden: „Cyborg Horizon“. Als River die Pier entlang eilte, erkannte er an Deck bewaffnete Cys, die die Mündungen ihrer Gewehre auf das Hafengelände gerichtet hatten. Zweifellos würden sie sofort schießen, falls Menschen auf die Idee kamen, das Schiff entern zu wollen. Und River war sich sicher, dass ihre Waffen mit ausreichend Munition bestückt waren, um ein Blutbad anzurichten. Umso erleichterter war er, dass die Männer am Hafen sich bereits zurückgezogen hatten. Er hastete die Gangway hinauf und war erstaunt, dass er in New York der einzige war, der aufgenommen wurde. River eilte seinem neuen Zuhause entgegen, und mit jedem Schritt machte er sich klar, dass er das Festland möglicherweise niemals wieder betreten würde.

      *

      »Zeigen Sie mir die Bezahlung!« Ein ernst aussehender Cyborg mit ausfahrbaren Klingen in den Arm-Implantaten ließ keinen Zweifel daran, dass River nicht eher einen Fuß auf das Schiff setzen würde. Der Mann öffnete die Box, die River ihm hinstellte, und inspizierte die darin liegende Tüte. Dann nickte er und gab damit zwei weiteren Cys das Zeichen, den Neuankömmling passieren zu lassen.

      River stieg ein paar Stufen hinauf und fand sich auf einem der mittleren Decks wieder. Dort stand ein Schreibtisch, an dem ein Cy auf einem Bürostuhl saß; er winkte River zu sich heran und sagte: »Schneller, wenn ich bitten darf! Wir möchten so rasch wie möglich wieder ablegen. Keinem hier an Bord ist wohl dabei, am Festland anlegen zu müssen. Zeigen Sie mir die Bezahlung, damit wir die Alarmbereitschaft aufheben, und hier so schnell wie möglich wieder verschwinden können.«

      Abermals zeigte River die Tüte vor und sah zu, wie sein Gegenüber die Substanz einer raschen Prüfung unterzog, indem er einen der Beutel aufriss und mit einer im Zeigefinger integrierten Pinzette drei Körnchen herauspickte, um sie auf die Zunge zu legen. Er presste sie offenbar an den Gaumen, der mit einer Diagnoseeinheit ausgestattet worden war. Nur ein paar Sekunden später befand er: »Der Stoff ist erstklassige Qualität, wie gefordert, und reicht für die Aufnahme einer Person aus. Die Transaktion kann hiermit abgeschlossen werden. Ihr Name ist Jack Boderick?«

      »Ja«, erwiderte River. Hier war sie also, die Gewissheit, dass Jack ihn tatsächlich verkauft hatte, um alleine an Bord des Schiffes gehen zu können. Es tat unendlich weh, doch er schob den Schmerz beiseite, denn ihn sich nun anmerken zu lassen, würde sicherlich bedeuten, dass man ihn umgehend von Bord schickte, wenn herauskam, dass er nicht Jack war.

      Der Cy ihm gegenüber schien allerdings nicht wirklich an seinem Namen interessiert zu sein. Vielmehr kümmerte er sich geradezu rührend um die Tüte mit den Drogen und sagte eher abwesend zu River: »Rechts herum und immer weiter, bis Sie an der Treppe ankommen. Ein Stockwerk weiter oben werden Sie in Empfang genommen und in die Schiffsvorschriften eingewiesen. Die Bezahlung reicht für ein Jahr Anwesenheit auf diesem Schiff.«

      »Nur ein Jahr? Aber …«

      »Jetzt gehen Sie schon, Mann! Wer bereits bei der Aufnahme Widerworte gibt und Ärger macht, fliegt schneller von Bord, als er gucken kann. Los jetzt, dort entlang!« Er wies auf den Gang, der River von ihm fortbringen sollte.

      Das Schiff legte bereits ab, River sah es, als er aus einem der Fenster blickte. Die dunklen Silhouetten der noch stehenden Wolkenkratzer schienen sich wegzudrehen, obwohl es in Wahrheit das Schiff war, das ihnen schon bald die kalte Schulter zeigte. River erreichte die Treppe und stieg sie hinauf. Sofort nahmen ihn zwei Cys in Empfang und brachten ihn in eine Kabine, in der medizinische Instrumente untergebracht waren.

      Ein Mann mit zwei künstlichen Beinen erhob sich von einem Stuhl und streckte die Hand zur Begrüßung aus. »Hallo, mein Name ist Dr. Gordon Black. Ich muss einige Untersuchungen vornehmen, bevor ich Sie offiziell hier aufnehmen darf.« Er wies River an, sich auf eine Untersuchungsliege zu setzen. Während Dr. Black ihm einen Phoropter vors Gesicht schob, sagte er: »Diese Apparatur wurde umgebaut, sodass ich nicht nur Ihre optischen Sensoren, sondern auch die Knotenbündel in Ihrer Hinterkopfmatrix untersuchen kann.«

      »Und wozu ist das notwendig?« River war zwar dankbar dafür, dass der Cy, der offensichtlich die Rolle eines Schiffsarztes übernahm, so ehrlich war, doch der Gedanke, dass der Mann auf diese Art in der Lage war, seine kompletten technischen Elemente zu inspizieren, behagte River ganz und gar nicht.

      »Auf diesem Schiff versuchen wir das Gewaltpotential so gering wie möglich zu halten. Cys mit einer ausdrücklich primär gewaltbereiten Programmierung, und deren erst kürzlich erfolgten Umsetzung, werden von uns in ihrer Handlungsfreiheit und Bewegungsfreiheit vorerst eingeschränkt. Aber keine Sorge, ich gehe nicht davon aus, dass Ihre Programmierung solche Maßnahmen erfordert.« River war sich da nicht ganz so sicher, denn immerhin war er darauf vorbereitet worden, Silvers zu töten, und er hatte genau das auch oft genug getan – und zuletzt hatte es nicht nur Silvers getroffen … Der Mann beugte sich auf der Gegenseite hinter das Gerät und gab ein paar murmelnde Geräusche von sich, während er Rivers Knotenbündel begutachtete.

      »Die letzten Gewalttaten sind bei Ihnen erst wenige Minuten her«, sagte er dann alarmiert. Er lehnte sich zurück und blickte River nun ohne Gerät in die Augen, während er anfügte: »Es handelte sich dabei um Menschen.«

      »Ja«, gab River unumwunden zu. »In den gesamten letzten Wochen habe ich keine Gewalt ausgeübt. Aber jetzt blieb mir nichts anderes übrig. Ich musste mich gegen Menschen verteidigen, die mir den Weg auf das Schiff verwehren wollten. Manche bedrohten mich mit Waffen.«

      Der Arzt seufzte. »Tja, das Gewaltpotential von Menschen wird meiner Meinung nach viel zu wenig untersucht. Sogar der menschliche Arzt aus meinem Team stimmt mir da zu. Aber das ist an Bord nicht relevant. Dennoch, ich bin dafür verantwortlich, dass zwischen den anwesenden Cys alles reibungslos klappt. Ich möchte daher, dass Sie mich morgen noch einmal aufsuchen, damit ich eine Vergleichsbestimmung vornehmen kann.«

      »Ich dachte, Sie könnten meine Programmierung auslesen. Wozu also eine weitere Untersuchung?« Nun lachte der Arzt. »Sie haben mich durchschaut. In Wirklichkeit habe ich nur Einblick in rudimentäre Bestandteile Ihrer Programmierung. Aber das aktuelle Gewaltlevel ist ziemlich hoch, also muss ich darauf bestehen, dass Sie morgen wiederkommen.«

      »Was geschieht, wenn das Gewaltlevel morgen nicht gesunken ist?«

      »Dann werden wir schon eine Lösung finden, die Sie nicht allzu sehr einschränkt. Letztendlich sind auch gewaltbereite Cys immer noch Gäste