Cys vs. Silvers - River und Armand. Hanna Julian

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Название Cys vs. Silvers - River und Armand
Автор произведения Hanna Julian
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894087



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wie diese Invasoren die Menschheit hassen mussten.

      Nach seiner Ausbildung wurde er zunächst in ländlichen Gebieten als Späher eingesetzt und kundschaftete mit zwei anderen Cys Silver-Nester aus, die sie in den Olympic Mountains, im ehemaligen Bundesstaat Washington, errichtet hatten. Als sie auf dem Mount Olympus eine Gruppe Silvers ausfindig gemacht hatten, löste sich ein Gletscher; die beiden anderen Cys wurden irreparabel beschädigt. In diesem Moment begriff River, dass Phil ihm nicht das ewige Leben hatte schenken können. Sicher, er war robuster und weitaus ausdauernder als ein Mensch, doch gegen die Gewalten der Natur konnte er nichts ausrichten. Auch seine Begleiter hatten das nicht gekonnt, und sie waren nicht mal im direkten Kampf gegen die Feinde gestorben.

      Plötzlich schien es River wenig erstrebenswert, sein Dasein womöglich ebenfalls als Späher zu beenden. Er entschied sich, von nun an im Truppenverband eingesetzt zu werden, weil ihm bewusst war, dass ihn das direkt aufs Schlachtfeld führen würde. Er akzeptierte es als seine wahre Bestimmung. Drei Jahre lang kämpfte er an vorderster Front gegen die Aliens. Es schien ihm, als würde er genau das für den Rest seines Lebens tun. Doch dann geschah etwas, das alles veränderte. Seine Systeme eskalierten in einem beinahe schon verloren geglaubten Kampf auf erschreckende Weise, und River sorgte damit sogar in den eigenen Reihen für tiefes Misstrauen. Von diesem Tag an wollte er sich in keinen Truppenverband und in kein Team mehr aufnehmen lassen. Er äußerte den Wunsch, alleine in Städten agieren zu dürfen. River wollte zurück nach New York, wo sein Dasein als Cyborg mit dem grausamen Gang durchs Feuer begonnen hatte. Man gewährte ihm seinen Wunsch, instruierte ihn was zu tun sei, und ließ ihm etwa ein halbes Jahr lang immer neue Befehle und Ziele zukommen. Doch im Laufe der Zeit wurden diese Informationen stetig weniger, und schließlich hatte man River aus den Augen verloren. Eine Art von Freiheit, mit der er zunächst nichts anzufangen gewusst hatte. Schließlich jedoch hatte er sich mit Jack zusammengetan, der wie er inzwischen ein Cyborg ohne Gruppenzugehörigkeit war. Ihr Ziel, Silvers zu töten, war in den Hintergrund getreten, stattdessen hatten sie eine Gemeinschaft zu zweit aufgebaut, von der River geglaubt hatte, sie hätte denselben Stellenwert in seinem Leben, wie seine Zugehörigkeit zu Phil – vielleicht sogar um einiges mehr. Nun war er jedoch im Zweifel darüber, ob es jemals wirklich so gewesen war, und das machte ihn ebenso entsetzlich wehrlos, wie eine frische Amputation.

      3. Kapitel

      Als River in der Badewanne lag, dachte er daran, wie er als Junge in Benjamins Bett gelegen hatte. Unbeweglich und wehrlos war er gewesen. Bis Phil ihm die Frage gestellt hatte, ob er leben oder sterben wollte. Er wusste, dass dies auch jetzt wieder die alles entscheidende Frage war. Wenn er weiterhin hier verharrte, würden Männer kommen, die nach den Getöteten suchten. Männer, die ihn nach wie vor zu einem Sexsklaven machen wollten. River entschied, sich ihnen nicht einfach auszuliefern und erhob sich aus der Wanne. Sein linkes Bein tat weh, wie er beinahe schon erleichtert feststellte. Das künstliche übernahm die komplette Gleichgewichtsstabilisierung. Ein zerbrochener Spiegel über dem Waschbecken zeigte River einen schlecht rasierten Fremden, der wirklich zum Kotzen aussah. Aber wen würde das jetzt noch stören, da Jack tot war? Nun, ihn selbst störte es, also entschied er sich dazu, ein wenig Körperpflege zu betreiben. Während er seine menschliche Haut mit dem Wasser wusch, das als Rinnsal aus dem Hahn kam, fasste er weitere Pläne. Er wusste, wohin er zu gehen hatte. Gleich nachdem er mit dem in seine Hand eingelassenen Messer die Bartstoppeln entfernt hatte, zog er seinen Lederanzug an, den er immer zum Kämpfen getragen hatte. Dann packte er einige Dinge in eine Tasche und verließ das Haus. Er hatte lange genug gewartet – lange genug getrauert – sich lange genug selbst wie tot gefühlt. Es wurde Zeit, das Leben wieder neu anzugehen. Ein weiteres Mal, so wie Phil es ihn gelehrt hatte. Und er hatte nicht mehr viel Zeit, denn um Mitternacht würde das Schiff anlegen. Ihm blieben nur knapp zwei Stunden, um sich mit allem auszurüsten, was er für sein neues Leben benötigte. Das Dumme war nur, dass er im Grunde überhaupt keine Ahnung hatte, was das sein könnte. Da Jack sich um alles gekümmert hatte, steuerte River nun einer Zukunft entgegen, von der er nicht das Geringste wusste. Aber Frieden und Freiheit klangen so verlockend, dass er dieser Zukunft mit neuer Zuversicht entgegenfieberte. Mit entschiedenen Schritten steuerte River auf das Fischgeschäft zu, das noch bis vor ein paar Monaten Ware angeboten hatte. Der Fulton Fish Market existierte schon seit der Invasion nicht mehr, und so war der alte Mansfield im Fish-House zu einer ansehnlichen Sammlung von Gegenständen aller Art gekommen, die die Menschen ihm im Austausch für Makrelen, Sardinen und Hummer anboten. Inzwischen war jedoch auch dieses Geschäft verwüstet und alles Verwertbare hatte nach George Mansfields Tod längst den Besitzer gewechselt – das meiste vermutlich sogar mehrfach.

      *

      Die Häuserschluchten New Yorks waren nach den Angriffen zu Ansammlungen von nun überflüssigen Gegenständen geworden. Der Müll wurde bereits seit Jahren nicht mehr abgeholt und türmte sich in den Straßen. Auf den Gehwegen und auf Dächern von Autowracks lagen zerborstene Leuchtreklamen und abgerissene Ampelanlagen. Bis zum South Street Seaport war es nicht weit, aber River wusste, dass selbst diese paar Straßen zu einer tödlichen Herausforderung werden konnten. Besonders in der Dunkelheit, denn der Mond stand zwar in seiner vollen Pracht am Himmel, aber schwarze Wolken verdeckten ihn zeitweilig komplett. Für River selbst stellte diese Düsternis allerdings kein Problem dar, da er einfach seinen Sehkraftverstärker aktivieren konnte. Aber er wusste, dass die Menschen – und gerade jene, die nichts Gutes im Schilde führten – die Nacht nutzten, um ihren Aktivitäten nachzugehen. Die Stadt war schon immer für ihre hohe Verbrechensrate bekannt gewesen, doch nach der Invasion war alles noch um ein Vielfaches schlimmer geworden. Vom einstigen Glanz, den sie erlebt hatte – vom Broadway, den Finanzimperien, den Nachtclubs, Kunstgalerien und Fashionshows war nichts geblieben. River hatte ohnehin nichts davon mehr miterlebt. Aber Phil hatte ihm ab und an davon erzählt. Früher musste New York vor lauter Lichtern nur so gestrahlt haben. Sogar vom Weltall aus hatte man das Lichtermeer erkennen können. Ob die Silvers wohl genau das vor ihrem Angriff betrachtet und schließlich beschlossen hatten, dies mit einem verheerenden Angriff ein für alle Mal zu beenden? Natürlich, sie hatten weltweit alles vernichtet, aber River kannte nur New York und glaubte, die Stadt müsse den Silvers ein ganz besonderer Dorn im Auge gewesen sein, so wie sie deren Zerstörung anheimgefallen war. Nachts wurde die ehemalige Millionenstadt nun zu einem düsteren Ort, der allen möglichen Gestalten genug Rückzugsmöglichkeiten bot, um ihren unmenschlichen Machenschaften nachzugehen. Morde und Vergewaltigungen waren ganz alltägliche Verbrechen, denen niemand nachging und die nicht geahndet wurden. Die Männer kämpften sich durch, und es gab kaum noch Freundschaften, die oft nur deshalb gegründet wurden, weil es alleine um so vieles schwerer war, zu überleben. Vielleicht hätte River es schon deshalb wegen Jack besser wissen müssen, doch er weigerte sich standhaft, zu glauben, dass Jack ihn hatte verkaufen wollen. Diese Möglichkeit war einfach zu schmerzhaft, deshalb hielt er sich an dem Strohhalm fest, dass Jack von Anfang an alles geplant hatte, und es am Ende einfach nur fürchterlich schiefgegangen war. Umso mehr war er es ihm schuldig, nun das Beste aus der Situation zu machen.

      River ging durch die Straßen, während er sich ständig in alle Richtungen umsah. Als er das Fish-House erreichte, drängte er sich zunächst dicht an die Hauswand, um zu lauschen, ob jemand in der Nähe war. Tatsächlich hörte er ein Husten, das seinen Puls beschleunigte. Ein Mann mit Hut eilte vorbei, ohne ihn zu bemerken. In der Ferne jaulte ein Hund, andere fielen in das Konzert ein. Nach ein paar Minuten schlich River an der Hauswand entlang zum Müllcontainer, der bestialisch stank. Der Deckel war geschlossen. River packte den Griff und schob ihn auf. Er hatte die Luft angehalten und blickte in den Behälter, in dessen Innerem nur eine dunkle Masse zu erkennen war. Zuletzt hatte wohl Mansfield selbst Abfall hineingeworfen, und das war inzwischen Monate her. Umso skurriler wirkte nun die weiße Plastiktüte, die obenauf thronte. River fischte sie heraus, klemmte sich die gut verklebte Tüte unter den Arm und ließ den Deckel des Containers so lautlos wie möglich wieder hinab. Da die gläserne Eingangstür zerstört war, schlich er kurzerhand ins Fish-House und sah sich um. Hier stank es immer noch so sehr nach Fisch, dass niemand in diesen Räumen Schutz gesucht hatte. River konnte es nur recht sein. Der Sehkraftverstärker tauchte den alten Laden beinahe schon schmerzhaft in Helligkeit. Die Theken waren leer und erstaunlich sauber. Aber in alten Kühltruhen, die längst keinen Strom mehr hatten, gammelte Pampe vor sich hin, die wohl einst frische Fische in Hülle und Fülle gewesen