Dr. Sonntag Box 4 – Arztroman. Peik Volmer

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Название Dr. Sonntag Box 4 – Arztroman
Автор произведения Peik Volmer
Жанр Языкознание
Серия Dr. Sonntag
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740972318



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      »Korrekt, Herr Professor! Ich bin überrascht, dass Sie sich meinen Namen gemerkt haben!«, erklärte der Arzt im Praktikum.

      »Mein lieber Herr Pachmayr, das gehört nun mal zum Dasein eines Chefarztes dazu! Er muss seine Mitarbeiter kennen. – Und? Gefällt Ihnen die Arbeit?«

      »Selbstverständlich, Herr Professor. Kürzlich hatte ich sogar eine Rea!«

      »Erfolgreich?«

      »Ja, natürlich.«

      »Den Fall bereiten Sie bitte für die Besprechung morgen früh vor, Herr Pachmayr!«

      »Selbstverständlich, Herr Professor!«

      Herr Somnitz klopfte an die Tür.

      »Als Vertreter der Verwaltung möchte ich Sie herzlich willkommen heißen!«, sagte er höflich.

      »Danke!«, riefen Egidius und Amandus unisono.

      »Wer denn jetzt?«, erkundigte sich Amandus verunsichert.

      »Eigentlich beide!«, strahlte der Verwaltungsleiter. »Aber meine Glückwünsche zur Geburt des Töchterchens gehen exklusiv an Professor Sonntag!«

      Egidius zwinkerte abermals.

      »Wer weiß, wer weiß!«

      »Dem schließe ich mich selbstverständlich an, Herr Professor«, beeilte sich Amandus Pachmayr zu sagen. »Mutter und Kind sind wohlauf? Ihre Gattin wurde doch sicher hier entbunden?«

      »Nein, in der Privatklinik des verehrten Kollegen Graf von Falkenegg. Ein ganz hervorragender Gynäkologe, übrigens. Ja, danke, beiden geht es gut! Ich denke, meine Frau darf morgen schon heim!«

      »Ich habe vernommen, Herr Professor, dass Ihre Frau sich für eine grüne Babyausstattung entschieden hat, trifft das zu?«, fragte Frau Fürstenrieder.

      »Ja, sie wollte weg von diesen hellblau-rosa-Klischees!«

      »Dann haben wir ja alles richtig gemacht«, freute sich die Sekretärin, und überreichte ihrem Chef ein recht umfangreiches Paket.

      »Aber Frau Fürstenrieder! Was ist das denn? Das wäre doch wirklich …«

      »Doch, das ist nötig gewesen. Jeder in der Klinik hat sich nach seinen Möglichkeiten beteiligt. Und Babys brauchen ständig Sachen zum Wechseln!«

      »Jetzt bin ich ganz verlegen! Herzlichen Dank! Das ist wirklich rührend von Ihnen!«

      Frau Fürstenrieder sah glücklich aus. »Nun fehlt bloß noch Herr Fahl! Aber der kommt Montag zurück, und dann sind wir bis auf Frau Dr. Schattenhofer wieder komplett!«

      *

      »Na, was glaubst du denn wohl, woher ich weiß, wo du bist?«

      »Von Timon?«

      Emmerich war zunächst sehr überrascht gewesen, als ihm der Besuch ›einer Kollegin‹ angekündigt wurde. Um welche Kollegin mochte es sich da handeln? In der Klinik waren alle sehr nett zu ihm, insbesondere der Chef schätzte ihn und zögerte nie, ihn für seine Arbeit zu loben und als leuchtendes Beispiel hinzustellen. Wie hatte er kurz vor seinem Unfall gesagt? »Mit Menschen, die mitdenken, kann man einfach am besten arbeiten.«

      Aber so beliebt, dass man ihn besuchen würde, war er maximal bei Philipp und Chris.

      »Marion! Das ist aber eine Überraschung!«

      »Wieso? Ich hatte gedacht, dass wir Freunde sind!«

      »Ja, schon, aber dass du diese Reise auf dich nimmst!«

      »Ich habe das zunächst gar nicht mitbekommen, deswegen erscheine ich jetzt erst. Im OP hat man ja nicht so viel mit der Bäderabteilung zu tun! Aber jemand erzählte, du hättest einen Autounfall gehabt. Naja, und dann habe ich deinen Lebensgefährten gefragt. Der wollte anfangs so gar nicht raus mit der Sprache. Aber ich habe nicht locker gelassen!«

      »Wir hatten gestritten. Und ich bin aus dem Haus gerannt und einfach losgedüst wie nichts Gutes. Und am Baum gelandet!«

      »Ja, danke. Ich habe das arme Ding gesehen! Aber die Mönche haben die Wunde in der Rinde mit irgendeiner Art Kunstharz überzogen. Er wird es überstehen!«

      »Und ich hab’s auch überstanden!«

      »Das will ich hoffen! Du, ich brauche dich noch! Ich habe nicht so viele Menschen, mit denen ich reden kann! Was war denn bloß los bei euch?«

      »Ach, ein dummer Streit. Timon lebt sein Leben!«

      »Das kann man ihm ja wohl auch nicht verdenken!«

      »Natürlich nicht. Aber ich würde gern daran teilhaben. Ich will ja nicht ständig hinter ihm her rennen. Aber es wäre schön, wenn er vorher erzählen würde, übrigens, ich treffe mich heute Abend mit XYZ, und ich komme sehr spät heim. Dann sitze ich nicht da wie Pik Sieben und warte mit dem Essen auf ihn!«

      Schwester Marion stimmte zu, dass das nicht zu viel verlangt war.

      »Naja, und dann kommt bei mir noch dazu, dass ich ja weiß, dass ich nicht so toll bin wie er. Wenn wir zusammen irgendwo hingehen, wird nur er angeschaut. Ich stehe wie das häßliche Entlein in seinem Schatten. Ich bin ja auch dankbar, dass er mich überhaupt genommen hat. Aber ich habe immer die Angst, dass er jemanden kennenlernt, der attraktiver, intelligenter, selbstbewusster ist als ich.«

      Marion war verblüfft.

      »Ich bin jetzt wirklich überrascht, Emmerich Fahl! Warum, glaubst du, lebt er mit dir zusammen? Denkst du, er hat dich als Pausenclown engagiert? Oder als Koch? Dir ist aber schon klar, dass er dir so gut wie alles verdankt nach seinem Schlaganfall, oder?«

      »Ach nein, das stimmt doch gar nicht! Die Logopädin hat viel mehr Arbeit geleistet!«

      »Depp, depperter! Wenn ich allein daran denke, wie du mich unterstützt hast. Du warst mir nicht nur Physiotherapeut, Emmerich. Du warst und bist mir der beste Freund, den ich mir wünschen kann. Bist du denn hinter ihm hergelaufen?«

      »Nein, er hat mich gefragt, ob ich ihm beim Einrichten seiner Wohnung helfen kann, dann haben wir was getrunken, und es war zu spät heimzugehen … Naja, und so kam eins zum anderen!«

      »Also war es seine Entscheidung! Hältst du es denn nicht für möglich, dass du ihm etwas bedeutest?«

      »Ach, na ja … Er hat neulich mal was gesagt, dass ich die Nummer Eins in seinem Leben bin. Aber er verhält sich nicht so. Und ich kann das eben auch nicht wirklich glauben!«

      »Warum sollte er es dir erzählen, wenn’s nicht wahr wäre?«

      »Keine Ahnung. Mitleid?«

      »Du hast wirklich keine Ahnung, oder? Wie sehr er dich liebt, meine ich. Wenn du sehen könntest, wie er durch die Klinik schleicht und wie traurig er guckt, würdest du das nicht sagen. Warum redet ihr eigentlich nicht miteinander? Übrigens, dieses Schweigen hat auch meine Ehe kaputtgemacht. Wir haben irgendwann aufgehört, miteinander zu sprechen. Und den gegenseitigen Respekt verloren. Zum Schluss war alles Routine geworden. Wir funktionierten. Und wir hatten vergessen, wie sich das anfühlt, glücklich zu sein. Hätten wir zur rechten Zeit mal gesagt, was wir von unserem Partner erwarten, mal angemeldet, was wir brauchen, wäre nie diese Gleichgültigkeit entstanden. Also: Du bittest ihn darum, dich an seinen einsamen Entscheidungen teilhaben zu lassen. Und du glaubst ihm einfach, wenn er sagt, wie wichtig du für ihn bist. Ihr werdet überrascht sein!«

      *

      Timon war von Bruder Basilius angerufen worden. Emmerich wusste nichts davon, dass er gerade auf den vor dem Kloster gelegenen Parkplatz einbog, um ihn abzuholen.

      »Meinen Sie, Bruder Basilius, dass er es wünscht, dass ich ihn abhole?«

      »Ich bin kein Prophet, Herr Doktor Süden. Es kann sein, dass ich mich irre. Wir haben hier auch so eine Art Shuttle-Bus. Im Augenblick denkt er noch, dass er von uns zum Schliersee chauffiert wird. Wir werden sehen, wohin es ihn zieht, wenn er da Sie und