Das Tal der Elefanten. Lauren St John

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Название Das Tal der Elefanten
Автор произведения Lauren St John
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783772543449



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Mr. James in petto hat.»

      «Martine wird nicht allein sein», entgegnete Ben. «Ich bin ja hier und kann sie beschützen.»

      Trotz ihrer Sorgen schaffte es Gwyn Thomas, sich ein Lächeln abzuringen. «Und wer soll dich beschützen, mein lieber Ben Khumalo?»

      «Wir können doch Grace anrufen und sie fragen, ob sie eine Woche oder zwei bei uns wohnen kann», warf Martine ein. «So sind Ben und ich nicht allein, und Tendai hat eine Erwachsene, die ihm zur Seite stehen kann. Ein Blick von Grace, und Reuben James sucht das Weite.»

      «Grace ist in Kwazulu-Natal zu Besuch bei Verwandten», gab Gwyn Thomas zu bedenken.

      «Ja, aber in zwei Tagen kommt sie zurück», sagte Tendai. «So lange kann Tobias, unser neuer Wachmann, nachts auf das Haus aufpassen.»

      «Ich verstehe nicht, warum wir überhaupt darüber diskutieren», protestierte Gwyn Thomas. «Das Ganze ist doch ein aussichtsloses Unterfangen! Was soll ich Tausende von Kilometern fliegen und ausgerechnet jetzt, da wir es uns nicht leisten können, ein halbes Vermögen ausgeben, nur um zu entdecken, dass es nichts zu entdecken gibt, außer dass mein Mann die Notiz zu einem Zeitpunkt geschrieben hat, als er sich schuldig fühlte, weil er von Mr. James Geld geborgt hatte.»

      «Dann weißt du wenigstens, woran du bist», entgegnete Martine. «Du weißt, dass es nichts zu finden gab und du alles Menschenmögliche unternommen hast, um Sawubona zu retten.»

      Doch noch während sie sprach, beschlich sie neben der schon vorhandenen Wut und Ohnmacht ein beklemmendes Angstgefühl. «Vielleicht ist es doch keine so gute Idee», sagte sie kleinlaut. «Es ist zu weit weg, und du wirst uns fehlen.»

      «Nein, ich glaube, du hattest schon recht, Martine», sagte Gwyn Thomas. «Ich muss nach England, sonst werde ich mir mein ganzes Leben lang Vorwürfe machen, es versäumt zu haben. Wenn das Schicksal von Sawubona auf dem Spiel steht, muss ich fahren.»

      • 5 •

      Am Tag nach Gwyn Thomas’ Abflug gab Sampson, ein älterer Wildhüter, um 6 Uhr früh per Funk durch, er sei während seines Patrouillengangs durch das Reservat auf einen Büffel gestoßen, der wegen einer Viruserkrankung sofort behandelt werden müsse. Ohne Medizin würde er verenden, meinte er.

      Martine hörte von ihrem Zimmer aus das Knacken und Rauschen des Funkgeräts und ging rasch in die Küche hinunter, um herauszufinden, was los war. Ben saß frisch geduscht bei Kaffee und Toast mit Sardellenpaste am Frühstückstisch. Im Gegensatz zu Martine, die, ganz und gar kein Morgenmensch, in ihrem zerknitterten Schlafanzug und mit verwuscheltem Haar dastand und reichlich verschlafen dreinblickte, wirkte Ben so wach und munter, als könne ihn keine Herausforderung aus der Bahn werfen.

      «Sampson hat an der Nordgrenze des Reservats einen verletzten Büffel aufgespürt», sagte er zu Martine. «Kommst du mit? Wir können deine Hilfe gebrauchen.»

      Adrenalin schoss durch Martines Venen. Nichts weckte sie schneller als die Nachricht, dass ein Tier Hilfe brauchte. Trotz Bens Protesten nahm sie ein paar hastige Schlucke aus seiner Kaffeetasse und klaute ihm den letzten Toast vom Teller. «Ich bin gleich wieder da», sagte sie und stürmte die Treppe hoch, um den Überlebensbeutel zu holen, den sie immer mitnahm, wenn sie wegging – egal wohin –, stieg in ihre Jeans, streifte ein blaues Sweatshirt über und stürzte aus dem Haus.

      Dabei hätte sie sich gar nicht beeilen müssen. Tendai und Ben warteten nicht ungeduldig auf sie, sondern steckten mit ihren Köpfen unter der Motorhaube des Jeeps und fachsimpelten über Dinge wie Zündkerzen und Einspritzpumpen.

      «Diese alte Dame kurvt durch das Reservat, seit ich vor zwanzig Jahren bei deinem Großvater angefangen habe. Ich musste sie zwar immer wieder zusammenflicken, aber im Allgemeinen hat sie wirklich gute Dienste geleistet», sagte Tendai. «Gestern Abend war noch alles in bester Ordnung. Ich habe keine Ahnung, warum sie jetzt plötzlich streikt.»

      Als sie gerade dabei waren, die Batterie zu testen, kam Reuben James in einem brandneuen Landrover mit offenem Verdeck forsch auf den Hof gefahren.

      «Perfektes Timing», murmelte Ben vor sich hin.

      Reuben James stieg aus dem Fahrzeug. Er trug ein blütenweißes Hemd und maßgeschneiderte Khakihosen. Seine Glatze glänzte in der Sonne. Er sah aus wie ein typischer Safariparkbesitzer. «Gibt’s Ärger im Paradies», fragte er, während er lässig auf sie zuging.

      Er streckte Tendai die Hand entgegen. «Hallo, ich bin Reuben James. Und Sie sind bestimmt der berühmte Wildhüter von Sawubona. Ich habe von Ihnen gehört, als ich vor ein paar Jahren mit Henry Thomas im Geschäft war. Aber Sie waren damals auf einem Kurs, glaube ich. Sind sie nicht auch Fährtenleser?»

      Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich demonstrativ ab und lächelte zu Martine herunter: «Und wir treffen uns schon wieder?»

      Martine wünschte, sie könnte ihm ein faules Ei an den Kopf werfen, damit ihm das arrogante, selbstzufriedene Lächeln verging. «Leider ja», sagte sie.

      Reuben James lachte: «Leider? Aber nicht doch, Martine. Ich bin sicher, dass wir noch beste Freunde werden.»

      Tendai presste die Lippen zusammen. Doch von Martines Unhöflichkeit verunsichert, bemühte er sich seinerseits, etwas mehr Freundlichkeit an den Tag zu legen.

      «Ja, Sir, ich bin Wildhüter auf Sawubona. Leider will mein Jeep heute früh nicht anspringen. Ich muss in der Werkstatt anrufen, doch die macht erst um acht auf. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn wir uns nicht dringend um einen kranken Büffel kümmern müssten.»

      «Ein kranker Büffel?» James deutete mit einem Arm auf seinen goldglänzenden Landrover. «Bitte, nehmen Sie mein Fahrzeug. Es steht Ihnen zur freien Verfügung.»

      Sie blickten ihn alle verdutzt an. Martine fragte sich, was wohl der Haken an der Sache sein mochte.

      «Äh, danke für Ihr freundliches Angebot, Mr. James», brachte Tendai hervor, «aber das ist wirklich nicht nötig. Ich kann einen Freund anrufen, der uns aus der Patsche hilft.»

      Das ließ Reuben James nicht gelten. «Ich beharre darauf. Es wäre mir ein Vergnügen. Mein Fahrer ist bereit. Lurk, fahren Sie die guten Leute zu diesem bedauernswerten Geschöpf im Reservat. Sie sollen sich die Zeit nehmen, die sie benötigen. Ich muss mich hier durch einen Papierberg kämpfen und werde bestimmt damit beschäftigt sein, bis Sie zurückkommen.»

      Dann deutete er auf den Jeep. «Und wenn Sie erlauben, wird sich in der Zwischenzeit einer meiner Mechaniker den Motor ihres Fahrzeugs ansehen.»

      Ehe sie auch nur versuchen konnten, einen Einwand zu formulieren, hatte er sie in den nach Leder riechenden Landrover gedrängt und selbst eine Tür nach der anderen geschlossen, als wäre er – und nicht Lurk – der Fahrer.

      Als sie davonfuhren, wagte Martine, die mit Ben im Fond des Wagens saß, einen Blick zurück. Reuben James stand vor dem Haus und winkte ihnen hinterher, so wie es Gwyn Thomas normalerweise tat.

      Innerlich kochend dachte Martine: Es fühlt sich an, als wäre er schon eingezogen. Zwei Tage, nachdem er die Bombe platzen ließ, tut er so, als sei er schon der Besitzer von Sawubona.

      Und dann fügte in ihrem Inneren eine leise Stimme hinzu: Und von Jemmy.

      Kaum waren sie außer Sichtweite des Hauses, wich auch schon das falsche Lächeln von den Lippen des Fahrers, wie der Mond, der plötzlich hinter einer Wolke verschwindet. Er steuerte den Wagen verdrossen und schweigsam über die Straße. Und als Tendai ihm eine Frage zum Landrover stellte, gab er vor, sie nicht gehört zu haben.

      Sie fuhren über die grün-goldene Steppe von Sawubona, am See vorbei und auf das Hochplateau. Als sie in die Nähe des