Название | Herzrasen 2.0 |
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Автор произведения | Elmar Sprink |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783667112002 |
Mit Widerwillen ließ ich den Unterricht bei einer Nachbarin einmal pro Woche über mich ergehen. Zu allem Übel musste ich dabei eine Art Umhang tragen, der verhinderte, dass man seine Hände sehen konnte. Die Stunde war noch nicht ganz um, da bolzte ich schon wieder mit dem Fußball vor unserem Haus.
Nach der Grundschule wechselte ich 1982 auf das neun Kilometer entfernte Gymnasium in Geseke. Ich war nur in den Fächern gut, die mir Spaß machten, genau genommen nur in einem: In Sport hatte ich immer eine Eins. Die Noten in den anderen Fächern waren meistens sehr lang und endeten mit dem Buchstaben »d« oder gar schlechter. Zugegeben, eine Sechs hatte ich nie, und die Note Mangelhaft nicht öfter, als dass sie die Versetzung gefährdet hätte. Dafür wimmelte es von Ausreichend.
In der zehnten Klasse wusste ich dann nicht mehr so wirklich, wo der Weg hinführen sollte. Weiter zur Schule und Abitur? Danach eventuell ein Studium oder doch eine Ausbildung machen?
Ich entschied mich zunächst für die Höhere Handelsschule in Salzkotten, die ich im Jahr 1990 abschloss; somit hielt ich mir die Möglichkeit offen, doch noch zu studieren. Im Sommer 1990 begann ich eine dreijährige Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Westfälischen Textilgesellschaft in Salzkotten. In dieser Zeit war mir jedoch mehr daran gelegen, am Wochenende mit Freunden in unsere StammDisco »Zoo« zu gehen, in meiner Lieblingskneipe »Walli« abzuhängen oder mich auf Schützen- oder Stadtfesten der Region zu verlustieren. Im »Zoo« lernte ich dann auch meine erste wirklich feste Freundin Katja kennen. Wir hatten ein tolles Jahr zusammen. In diesem Alter legt man sich wohl noch nicht fürs Leben fest, zumindest bei uns lief es so. Da Katja sehr gut Tennis spielte, stellte ich mich zu dieser Zeit gern als Sparringspartner zur Verfügung. Jedoch sollte ich Tennis in meinem späteren Leben eher von der Couch verfolgen als auf dem Tennisplatz. Katja und ich trennten uns nach circa einem Jahr, verloren uns aber nie ganz aus den Augen. Sie sollte in meinem Leben zu einem späteren Zeitpunkt plötzlich wieder auftauchen.
Ab meinem 18. Lebensjahr versuchte ich mich dann auch in unserem Schützenverein, der St. Johannes Schützenbruderschaft (bei der ich übrigens nach der Transplantation eine Medaille für 25 Jahre Mitgliedschaft bekommen habe – noch heute marschiere ich bei den Umzügen mit). Vielleicht können nicht alle etwas mit dem Begriff »Schützenfest« anfangen, darum sei an dieser Stelle noch einmal klargestellt: Es geht dort nicht wirklich um die Schießkunst. Nein, hier werfen sich alle Mitglieder des Vereins die Uniform über und marschieren vier Tage lang mit einem Holzgewehr durch die Stadt. Am Samstag wird dann auf einen Vogel aus Holz geschossen, und der jenige, der das letzte Stück herunterschießt, ist für drei Tage der »König« vom Dorf. Konkret bedeutet das, viel Zeit mit Freunden zu verbringen und dabei das ein oder andere Bier zu trinken. Diese Freunde sollten im Verlauf meines Lebens noch sehr wichtig für mich werden.
Trotz der ganzen Feierei und zahlreicher Fehlstunden in der Berufsschule konnte ich die Lehre nach drei Jahren erfolgreich abschließen, womit ich auch die Qualifikation für ein Studium in der Tasche hatte. Zu dieser Zeit herrschte in Deutschland jedoch noch die Wehrpflicht. Jeder gesunde junge Mann musste für zwölf Monate zur Bundeswehr. Da ich aber nur mit dem Holzgewehr gut umgehen konnte, entschied ich mich für den Zivildienst. In meinen Augen hatte das Ganze nur Vorteile: Man bekam mehr Geld als bei der Bundeswehr, musste sich nicht in einer Kaserne mit anderen eine kleine Stube teilen und konnte vielleicht noch etwas Sinnvolles anstellen, das einen persönlich weiterbrachte. Da mein Vater bei der Kongregation der Franziskanerinnen angestellt war und zu dieser Zeit für die Ordensschwestern mehrere Krankenhäuser und andere Einrichtungen betreute, konnte ich meinen Zivildienst bei den Franziskanerinnen ableisten. Ich war ein bisschen Mädchen für alles: Ich half dort in der Buchhaltung, im Garten oder als Fahrer aus. Der Dienst machte mir Spaß. Diese Nähe zu Gott sollte in meinem späteren Leben ebenfalls noch eine zentrale Rolle einnehmen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich das natürlich noch nicht ahnen können, ich genoss einfach diese Lebensphase. Ich hatte einen Führerschein, mein eigenes Geld und führte ein Leben, das in meinen Augen stressfrei und perfekt war. Ich hatte mir ein Motorrad gekauft, eine Honda CBR 600F, und verbrachte in den Sommermonaten viel Zeit mit diesem Hobby. Anfang der 1990er-Jahre fuhr ich sogar mit zwei Freunden bis nach Spanien, ein Trip, über den wir bis heute reden.
Im Sommer 1994 begann ich mein BWL-Studium an der Fachhochschule Bielefeld, und ein komplett neues Kapitel in meinem Leben nahm seinen Anfang. Hier zählte es jetzt wohl. Mein Vater hatte mir direkt zu Beginn des Studiums sehr deutlich gemacht, dass die Regelstudienzeit für diesen Studiengang sieben Semester sei und ich exakt sieben Semester plus ein Semester Zeit hätte. Nicht mehr und nicht weniger. Es ging ihm darum, dass ich nicht zum ewigen Studenten mutieren sollte.
Das erste Semester pendelte ich noch mit dem Auto. Da ich kein eigenes hatte, musste ich mich schweren Herzens von meinem Motorrad trennen und übernahm den Wagen von meiner Mutter. Vielleicht war es am Ende auch der gefahrlosere Weg zur Uni.
Ab dem zweiten Semester entschied ich mich, gemeinsam mit meiner damaligen Freundin Sonja nach Bielefeld zu ziehen. Sie war bereits am Ende ihres Lehramtsstudiums und konnte ihr Studium auch in Bielefeld beenden. Da ich zu dieser Zeit in Geseke Fußball spielte und Sonjas Familie dort wohnte, fuhren wir während der Fußballsaison fast jedes Wochenende nach Hause. Wir wohnten in einer kleinen Wohnung in der Innenstadt von Bielefeld. Das Studium war ziemlich anspruchsvoll, aber ich hatte den Ernst der Lage erkannt und bestand – nach und nach – alle Klausuren. Im Sommer 1995 ging ich für zwei Monate in die USA, um in der Nähe von Chicago ein Praktikum bei einer Krankenhauskette zu machen. Es war für mich nicht die erste Reise in die Staaten. Mit zwölf Jahren war ich mit meinen Eltern und meiner Schwester bereits in den USA gewesen, und später hatte ich noch zweimal für vier bis fünf Wochen mit Freunden die gesamte Westküste und deren Nationalparks abgeklappert. Dieses Mal war ich also zum Arbeiten da. Ich wohnte in einer Gastfamilie und verbrachte einen tollen Sommer. Auf der Rückreise flog ich noch nach Vancouver und besuchte dort Annelore, die beste Freundin meiner Mutter, und ihren Mann Heinz. Es war mein zweiter Besuch in Vancouver, und es sollte auch nicht der letzte gewesen sein.
Nach fünf Semestern bewarb ich mich für ein Auslandssemester in den USA und bekam die Gelegenheit, meinen Schwerpunkt Marketing im Bundesstaat Arkansas zu absolvieren. Ich flog also im Sommer 1997 wieder in die USA, und Sonja kehrte nach Geseke zurück, wo sie eine Stelle als Lehrerin bekommen hatte.
Sonja und ich entwickelten uns leider in dieser Zeit in unterschiedliche Richtungen, weshalb wir uns ein paar Monate nach meiner Rückkehr trennten. Ich ging noch einmal zurück nach Bielefeld und beendete mein Studium im Sommer 1999. Während ich parallel an meiner Diplomarbeit schrieb, begann ich schon ein Traineeprogramm im Krankenhausbereich und arbeitete in Krankenhäusern in Düren und Wiesbaden. Ich merkte jedoch schnell, dass das Thema Marketing in Krankenhäusern zu dieser Zeit noch nicht von zentraler Bedeutung war, und fing an, mich woanders zu bewerben. Der Liebe wegen war ich in der Zwischenzeit nach Meerbusch gezogen, hatte mich dort toll eingelebt und war auch vom ansässigen Fußballverein gut aufgenommen worden.
Einige Wochen und einige Bewerbungen später erhielt ich einen Arbeitsvertrag bei einem Internet-Start-up namens GesundheitScout24 in Köln. Ich fing als Marketingassistent an und verließ das Unternehmen nach zwei Jahren als Marketingmanager. Die Firma wuchs in dieser Zeit auf über 200 Mitarbeiter an. Ich hatte dort nicht nur sehr viel gelernt, sondern auch Freundschaften fürs Leben geschlossen.
Meine damalige Beziehung endete für mich leider völlig unerwartet, also brach ich meine Zelte in Meerbusch ab und zog nach Köln. Ich lebte so näher an meinem Arbeitsplatz, aber auch die Wege zu Kneipen und Klubs waren kürzer. Irgendwie kam ich mit der Trennung nicht wirklich zurecht, weshalb ich häufiger abends ausging, was nicht ohne Auswirkungen auf meine Arbeitsweise blieb. Mein damaliger Chef Markus (wir sind bis heute sehr gute Freunde) beschloss, dass das Programm »Laufen statt Saufen« für mich die deutlich bessere und gesündere Alternative wäre. Nachdem ich also das Nachtleben von Köln erkundet hatte, begann ich mit dem Laufen. Markus hatte sich und mich für den Hamburg Marathon im April angemeldet. Somit hatte ich auch gleich ein Ziel vor Augen.