Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman. Viola Maybach

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Название Der kleine Fürst Staffel 13 – Adelsroman
Автор произведения Viola Maybach
Жанр Языкознание
Серия Der kleine Fürst Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740975685



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die Kollegin gegangen war, suchte Gabriela hastig nach den anderen Fotos. Diese waren nicht weniger eindeutig. Im Begleittext stand, dass Annabelle von Ehrenstein und der bekannte Pferdetrainer Florian von Damm seit einiger Zeit gemeinsam auf Schloss Sternberg weilten.

      Gabriela schlug das Herz plötzlich bis zum Hals. War diese Frau der wahre Grund für seinen plötzlichen Umzug? Aber wenn es sich so verhielt, warum hatte er ihr dann nichts davon erzählt? Sie konnte den Blick nicht von den Bildern lösen. Warum schmerzte das, was sie darauf sah, so heftig? Florian war ihr Freund, ihr Vertrauter, sie hatte über alles mit ihm reden können. Warum tat es ihr dann so weh, ihn zusammen mit einer anderen Frau zu sehen, in die er sich offenbar verliebt hatte?

      Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die Bilder verschwammen vor ihrem Blick. Die Erkenntnis, dass Florian der Mann war, den sie liebte, traf sie wie ein Faustschlag in den Magen.

      *

      René von Hoydorff hätte die Fotos von Annabelle und Florian von Damm normalerweise sicher nicht zu Gesicht bekommen, denn Magazine mit solchen Fotos gehörten nicht zu seiner üblichen Lektüre. Aber er war an diesem Abend bei einem Kollegen und dessen Frau zum Essen eingeladen, und dort lag die Zeitschrift auf einem kleinen Tischchen neben dem Sofa. Sie tranken noch einen Espresso zum Abschluss, als sein Blick auf das Titelbild fiel. Unten auf dem Titel war ein kleines Foto von Annabelle mit einem Mann zu sehen, den er nicht kannte. Darunter stand: ›Neue Liebe für bekannten Trainer?‹

      Er musste an sich halten, um nicht nach der Zeitschrift zu greifen, aber er wollte keinerlei Aufmerksamkeit erregen. Also blieb er ruhig, verabschiedete sich wenig später und fuhr dann direkt zum Bahnhof, wo der Kiosk noch geöffnet hatte. Er kaufte die Illustrierte und blätterte sie gleich vor Ort durch. Es dauerte nicht lange, bis er gefunden hatte, was er suchte: ›Florian Damm, attraktiver Junggeselle, begabter Trainer von Super-Rennpferden und offenbar ein Mann mit Geschmack, wurde mit einer schönen Blondine beim vertrauten Tête-à-Tête gesichtet. Es handelt sich um Annabelle von Ehrenstein, so viel immerhin konnten wir in Erfahrung bringen. Gibt Florian von Damm sein Single-Dasein endlich auf? Wir sind gespannt und bleiben dran.‹

      Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Einerseits war ihm natürlich klar, dass man nicht alles für bare Münze nehmen durfte, was in den bunten Blättern geschrieben stand. Andererseits sprachen die abgedruckten Fotos eine ziemlich deutliche Sprache. Sicherlich, auch da konnte manipuliert worden sein, aber der Arm auf Annabelles Schultern wirkte echt und nicht wie eine Fotomontage. Und ihr Lächeln erst …

      René kannte sich mit Fotos aus, er war Hobbyfotograf und hatte schon viele seiner Bilder am Computer nachbearbeitet. Er wusste also, dass man Bildern nicht unbedingt trauen durfte. Aber dieses Lächeln, das Annabelle dem Pferdetrainer schenkte, kannte er. So hatte sie ihn an jenem unvergesslichen Abend in ihrer Wohnung mehrmals angelächelt, und jedes Mal hatte er sich gefühlt, als wäre er dem siebten Himmel wieder ein Stück nähergekommen. Und jetzt musste er feststellen, dass sie ihr Lächeln auch noch anderen Männern schenkte. Oder zumindest einem anderen Mann.

      Er steckte die Illustrierte ein und fuhr nach Hause. Am liebsten hätte er Annabelle umgehend angerufen. Sie hatten bereits einige Male miteinander telefoniert, und er hatte keinen Anlass gesehen, zu bezweifeln, dass sie ähnlich fühlte wie er. Aber er kannte sich: Wenn er zornig war, konnte er sehr verletzend werden, und das wollte er nicht. Er war Polizist, er hatte gelernt, dass man dem Augenschein nicht trauen durfte, weil die Dinge nicht selten ganz anders waren, als sie zunächst schienen. Er würde also eine Nacht darüber schlafen und Annabelle erst am nächsten Tag anrufen, wenn er hoffentlich ruhig genug war, um ihr ein paar Fragen zu den Fotos zu stellen.

      Das war jedoch leichter gesagt als getan. Er tigerte unruhig durch seine Wohnung, unfähig, an etwas anderes zu denken als an die Fotos in der Illustrierten. War es tatsächlich möglich, dass Annabelle ihm etwas vorgespielt hatte? Er konnte das nicht glauben. Doch dann sah er wieder ihr Lächeln, das einem Mann galt, den er nicht kannte, und es fiel ihm schwer, sich vorzustellen, dass dieses Lächeln einen anderen Grund hatte als heftige Verliebtheit.

      Mehrmals hatte er das Telefon in der Hand, nur um es dann doch wieder wegzulegen. Nein, er würde sich dazu zwingen, bis zum nächsten Tag zu warten.

      Er kannte sich, es war besser so.

      *

      Auch im Schloss wusste man mittlerweile von den Fotos. Florian waren sie gleichgültig, Annabelle aber erschrak, als sie sie sah. Zwar hielt sie es für unwahrscheinlich, dass René sie zu Gesicht bekam, aber manchmal passierten ja auch unwahrscheinliche Dinge. Und dass man sie missverstehen konnte, stand außer Zweifel, zumal mit dem Text, den sich die Redaktion dazu ausgedacht hatte. Ja, man konnte ihr Lächeln ohne weiteres als Lächeln einer verliebten Frau ansehen, und Florians Arm auf ihrer Schulter schien ein weiterer Beweis für ihre ›innige Verbundenheit‹ zu sein.

      Sie dachte ziemlich lange darüber nach, dann griff sie zum Telefon. Solche Dinge schaffte man ihrer Erfahrung nach am besten sofort aus der Welt, sonst verfestigten sie sich nur, und daran konnte sie kein Interesse haben. Es war schon relativ spät, aber René ging nie früh zu Bett, so viel wusste sie bereits über ihn.

      »Hallo«, sagte sie, nachdem er sich gemeldet hatte. »Ich hoffe, du schläfst noch nicht.«

      »Nein, tue ich nicht«, antwortete er, und im selben Moment wusste sie, dass er die Fotos kannte. Das Unwahrscheinliche war also eingetreten, sie konnte es seiner Stimme anhören.

      »Du hast die Fotos gesehen«, sagte sie.

      Ein überraschtes Schweigen antwortete ihr, bevor er: »Ja«, sagte. Dieses eine Wort, nicht mehr.

      »Ich hoffe, du hast weder den Fotos noch dem Text geglaubt?«, fragte sie.

      »Ich bin mir nicht sicher, was ich glauben soll.« Seine Stimme klang ein wenig gepresst, so, als müsste er sich große Mühe geben, seine wahren Gefühle zurückzuhalten.

      »Hör zu, René«, sagte Annabelle mit ruhiger Stimme, »wir kennen uns noch nicht lange, und ich verstehe, dass man beim Anblick dieser Fotos auf bestimmte Gedanken kommen kann. Aber an der Geschichte ist buchstäblich nichts dran. Gar nichts. Florian geht es nicht besonders gut. Ich weiß nicht genau, was er hat, aber ich vermute, dass er unter Liebeskummer leidet. Wir waren heute zusammen in der Stadt, haben das Thema ›Unglück‹ bei einem Kaffee kurz besprochen, und hinterher hat er mir gesagt, dass er sich besser fühlt. Das war vermutlich der Moment, in dem der Fotograf abgedrückt hat. Zwei Sekunden Lächeln, zwei Sekunden sein Arm auf meiner Schulter. Ende der Geschichte.«

      Sie hörte René atmen. Es kam ihr noch immer so vor, als hätte er Mühe, sich zurückzuhalten. »Glaubst du mir nicht?«, fragte sie. »Komisch, ich habe diese Fotos gesehen und sofort gewusst, dass sie Ärger machen können. Mit dem Text zusammen scheint alles ganz eindeutig zu sein.«

      René räusperte sich. »Mich hat der Schlag getroffen, als ich sie gesehen habe«, bekannte er.

      »Ich kann es mir vorstellen. Eigentlich hatte ich angenommen, dass du solche Magazine überhaupt nicht liest.«

      »Tue ich ja auch nicht. Aber ich war heute bei einem Kollegen und seiner Frau zum Essen, und da lag dieses Blatt auf einem Tisch.«

      »Armer René«, sagte Annabelle. »Dann war es also gut, dass ich gleich angerufen habe.«

      »Vermutlich hast du mir eine schlaflose Nacht erspart.«

      »Wieso hast du nicht angerufen und mich nach den Fotos gefragt?«

      »Ich fürchte, ich wäre nicht ruhig geblieben«, gestand er. »Ich kann ziemlich ausfallend werden, wenn ich wütend bin.«

      Sie lachte leise. »Jetzt hältst du dich aber mustergültig. Kein Groll mehr? Kein Zweifel?«

      »Ich bin zwar eifersüchtig, aber kein Idiot«, brummte er. »Obwohl der Kerl, dieser Trainer, verdammt gut aussieht.«

      »Und nett ist er auch, sehr sogar. Aber zufällig ist mein Herz bereits vergeben und seins auch, vermute ich.«

      »Da bin ich aber froh. Annabelle?«

      »Ja?«