Adressen mit Geschichte. Georg Markus

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Название Adressen mit Geschichte
Автор произведения Georg Markus
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783902998552



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konnte, ein eigenes Haus zu kaufen. Er war 51 Jahre alt, als er die Villa in der noblen Auhofstraße/Ecke Hügelgasse bezog. Dem Kaufvertrag ist zu entnehmen, dass der Volksschauspieler für das aus der Gründerzeit stammende Haus an die bisherigen Eigentümerinnen Ottilie Brunner und Dr. Hedwig Wahle 100 000 Schilling* bezahlte.

      Hans Moser, der Ende der zwanziger Jahre durch seine Tonfilme zum ersten Mal wirklich gut verdient hatte, zog nun mit seiner Frau Blanca und der 18-jährigen Tochter Grete in die feudale Villa in Hietzing ein. Doch er konnte den Luxus nicht genießen. Geprägt durch seine ärmliche Kindheit und die vielen Jahre als Provinz- und Schmierendarsteller, der oft für ein Abendessen und die Übernachtung in einem schmutzigen Wirtshaus aufgetreten war, litt er auch jetzt, als wohlhabender und allseits geachteter Schauspieler, unter Existenzängsten. So bewohnte er den »Herrschaftstrakt« seiner mit Antiquitäten und Marmorbad eingerichteten Villa nur im Sommer, während er in den Wintermonaten in der winzigen Hausmeisterwohnung im Parterre lebte, um Heizkosten zu sparen.

      Nach Mosers Tod im Jahre 1964 stand das Haus lange leer, weil die Rechtslage zwischen Witwe und Tochter nicht geklärt werden konnte. Erst 1985 wurde das 2500 Quadratmeter große Anwesen vom Obersten Gerichtshof der »Hans-und-Blanca-Moser-Stiftung zur Unterstützung alter und kranker Menschen« zugesprochen. Vier Jahre später kaufte es der Chemiker Walter Otto um 18 Millionen Schilling und investierte weitere 25 Millionen, um darin das Restaurant Villa Moser zu eröffnen. Doch es wurde nach einigen Jahren wieder geschlossen. Heute ist im ehemaligen Wohnhaus des Volksschauspielers die Botschaft der Republik Aserbaidschan untergebracht.

      ZWISCHEN TROPPAU UND BADEN

      Fritz Imhoff

      Wien 4., Wiedner

      Hauptstraße 17

      Es gibt mehrere Versionen, wie der Wiener Fritz Jeschke zu seinem Künstlernamen Imhoff gekommen ist. Eine lieferte sein langjähriger Freund Hugo Wiener: Der 20-jährige Fritz sei 1911 unter seinem wirklichen Namen Jeschke am Stadttheater Troppau aufgetreten, wo er wegen Talentlosigkeit entlassen wurde. Zwei Jahre später – er hatte inzwischen seinen Militärdienst absolviert – verschaffte ihm sein Lehrer ein Engagement in Baden bei Wien. Die Freude darüber währte nur so lange, bis Fritz Jeschke erfuhr, dass der neue Direktor genau derjenige war, der ihn in Troppau gefeuert hatte.

      Deshalb nannte er sich nun Imhoff und trat sein Engagement in Baden mit zittrigen Knien an. Der Direktor sah ihn sehr lange und sehr genau an, wusste aber nicht recht, wo er ihn hintun sollte.

      In Baden feierte er seine ersten Erfolge, später spielte er an fast allen Wiener Bühnen. Er wohnte mit seiner Frau Huberta in einer geräumigen Altbauwohnung auf der Wiedner Hauptstraße und wurde, nicht zuletzt durch seine vielen Filme, einer der populärsten Schauspieler des Landes.

      »SIE WAR DIE ERFÜLLUNG«

      Willi Forst

      Wien 14., Dehnegasse 15

      So lange er lebte, hat er diese Beziehung für sich behalten. Erst in seinen posthum erschienenen Lebenserinnerungen gab Willi Forst seine Affäre mit Marlene Dietrich preis, die er 1927 bei den Dreharbeiten zu dem Stummfilm Café Elektric in Wien kennen gelernt hatte: »Wir flogen vom ersten Augenblick aufeinander. Noch in derselben Nacht lagen wir uns in den Armen. Sie galt als lesbisch, was zum Teil begründet war. In unserer Umarmung war davon nicht das Geringste zu spüren. Sie war die Erfüllung! Ich betete sie an, keine Frau vorher und nachher war imstande, solche Liebe zu geben.«

      Einige Zeilen später entschuldigt sich Forst, ohne die Aussage zurükkzunehmen, für diesen Satz bei seiner Ehefrau.

      Umgekehrt hatte auch die Dietrich allen Grund, Willi Forst dankbar zu sein. Denn er war es, dem zur rechten Zeit aufgefallen war, in welchem Licht man sie in der Großaufnahme zeigen musste, um ihr Gesicht auf der Leinwand günstig erscheinen zu lassen, da »auch die schönsten Beine der Welt nicht alles wettmachen können«, wie er schreibt. Marlene befolgte seine Ratschläge auch in Hollywood noch und bedankte sich später in einem Brief für Forsts Anteil an ihrer Weltkarriere.

      Willi Forst wohnte zum Zeitpunkt seiner Affäre mit der Dietrich in der ehemaligen Wohnung seiner Eltern in der Ramperstorffergasse 47 in Wien-Margareten. Neun Jahre später war er als Schauspieler, Regisseur und Produzent seiner Filme so wohlhabend geworden, dass er den 110 000 Quadratmeter großen, nahe der Baumgartner Höhe gelegenen Dehnepark erwerben konnte. Dieser hatte einst den Fürsten Paar und Liechtenstein als Sommerresidenz gedient und befand sich später im Besitz des Zuckerbäckers August Dehne, der die Hofkonditorei Demel betrieb. Willi Forst bezog in den dreißiger Jahren mit seiner Frau eine im Dehnepark gelegene kleine Villa, die er selbst als sein »kleines Paradies« bezeichnete. »Dicht bei meinem Hause befindet sich ein Stückl Wienerwald, von dem ich glükklich sagen kann, dass es mir gehört«, sagte er. »Ich liebe meinen kleinen Wald, seine Unberührtheit und Unberührbarkeit. Wenn ich in ihm spazieren gehe, treffe ich keinen Menschen. Der Zaun, der drumherumgezogen ist, schützt den Wald und mich sogar vor den Papierln der Sonntagsausflügler.«

      Willi Forst verkaufte das Anwesen 1967 an die Stadt Wien, die das Wohnhaus des beliebten Schauspielers abriss und auf dem Grundstück einen öffentlich zugänglichen Park errichtete.

      »WARUM GERADE ICH?«

      Paula Wessely

      Wien 19., Himmelstraße 24

      Der Regisseur Willi Forst und sein Autor Walter Reisch standen vor einem Dilemma. Das Drehbuch zu dem Film Maskerade war fertig, sie spürten, dass es beim Publikum ankommen würde, aber sie hatten noch keine Hauptdarstellerin für die Rolle der schüchternen Gesellschaftsdame Leopoldine Dur. Gewiss, eine Schauspielerin namens Paula Wessely war die beste von allen, die zur Auswahl standen. Aber sie kam vom Theater und verkörperte keineswegs das Schönheitsideal, das im noch jungen Tonfilm gefragt war. Wie konnte man den Zuschauern im Kino glaubhaft machen, dass sich der blendend aussehende Adolf Wohlbrück – der für die Rolle des Malers Heideneck gewonnen werden konnte – ausgerechnet in diese als »unfotografierbar« geltende junge Frau verliebt?

      Autor und Regisseur saßen am Beginn des Jahres 1934 beisammen und dachten darüber nach, wie der Film zu retten wäre. Plötzlich hatte Walter Reisch die zündende Idee, er riss eine Seite aus dem Drehbuch und fügte eine neue Szene ein. Leopoldine Dur steht darin vor einem Spiegel, sieht in ihr Gesicht und fragt: »Warum gerade ich? Er kann doch ganz andere Frauen haben.« Sie läuft weg, kommt wieder zurück, schaut noch einmal in den Spiegel und sagt: »Warum nicht gerade ich!«

      Die paar Worte waren ausschlaggebend für den unvergleichlichen Erfolg von Maskerade und für den kometenhaften Aufstieg der Paula Wessely. Millionen Frauen identifizierten sich mit ihr, kleideten sich wie sie, trugen das Haar wie sie, wollten »erobern« wie sie. Die 27-jährige Wienerin wurde über Nacht zum Idol.

      1935 kaufte die Wessely von ihrer ersten Filmgage ein altes Winzerhaus in der Grinzinger Himmelstraße, das sich einst im Besitz der Industriellenfamilien Schoeller und Krupp befunden hatte. Im selben Jahr noch heiratete sie Attila Hörbiger. Er bewohnte das Erdgeschoss, sie den ersten Stock. Heute betreibt Maresa Hörbiger in dem Biedermeierhaus den Kultursalon Hörbiger.

      FAST EIN FUSSBALLER

      Attila Hörbiger

      Wien 19., Himmelstraße 24

      Das wirklich Mühsame am Beruf des Schauspielers ist das Textlernen. Und der Albtraum heißt, auf der Bühne »hängen zu bleiben«. Attila Hörbiger bereitete sich 1958 auf die Rolle des alkoholkranken Majors Cornelius Melody in Eugene O’Neills Schauspiel Fast ein Poet vor. Zu Hause in Grinzing warf seine älteste Tochter Elisabeth Orth während der schwierigen Probenzeit am Akademietheater einen Blick in Vaters Textbuch und sah neben den gedruckten Zeilen