Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen. Christiane Antons

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Название Yasemins Kiosk - Eine bunte Tüte voller Lügen
Автор произведения Christiane Antons
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783894256807



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hinter der Sache steckt, um Sie in ein schlechtes Licht zu rücken?«

      »Ach, Schatz, das glaube ich nicht«, meldete sich Lena zu Wort. Er deutete ihr mit seiner rechten Hand, ihm das Reden zu überlassen. Sie griff zu ihrem Latte macchiato und lächelte.

      »Meine Ex-Frau und ich haben alles andere als ein entspanntes Verhältnis. Aber mal abgesehen davon, dass sie überhaupt nicht internetaffin ist und meiner Meinung nach gar nicht in der Lage wäre, diese Aktionen auf die Beine zu stellen, glaube ich nicht, dass sie über so viel kriminelle Energie verfügt.«

      »In Ordnung, Herr Neumann. Trotzdem werden wir Ihrer Frau, Verzeihung, Ex-Frau auf den Zahn fühlen müssen. Diskret natürlich, machen Sie sich keine Sorgen«, fügte Nina hinzu, weil ihm der Einwand schon auf dem Gesicht geschrieben stand.

      »So, und jetzt legen Sie mal los und erzählen uns, was überhaupt bisher passiert ist«, forderte Yasemin.

      Pascal Neumann schritt zu einem alten Sekretär, der neben der Terrassentür stand, und kehrte mit einem Tablet in der Hand zurück. Er legte es mittig auf den Tisch, sodass alle Anwesenden daraufblicken konnten.

      »Das hier sind meine Facebook- und Instagram-Accounts.« Der Gastronom hatte zwei Seiten im Browser geöffnet und wischte seine Seiten durch. »Seit ungefähr drei Monaten hinterlassen Trolle Kommentare, die mich in Verruf bringen. Selbstredend von Fake-Accounts. Am Anfang nur vereinzelt. Da habe ich sie einfach gelöscht. Aber dann ging es richtig los. Ich wurde angegriffen, weil ich Kritik unkommentiert löschen würde. Die echten positiven Kommentare, die meine Kunden hinterlassen, zeigen inzwischen kaum noch Wirkung. Dafür wird gerne behauptet, die seien gefälscht. Das ist alles so unfassbar bescheuert.« Er seufzte. »Seit einigen Wochen werden Bilder meines vermeintlichen Essens hochgeladen. Hier zum Beispiel.« Er vergrößerte ein Bild, auf dem ein Salat mit verwelkten Blättern zu sehen war. »Oder hier.« Auf dem nächsten Foto war eine Pizza abgebildet, auf dem nicht nur Schinken, sondern auch eine Fliege mitgebacken worden war. »Wenn so etwas passiert, melde ich nun diesen Beitrag und schreibe eine kurze Stellungnahme darunter, dass die Bilder gefälscht sind und ich mir rechtliche Schritte vorbehalte. Egal, wie viele Lügen und Proteste die Person – oder sind es mehrere? – in Folge postet, darauf reagiere ich nicht mehr.«

      »Das ist klug. Don’t feed the troll«, entgegnete Nina.

      »Hä?«, fragte Yasemin.

      »Das ist eine Redewendung. Es gibt Leute im Netz, die wollen einfach provozieren, sogenannte Trolle. Wenn du sie weiter fütterst und reagierst, setzen die ihr Tun umso aggressiver fort und damit lieferst du ihnen automatisch mehr Aufmerksamkeit und eine größere Plattform«, erläuterte Nina.

      Pascal Neumann nickte. »Das habe ich auch gelernt. Ein Bekannter hat mir den Tipp gegeben, so zu verfahren. Die Accounts, von denen diese Verleumdungen geschrieben werden, sind schnell gelöscht. Sie zurückzuverfolgen bringt nichts, sagte mir mein Bekannter. Wer diese gezielte Aktion gegen mich fährt, wird seine wahre Identität gut genug verschleiern. Und rechtliche Schritte anzustrengen, würde unendlich viel Zeit und Geld kosten.«

      »Davon ist auszugehen, ja.«

      Er seufzte. »Die Angriffe eskalieren langsam, das sehen Sie ja. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht irgendwo im Netz eine neue Lüge über mich finde. Das Gästebuch auf meiner Website habe ich bereits gesperrt. Ich bin mehr und mehr ratlos, wie ich weiter verfahren soll.«

      Nina und Yasemin betrachteten die letzten Einträge. Es waren allesamt Beleidigungen.

      »Meine Bewertung ist in den letzten zwei Monaten von fünf Sternen auf zwei gesunken. Und langsam hat das Konsequenzen auf die Auftragslage. Bei meinen Großkunden bin ich in die Offensive gegangen. Ich habe ihnen von dieser Rufmordkampagne erzählt und ihnen versichert, dass das bald ein Ende hat. Sie halten mir die Stange. Noch. Kleinere Stammkunden kontaktieren mich zum Teil nicht mehr.«

      »Das Mobbing findet nur digital statt?«, hakte Nina nach.

      »Bis vor Kurzem ja. Dann fingen plötzlich diese Anrufe in meiner Firma an.«

      »Was für Anrufe?«

      »Eine verzerrte Stimme, die den Mitarbeitern Lügengeschichten erzählt.«

      »Wie muss ich mir das konkret vorstellen?«

      Pascal Neumann stand auf und blickte aus der Terrassentür in den Garten. »Ich habe noch nie das Glück gehabt, persönlich so ein Gespräch entgegenzunehmen. Die Stimme beginnt wohl immer mit demselben Wortlaut: Was für ein Mensch ist Ihr Chef, der … Und dann kommt immer irgendein Schwachsinn. Zum Beispiel: der vergammeltes Fleisch einkauft. Oder: der seine Mitarbeiter unterschiedlich schlecht bezahlt.«

      »Tun Se?«, fragte Yasemin.

      »Tue ich was?« Er löste seinen Blick vom Garten und wandte sich an die Kioskbesitzerin. »Vergammeltes Fleisch kaufen? Ich bitte Sie! Ob Sie es glauben oder nicht, ich gehe meinem Job aus Leidenschaft nach. Kochen ist mein Leben! Und ich behandele auch meine Mitarbeiter anständig. Das ist kein einfacher Job. Meistens arbeitet man, wenn andere Freizeit haben. Und ich entlohne gut.«

      »Was ist eigentlich mit dem Mitgründer Marcel Höhner? Wieso ist der ausgestiegen?«

      Pascal Neumann zögerte, bevor er antwortete. »Er ist vor einem guten Jahr ausgestiegen. Ohne ihn hätte ich das Unternehmen so nicht aufziehen können. Letztlich war es ihm aber zu viel Stress und Risiko. Wir haben uns geeinigt und ich habe ihn ausbezahlt. Wir sind noch immer befreundet.«

      »Und da sind Sie sich sicher? Ich meine, man kann den Leuten nur vorn Kopp gucken«, gab Yasemin zu bedenken.

      »Mag sein. Ich kenne Marcel aber seit der Schulzeit. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Glauben Sie mir. Wenn ich mich im Leben auf jemanden verlassen kann, dann auf ihn. Und umgekehrt.«

      »Das ist schön, aber wir werden uns trotz allem auch einmal mit Marcel unterhalten. Wo wohnt er?«, hakte Nina nach.

      Er seufzte. »Seine Werkstatt liegt an der Eckendorfer Straße. Da treffen Sie ihn häufiger an als zu Hause. Aber ich sage Ihnen noch einmal: Das ist verlorene Zeit.«

      Nina schenkte ihm ein freundliches Lächeln. »Vielleicht kann uns Ihr ehemaliger Partner Hinweise geben, die zur Lösung des Falls beitragen und die Sie nicht auf dem Schirm haben. Man muss ja nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen. Vertrauen Sie uns bitte. Erika tut es ja auch.«

      »Keks?« Lena Sanders hielt Yasemin und Nina einladend den Teller hin. Beide nahmen sich ein Gebäckstück.

      »Mhm. Wirklich köstlich«, urteilte Nina, nachdem sie abgebissen hatte, und Yasemin nickte zustimmend. »Wie sieht’s denn mit Mitbewerbern aus? Erzfeinde?«, richtete sich Nina wieder an Pascal Neumann.

      Der schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Bisher war das leben und leben lassen. Und warum sollte ausgerechnet jetzt jemand etwas gegen mich haben? Meine Großkunden habe ich vor einem knappen Jahr akquiriert. Hätte dieser Terror kurz danach begonnen, wäre das ja denkbar. Aber jetzt? Und eigentlich würde ich keinem meiner Kollegen so etwas zutrauen. Wir pflegen hier eine gesunde Konkurrenz, mehr nicht. Bielefeld ist groß genug für alle Caterer, die ihren Job gut machen.«

      Nina erhob sich. »In Ordnung, das war’s fürs Erste, Herr Neumann. Falls Ihnen noch etwas einfällt, lassen Sie es uns wissen. Wahrscheinlich müssen wir auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf den Zahn fühlen. Aber eins nach dem anderen. Wir melden uns.« Nina hielt ihre Hand hin und Pascal Neumann ergriff sie mit festem Druck.

      »Danke für den Kaffee«, wandte sich Yasemin an Lena.

      »Bitte schön, ich bringe euch raus.« Lena führte die beiden durch den Flur zurück zur Haustür. »Wo hast du eigentlich deinen Kiosk?«, erkundigte sie sich bei Yasemin.

      »In der Siegfriedstraße.«

      Sie nickte. »Vielleicht schau ich mal rein, wenn ich in der Gegend bin. Ich hoffe, ihr könnt Pascal schnell helfen, er leidet wirklich sehr unter dieser Sache«, fügte sie leise hinzu.

      Nina reichte auch ihr die Hand