PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt. Greig Beck

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Название PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353619



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eigenen Worten würde seine Entdeckung alles infrage stellen, was man über Biologie und die Evolution wusste.

      »Das gibt’s doch nicht!« Bens Stirn legte sich in Falten. Das versteckte Plateau, der südamerikanische Dschungel, das Umdeuten der Naturgesetze – hier kamen alle Elemente von Doyles fantastischer Erzählung zusammen. Er schnappte sich noch einmal die Erstausgabe der »Vergessenen Welt« und wickelte sie erneut behutsam aus, um die Widmung ein zweites Mal zu lesen:

       An meinen guten Freund Benjamin Cartwright, Ihre Erfahrungen haben meine Vorstellungskraft entzündet und dies ist das Ergebnis – das hatte Sir Arthur Conan Doyle vor über einem Jahrhundert geschrieben. Hatte er das wörtlich gemeint? Dass Benjamin Cartwright damals wirklich das unternommen hatte, was er hier in diesen Briefen beschrieb? Ben kicherte, als er das Buch zuklappte und es wieder auf den Tisch legte.

      Unmöglich, dachte er, doch nun war sein Interesse geweckt. Er griff nach dem nächsten Brief auf dem Stapel, wieder in der Handschrift des berühmten Autors verfasst. Vorsichtig öffnete er den Umschlag und las.

       Lieber Benjamin,

      

       mein geschätzter Freund, ich schreibe dies an Ihre unsterbliche Seele oder vielleicht an Ihre Erben. Ihr Verscheiden aus dieser Welt hat mich sehr getroffen und führt mir meine eigene Sterblichkeit vor Augen. Doch Sie, mein Herr, werden nun für immer als der tapfere, junge Abenteurer in Erinnerung bleiben, der Sie waren.

       Ihr Notizbuch war und ist von unschätzbarem Wert, deswegen werde ich es mit meinen Lieblingsgegenständen an einem geheimen Ort aufbewahren, den nur wir beide kennen – unter der Erde im Windlesham Manor.

      

       Ihr Freund in aller Ewigkeit, Arthur Conan Doyle

      Unter der Erde? Er hat es allen Ernstes vergraben? Ben schnaubte verächtlich. »Toll gemacht, Arthur.« Er legte den alten Brief zur Seite und schnappte sich den nächsten. Dies war ein weitaus größerer Umschlag, datiert auf 1931, und er sah deutlich geschäftlicher aus. Er war ungeöffnet und an das Anwesen Benjamin Cartwright adressiert, genau wie Doyles letzter Brief, in dem er bestätigte, von Benjamins Tod erfahren zu haben. Vorsichtig strich Ben mit dem Finger über die Gummierung und der alte Klebstoff gab sofort nach.

      Das Papier im Inneren war von hochwertiger Natur und mit einer anderen Handschrift beschrieben. Es kam von einer Anwaltskanzlei, die das Anwesen Sir Arthur Conan Doyles betreute. Ben las aufmerksam:

       Sehr geehrte Damen und Herren,

      

       Sie haben vielleicht davon gehört, dass Sir Arthur Conan Doyle verstorben ist. Wir sind damit betraut, seinen Nachlass zu regeln. Viele seiner Besitztümer werden für seine Nachkommen aufbewahrt, einige werden Museen gestiftet und einige werden an ihre ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben.

      

       In letztere Kategorie fällt das ledergebundene Notizbuch des verstorbenen Benjamin Bartholomew Cartwright aus Ohio in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dieses Notizbuch war für Sir Arthur Conan Doyle von enormem emotionalen Wert, und es war immer sein Wunsch, es seinem Besitzer, Herrn Cartwright, zurückzugeben. Doch wie Sie wissen, sollte es dazu nicht mehr kommen.

      

       Leider ist es trotz unserer Bemühungen bisher nicht gelungen, besagtes Notizbuch aufzufinden. Sollten Hinweise auf seinen Aufenthaltsort bekannt werden, möge dieser Brief als Beweis dienen, dass es rechtmäßiger Besitz der Erben von Herrn Cartwright ist.

      

       Mit ergebenen Grüßen, Horatio William Bartholomew, Anwalt des bürgerlichen Rechts Windlesham Manor, Crowborough, East Sussex

      Bens Mundwinkel wanderten nach unten, als er seinen Blick über die unzähligen großen Kisten schweifen ließ, die sich überall auf dem Dachboden stapelten.

      Und, hast du es jemals abgeholt, Opa oder Uropa? Er seufzte und ließ seine Hände sinken, wobei er seinen Blick wieder auf dem Brief ruhen ließ. Ihn überkam die Erkenntnis, dass er sich diese Frage selbst beantworten konnte, denn der Brief war nie geöffnet worden.

       Also ist das Notizbuch noch an Ort und Stelle!

      Er atmete langsam aus und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Der Durst nach Abenteuern war ihm in die Wiege gelegt worden und so beäugte er gespannt die Stapel von Truhen, Kisten und Kartons. Doch es waren so viele, das dämpfte seine Motivation.

      Ben gähnte. Ach was, bestimmt haben sie noch einen zweiten Brief geschickt und irgendwo inmitten dieses Gerümpels liegt Benjamins altes Notizbuch.

      Er saß ein paar Minuten schweigend da, starrte Löcher in die Luft und sah zu, wie die ersten Strahlen der Morgensonne die träge herumschwebenden Staubpartikel beleuchtete. Sie schienen nur auf den nächsten Luftzug zu warten, der sie wieder in Bewegung brachte. Während er ihnen so zusah, wurden seine Augenlider schwerer und schwerer.

      Plötzlich war Ben wieder im Dschungel und rannte um sein Leben. Er fragte sich, ob er sich auf seiner Auslandsmission in Thailand, im Kongo oder gar in Kolumbien befand, doch sein Hirn weigerte sich, ihm diese Frage zu beantworten. Er wusste nur, dass etwas hinter ihm her war – nicht jemand, etwas!

      Er rannte weiter, so schnell er konnte, wobei Schlingpflanzen und Lianen ihn zu schnappen versuchten. Blätter und Zweige klatschten in sein Gesicht und gegen seinen Körper. Er war überzogen von einer Schicht aus Schweiß, Regen und Angst.

      Hinter ihm wurden Bäume abgeknickt wie Streichhölzer und er versuchte, noch schneller zu laufen, doch plötzlich versperrte ihm eine natürliche Mauer den Weg. Er wirbelte herum und griff nach seiner Waffe – sie war nicht da.

      »Um Himmels willen!« Der Klang der Türklingel wirkte auf ihn wie ein Elektroschock und unwillkürlich sprang er auf, wobei er sich mit dem restlichen Bier besudelte, das sich noch in der Flasche befand.

      »Ach, Scheiße.« Ben verzog das Gesicht. Nachdem er die Flasche ordentlich abgestellt hatte, sah er auf die Uhr – es war bereits vormittags. Dann beeilte er sich und nahm auf dem Weg die Treppe hinunter zwei Stufen auf einmal. Er wollte nicht, dass seine Mutter geweckt würde.

      Als er die erste Etage erreichte, klingelte es noch einmal.

      »Ich komme ja schon!« Er sprintete los und nahm das letzte Dutzend Stufen mit riesigen Sätzen. Völlig außer Atem riss er die Tür auf.

      »Könnten Sie bitte …?«

      »Da sieht aber jemand unausgeschlafen aus.« Emma Wilson lächelte ihn an, in ihren Armen hielt sie eine in Stoff gewickelte Kiste.

      Ben schluckte seine Aufregung hinunter und atmete stattdessen einmal tief durch, wobei sich seine Lunge mit Sauerstoff füllte. Er hielt für einen Moment die Luft an und zuckte dann mit den Schultern. »Ja, so ist das Leben als Rockstar!«

      Dann starrte er sie einfach an, denn er wusste, dass das Grinsen in seinem Gesicht ziemlich dümmlich aussehen musste.

      Er hatte sie auf der Beerdigung seines Vaters gesehen, aber aus der Nähe sah sie noch besser aus – leuchtend grüne Augen, ihr braunes Haar hatte in der Sonne rötliche Spitzen. Ihre Stupsnase war mit Sommersprossen bedeckt, die bis über ihre Wangen reichten, und ihr T-Shirt betonte ihre athletische Figur. Ihre sehr athletische Figur, musste er sich selbst korrigieren, denn sie besaß deutlich definierte Muskeln an den Armen. Was auch immer sie für ein Trainingsprogramm ausführte, es funktionierte.

      Er war damals eine Weile mit Emma zusammengewesen und sie waren sich wirklich nahe gekommen. Doch dann war er ins Militär eingetreten und ihre Wege hatten sich getrennt, damit war die Sache erledigt gewesen. Sie wiederzusehen erfüllte ihn mit Freude. Doch plötzlich erinnerte er sich an seine Narbe und drehte seinen Kopf leicht weg.

      Sie