Rocket Science. K.M. Neuhold

Читать онлайн.
Название Rocket Science
Автор произведения K.M. Neuhold
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958238312



Скачать книгу

Mund.

      »Danke.«

      »Gern geschehen. Ich bin mir nicht sicher, warum du mir gegenüber so misstrauisch bist. Immerhin habe ich Frühstück dabei.« Ich halte die Tüte erneut in die Höhe und dieses Mal sieht er etwas interessierter aus. »Es gibt kein besseres Mittel gegen Kater als ein paar fettige Sandwiches mit Speck und Ei.«

      »Ich kann mich nicht entscheiden, ob das lecker klingt oder es dafür sorgt, dass ich mich übergeben möchte«, gesteht er, ehe er mich zu einem kleinen Tisch nahe seiner Küche führt. Er ist übersät von Lehrbüchern und Notizzetteln, welche er schnell zu einem Stapel zusammenschiebt und auf den Boden legt, damit wir Platz haben.

      »Du wirst dich besser fühlen, nachdem du gegessen hast, vertrau mir.«

      Wir setzen uns hin und stürzen uns auf unser Frühstück. Ich kann spüren, wie Elijahs Blick alle paar Sekunden zu mir wandert, aber er sagt nichts, während er an seinem Sandwich knabbert und jeden Bissen vorsichtig kaut.

      »Warum hast du mir das Zeug vorbeigebracht?«, fragt er, als er aufgegessen hat und sich auf seinem Stuhl zurücklehnt. Seinen Blick hält er auf den Tisch gerichtet, während er mit dem Zeigefinger willkürliche Muster auf der Platte zeichnet. Nein, keine willkürlichen Muster, Zahlen… eine Gleichung?

      Es ist schwer zu sagen, aber ich konzentriere mich lieber darauf als auf die Frage, die er mir gestellt hat. Ich würde gerne sagen, dass ich es getan habe, weil Theo gewollt hätte, dass ich mich um seinen besten Freund kümmere. Aber heute Morgen habe ich nicht an Theo gedacht, als ich ein paar Aspirin in meine Taschen gestopft habe und zum nächsten Fast Food Drive-in gerast bin. Ich bin mir nicht ganz sicher, woran ich gedacht habe, außer an das alberne, betrunkene Lächeln, das letzte Nacht auf Elijahs Lippen lag, während wir über Star Wars und Physik diskutiert haben.

      »Ich bin einfach nur ein barmherziger Samariter«, antworte ich und zucke die Schultern. »Hat das Semester schon angefangen?«, frage ich weiter und nicke in einem offensichtlichen Versuch, das Thema zu wechseln, zu seinen Büchern.

      »Es fängt Montag an.«

      »Wenn das so ist, müssen wir am Freitag deine erste Woche als Doktorand feiern«, verkünde ich und er wird etwas grün im Gesicht.

      »Kein Alkohol«, erklärt er und verzieht das Gesicht.

      »Okay, kein Alkohol«, stimme ich ihm zu und dann kommt mir eine Idee. »Weißt du was, ich habe die perfekte Idee, wie wir feiern können.«

      »Ach ja?«

      »Da ist diese klassische Spielhalle in der Innenstadt. Theoretisch ist es auch eine Bar, aber wir müssen nichts trinken. Wir können einfach Limo trinken, während ich dich bei Pac-Man schlage.«

      Elijah schnaubt und verdreht die Augen. »Du träumst wohl, wenn du glaubst, dass du mich bei Pac-Man besiegen kannst.«

      Ich grinse ihn an. »Ich denke, das werden wir Freitag herausfinden.«

      Da ist ein herausforderndes Funkeln in seinen Augen, als er mich endlich anschaut, ein vorsichtiges Lächeln auf seinen Lippen. »Das werden wir wohl.«

      Kapitel 4

      Elijah

      Es gibt viele Sachen, in denen ich wirklich schlecht bin – allen voran in sozialer Interaktion. Aber die Uni? An der Uni kann ich glänzen.

      Ein tiefes Gefühl von Ruhe erfüllt mich, als ich den Campus am ersten Tag meines Doktoratsstudiums betrete. Es ist gänzlich anders als am ersten Tag meines Grundstudiums, als ich Verbindungsmitgliedern ausweichen musste und Kunststudenten, die mit Kreide Gemälde auf die Wege gemalt haben. Wenn ich damals nicht Theo gehabt hätte, hätte ich vermutlich jede Sekunde der vier Jahre in der Bibliothek verbracht oder mich in meinem Wohnheim versteckt. Das habe ich trotzdem getan, sofern es mir möglich war, aber er hat mich auch wöchentlich in Bars oder zu Campus-Events geschleppt.

      Ein trauriger Schmerz flammt in meiner Brust auf. Ich hatte seit der Grundschule noch nie einen ersten Schultag ohne Theo. Er hat mich am ersten Tag der vierten Klasse unter seine Fittiche genommen und mich im Sportunterricht als Badmintonpartner gewählt, als alle anderen schnell Teams gebildet hatten und ich zurückblieb und mich wie der Außenseiter gefühlt habe, der ich immer zu sein schien. Ich wusste nichts darüber, wie es ist, einen Freund zu haben, aber Theo schien das nicht zu stören. Seit dreizehn Jahren sind wir unzertrennlich. Und jetzt ist er auf der anderen Seite des Landes.

      In mir regt sich das Bedürfnis, ihn anzurufen und ihm zu sagen, wie dumm und nostalgisch ich mich fühle, weil ich ein Schuljahr ohne ihn beginne, aber wenn ich mich nicht beeile, werde ich zu spät zu meiner ersten Veranstaltung kommen.

      Ich verdränge das Gefühl von Wehmut und eile zu meinem Seminar. Der Seminarraum ist sehr schön, eindeutig gut finanziert und es befinden sich gemütliche Stühle, großzügige Tische und ein hochmodernes Whiteboard vorne im Raum. Ich bin immer hin und her gerissen, ob ich mir einen Platz ganz vorne suchen soll, um den besten Blick zu haben und nicht abgelenkt zu werden, oder ob ich mich weiter nach hinten setzen soll, wo mich niemand bemerkt. Einen Moment lang verweile ich hinten und mein Magen rumort nervös, während ich meine Optionen abwäge.

      »Ich mag deinen Blazer«, sagt jemand und mein Gesicht erwärmt sich. War das Sarkasmus? Schwer zu sagen. Mein Magen verknotet sich und ich klammere mich mit den Fingern am Riemen meiner Umhängetasche fest. In der sich all meine Lehrbücher und Notizblöcke befinden. »Hier ist noch ein Platz frei, wenn du möchtest«, bietet er mir an und ich schaue endlich in seine Richtung.

      Er sieht nicht so aus, wie ich es erwartet habe. Er erinnert mich ein bisschen an Theo, mit seiner zierlichen Statur, blondem Haar, welches zu einem kleinen Irokesen frisiert ist, und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Er trägt ein Shirt mit Bill Nye darauf, auf dem Science Rules steht. Er sieht aus wie sechzehn und für eine Minute frage ich mich, ob er hier überhaupt richtig ist.

      Er deutet auf den leeren Platz neben ihm und ich rücke meine Tasche höher auf meine Schulter, ehe ich mich durch ein paar Stühle schlängle, um zu ihm zu gelangen.

      »Hi. Ich bin Alex«, stellt er sich vor und hält mir seine Hand entgegen. Ich wische meine feuchten Handflächen an meiner Hose ab, bevor ich meine Hand ausstrecke, um seine zu schütteln.

      »Elijah«, sage ich und lasse mich auf dem freien Platz nieder.

      »Ich weiß, was du denkst«, sagt er wohlüberlegt und wirft mir einen ernsten Blick zu. »Und ja, ich bin immer so bezaubernd.«

      Ein überraschtes Lachen kommt mir über die Lippen. Jepp, er ist quasi Theo in einem anderen Körper.

      »Du Glücklicher«, scherze ich.

      »Aber im Ernst, ich bin erst achtzehn. Ich hab die Highschool mit fünfzehn abgeschlossen, dann mein Grundstudium innerhalb von drei Jahren beendet und jetzt bin ich hier.«

      »Oh, wow.« Also ist er ein Genie und er hat offensichtliche keine Defizite in sozialen Fähigkeiten oder Selbstbewusstsein. Ich habe von solchen Einhörnern gehört, aber bisher keins in freier Wildbahn gesehen.

      »Bist du im Doktorandenprogramm für Luft- und Raumfahrttechnik?«, erkundigt er sich.

      »Ja. Raketen«, antworte ich, während ich mir gedanklich selbst eine verpasse. Natürlich Raketen, du Idiot.

      »Ich auch. Ich denke, wir werden in den nächsten Jahren viel voneinander sehen.«

      »Ja«, stimme ich zu, nicke und zwinge mich zu lächeln. Er lächelt ein paar Sekunden lang zurück und ich frage mich, ob ich noch etwas sagen sollte. Sollte ich vorschlagen, dass wir mal zusammen abhängen sollten? Oder betreibt er einfach nur höfliche Konversation?

      Ich werde vom Professor davor bewahrt, das herausfinden zu müssen, als dieser mit dem Seminar beginnt. Alle anderen werden still, um sich umfangreiche Notizen zu machen.

      Als die Veranstaltung endet, schlägt Alex vor, dass wir gemeinsam zur nächsten gehen. Offensichtlich ist der Studiengang klein genug, dass alle mit unserem