Explosion und dann?. Hady Jako

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Название Explosion und dann?
Автор произведения Hady Jako
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783347145870



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      Irgendwann hielt mir jemand einen Spiegel vor, in den ich hineinsah: Ein Arm fehlte, ein Auge war verwundet, mein rechter Oberschenkelknochen ragte blank aus einer Wunde heraus, mein Bauch war von einem Verband verdeckt. Ich sah grauenhaft aus! Und doch, ich lebte!

       Dr. Corbin, Utah, USA:

       „27.03.2006; The mass casualty numbers were so great on this day when we heard they were bringing 33 significantly injured patients from an outlying providence. I was on trauma call that day and was assigned to help with the casualties. The 47th Combat Support Hospital located on Forward Operating Diamond Back was known for saving human life at a greater rate than trauma centers in the United States.

       Here we waited and when they came, we numbered the patients and coded them as to treat them. It was then I met Hady, he was coded as a potential non-survivor as he was so injured and there were many ahead. He was to be placed in a room and observed while we treated those, we felt we could save.

       He somehow and miraculously showed signs he was beginning to wake when we immediately took him to the Operating Room. This was a big job, he was missing an Arm, most of his face was blown off and the left eye was massively wounded.

       Once in the OR, I was able to establish his emergency cricothyroidotomy was misplaced therefore I properly performed an emergent tracheostomy and established an airway. Once this was done, we removed a human jawbone from his thigh wound, they properly closed off his left arm that had been blown off, and we took great care to put back his face the best we could.

       We were successful in saving Hady’s life, he recovered well. What I remember most about Hady was his smile, he never came across as feeling sorry for himself, was very grateful to me and to my wife for sending me materials to make him an eye patch to cover the significant wound where he lost his left eye.

       I remember Hady returned to the operating base hospital and brought two rings which I still have to give to the children that I had at the time as my third was not born at the time. I will never forget Hady and the blessings I received from working on and help mending him from his injuries. Have much love and smiles when I think of Hady.“

       Übersetzung: „27.03.2006; Die Massenunfallzahl an diesem Tag war sehr hoch, als wir hörten, man werde uns 33 Schwerverletzte aus einer abgelegenen Gegend bringen. Ich war an diesem Tag im Dienst für Verletzte und wurde diesem Einsatz zugeteilt. Das 47. Combat Support Hospital in Forward Operating Diamond Back war bekannt für seine aus irgendeinem Grund vergleichbar hohe Anzahl von geretteten Menschenleben gegenüber der von Trauma-Kliniken in den Vereinigten Staaten.

      Hier warteten wir, und als sie kamen, zählten wir die Patienten und teilten sie nach Behandlungsart bzw. Überlebenschance ein. Das war der Moment, als ich auf Hady traf. Er war als potenzieller ‚Non-Survivor‘ (Nicht-Überlebender) identifiziert worden, weil er so schwer verwundet war und weil so viele vor ihm da waren. Er sollte in einen Raum zur Beobachtung gebracht werden, während wir diejenigen behandelten, von denen wir glaubten, sie retten zu können.

       Irgendwie, wie durch ein Wunder zeigte er Anzeichen, zu sich zu kommen. Wir brachten ihn sofort in den Operationsraum. Es war eine riesige Aufgabe: Ihm fehlte ein Arm, das meiste von seinem Gesicht war weggerissen, das linke Auge stark verwundet.

       Nachdem er im OP war, war es mir möglich festzustellen, dass seine Krikothyrotomie fehlplatziert war. Daher setzte ich umgehend einen Luftröhrenschnitt und stellte so einen Atemweg her. Nachdem das getan war, entnahmen wir ein Stück Kieferknochen (verbombtes Splitterteil einer anderen Leiche, Anmerkung der Übersetzerin) aus seiner Oberschenkelwunde, verschlossen sorgfältig seinen linken Arm, der weggebombt war, und wir behandelten mit großer Sorgfalt sein Gesicht, um es so gut wir konnten wieder herzustellen. Wir retteten an diesem Tag erfolgreich das Leben von Hady, er erholte sich gut.

       An was ich mich am deutlichsten bezüglich Hady erinnere, ist sein Lächeln, er kam niemals mit Selbstmitleid daher; er war sehr dankbar mir und meiner Frau gegenüber, die mir eine Augenklappe schickte, um die bedeutende Wunde zu bedecken, wo er sein linkes Auge verloren hatte.

       Ich erinnere mich daran, wie Hady zurück zum Operating Base Hospital kam. Er schenkte mir zwei Ringe, die ich noch immer habe, um sie (mit seiner Geschichte) an meine beiden Kinder, die ich damals hatte, als mein drittes Kind noch nicht geboren war, weiterzugeben.

       Ich werde Hady niemals vergessen und den Segen, den ich durch meinen Einsatz für ihn und für die Behandlung seiner Wunden erhielt. Ich empfinde viel Liebe und Optimismus, wenn ich an Hady denke.“

      Im Krankenhaus blickte ich verstört zu den Ärzten, doch sie schienen sich zu freuen: Ich hätte Glück gehabt! Sie schienen tatsächlich froh zu sein, dass ich laufen konnte und waren stolz darauf. „Wir haben dein Leben gerettet, dein Gesicht und dein Bauch waren zerfetzt, die Gedärme hingen heraus, und nun sieh dich an, du lebst! Bitte, ein Foto! Ein Wunder! Du lebst!“

      Aber ich – ich verstand das alles damals nicht, und ich dachte, ich komme nie wieder nach Hause. Ich konnte mit meinem Luftröhrenschnitt im Hals nicht sprechen und Panik überflutete meine Seele …

      Ali, mein Bruder, und Hussein, mein Cousin 2. Grades, waren zu dieser Zeit immer noch auf der Suche nach mir, nach meinem Leichnam. Erneut flehten und weinten sie: „Wir wissen, Hady lebt nicht mehr, aber wir wollen seinen Leichnam finden, damit wir ihn begraben können.“

      Ein Dolmetscher hatte Mitleid mit ihnen. Bei den Leichen sei kein Hady, er würde bei den schwer Verletzten noch einmal suchen. „Hady Jako!“, rief er die Verletzten an. Doch wie sollte ich jetzt ohne Stimme und mit Luftröhrenschnitt antworten?! Wild gestikulierend deutete ich das Schreiben in der Luft an und erhielt bald einen Stift. Dann schrieb ich in lateinischer Schrift, so dass es lesbar für Amerikaner war: ‚Hady, Hady Jako.‘ Doch er glaubte mir nicht – diesem verwirrten Opfer – und lies mich auf Arabisch schreiben: ‚Ich bin Hady Jako!‘ „Hady Jako?“, sprach der Dolmetscher erstaunt. ‚Jaaa‘ rief ich durch heftiges Kopfnicken und dabei schrie ich innerlich so laut ich konnte. Da lief der Mann fort.

      Ich weiß heute nicht mehr, ob er mir etwas von der Suche meiner Familie erzählte. Ali und Hussein aber wurden erlöst. „Ich habe ihn gefunden!“, rief der Dolmetscher ihnen zu; übermorgen dürften die beiden mich besuchen; ihr Bruder werde überglücklich sein, sie zu sehen! Unvorstellbar war es: zwei Tage lang warten. Zwei volle Tage lang! Wie werden sie wohl sehnsüchtig die Stunden gezählt haben! Endlich wurde mein Bett vorbereitend mit Vorhängen umstellt – so bot man uns ein wenig persönliche Atmosphäre.

      Dann waren Ali und Hussein tatsächlich da. Stürmisch umschlangen wir uns; wir hielten uns ganz fest umarmt und schluchzten und lachten minutenlang. Dann, langsam, setzten sie sich zurecht und berichteten mir, was geschehen war. Ein Selbstmordattentat vor der Kaserne hatte es gegeben; ich sei eines der Opfer. „Und die anderen, wo sind die anderen?“, wollte ich wissen. Sie seien zu Hause und bei der Arbeit, antworteten sie mir. Mein Kopf schien vor Schmerz zu platzen, alles drehte sich. Eine Mischung aus Schmerzen, Medikamenten und verwirrten Gefühlen trug mich erneut davon.

      In den nächsten Tagen war eine weitere Operation geplant. Wieder verlor ich viel Blut; die Bettwäsche war durchnässt. Mein Alltag bestand aus Warten von einer Wundversorgung bis zur nächsten. Sehr, sehr langsam besserte sich mein Zustand. Nach Wochen hieß es, ich könne nach Hause und zwar ohne Verlegung in ein irakisches Krankenhaus!

      Das hatte mein Bruder zum Glück verhindern können. Denn in irakischen Hospitälern wurden Patienten, die von Amerikanern behandelt worden waren, sogleich getötet. Überlebende Zeugen des Bombenterrors und von den Amerikanern Gerettete wollte man nicht haben! Das hatten wir gewusst; das hatten wir schon in der direkten Nachbarschaft erfahren müssen. Dort war ein Bekannter nach einem Verkehrsunfall von Amerikanern gerettet und in ein irakisches Krankenhaus gebracht worden. Doch hier war er sofort getötet worden. Unfassbar! Mein Bruder hatte also gut aufgepasst und nicht zugelassen, dass ich in ein irakisches Krankenhaus verlegt wurde. So konnte ich dem Tod erneut entrinnen.

      Zu