Название | CORONA - Lasst sie sterben, wo sie sind... |
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Автор произведения | Werner Meier |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347112346 |
„Teufel, der braune Sumpf blubbert längst in die Mitte unserer Gesellschaft. Auf die nächsten Morde a la NSU und noch schlimmere können wir warten, die kommen so sicher wie das Amen in der Kirche.“
Hatte Fritz mir prophezeit. Dann passierte Christchurch. Weit weg in Neuseeland, beruhigten sich viele, und sogar nach dem Mord an Lübcke mitten unter uns immer noch mit einem rechtsradikalen Einzeltäter. Dann passierten Halle und Hanau. Unsere beiden selbsternannten Christparteien vergaßen, dass sie das Wuchern des Unkrauts mit gedüngt hatten. Flugs stellten sie die Pilatusbecken auf und wuschen ihre Hände in Unschuld.
Meine Tante Martha war auf ihrem alten Gaul Moses als Heiligbrücks Gespensterfrau nur mit weißem Nachthemd bekleidet vors Rathaus geritten, hatte durch ein Megafon lautstark das Böse dort drinnen geflucht. Max-Josef Bärlochhauser. Den Sie einen gewissenlosen Hetzer schimpfte, dem man das große C im Namen seiner Partei um die Ohren hauen sollte. Eine Polizeistreife hatte sie vom Ross geholt und Tantchen zwei Stunden in der PD verbringen müssen. Seit er sie bis vors Rathaus getragen hatte war auch der alte Warauchmalhengst eine lokale Berühmtheit. Inzwischen war Moses in den Pferdehimmel getrabt. Ich war froh, dass Tantchen nicht auf einem Besen vors Rathaus geritten war. Als eine der drei Oberhexen von Heiligbrück. Ich hatte ich sie damit aufgezogen.
„Du tanzt also mit deinen Hexenschwestern im Mondlicht und Morgentau nackert über feuchte Wiesen, reißt Unkraut aus und murmelst Beschwörungsformeln.“
„Neffe, bremse deine Fantasien. Wir reißen kein Unkraut aus, wir murmeln keine Beschwörungsformeln und tanzen nicht nackt übers feuchte Gras, weder im Mondlicht noch im Morgentau. Jedenfalls nicht miteinander.“
Ein Bußgeld von 800 Euro wegen Störung der öffentlichen Ordnung war Tantchens Ritt hinterhergekommen. Die sie an eine gemeinnützige Organisation überweisen durfte, weswegen sie die Buße klaglos hingenommen hatte und das Geld an Unicef überwiesen. Bärlochhauser hatte sie als „Heiligbrücks verrückte alte Hexe“ bezeichnet und der Kasperl das fett in einer Schlagzeile verbraten. Wäre ich noch bei der Zeitung gewesen, hätte ich spätestens da den Watschenbaum auf den Kasperl fallen lassen. Aber das hatte ich bereits erledigt. Nachdem er sich frisch zum Redaktionsleiter berufen in einer Konferenz dazu herausgefordert gefühlt hatte, vor allen anderen meine Sippe zu verunglimpfen.
„Es ist kein Geheimnis, wie Sie zu unserem Oberbürgermeister stehen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm Ihrer linksradikalen Tante.“
Oha.
„Es ist auch kein Geheimnis, dass Sie der Kasperl im Arschloch vom Oberbürgermeister sind. Und meine linksradikale Tante ist sechsundsiebzig, mischt Teekräuter und kocht Marmelad ein. Wie kriegens das hin, dass Ihr Darm sich durchs Maul entleert?“
„Zum Chef, sofort!“
Hatte mich Chefsekretärin Rosel Ranzinger zwei Minuten danach per Telefon barsch aufgefordert und mich oben wortlos durch die offene Tür gewinkt, wo der Kasper mir meine Kündigung ansagte. Worauf ich ihm die Füße vom Schreibtisch gewischt hatte. Worauf mir sein Gesicht entgegengekommen war. Eine Einladung, die ich nicht hatte ausschlagen können. Eine Verkettung glücklicher Umstände. Ich hatte ihm eine aufgestrichen, die Ranzinger als Zeugin in der offenen Tür gestanden, ich beim Rausgehen einen Zwischenstopp vor ihr eingelegt.
„Sie sollten an Ihrem Charme arbeiten, bevor Sie Leute hochzitieren.“
Eine Minute später ließ der Kasperl mich per Telefon von ihr auffordern, umgehend das Haus zu verlassen. Zwei Tage danach folgte mir per Einschreiben die fristlose Kündigung durch die Verlegerin persönlich, und ein Richter verdonnerte mich zu 40 Tagessätzen plus Aggressionstherapie.
Ja, ich fuhr argwöhnisch durch die Stadt.
The Moody Blues schmolzen jetzt aus meinem Autoradio.
„Nights in white satin, never reaching the end..."
Der Flachleger aus meinen glorreichen Zeiten spülte jetzt bloß eine Heiligbrückdepression in mir hoch.
„Hübsch hässlich habt ihr´s hier.“
War mir nach meinem Umzug Rühmanns alter running Gag als Pater Brown eingefallen. Keine großen Seen, oder Berge verkitschten Heiligbrück und sein ödes Umland zur Postkartenlandschaft. Die weltumarmenden Willkommensplakate des Fremdenverkehrsamts hatten auf mich eher trotzig aufgestellt gewirkt. Das Elend war von den Stadtgranden jedenfalls nicht gemeint gewesen, aber im Frühjahr 2016 auf einmal da und kratzte den Lack von der krachledernen Idylle. Plötzlich brachte der Ausländer nicht mehr bloß sein Geld, oder im Wirtshaus das Bier an den Tisch. Und von weit unten an der Basis durften Eingeborene plötzlich ins Fernsehen.
Hoppala, hatte ich gedacht, Pegida im Trachtenlook.
Mit