Nira und der Kristall des ewigen Wassers. Elchen Liebig

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Название Nira und der Kristall des ewigen Wassers
Автор произведения Elchen Liebig
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783347082724



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es hörte ja keiner auf mich. Ich hatte mich sofort neben deine Wiege gelegt und für dich geknurrt. Ich sah ihre grässlichen langen Schrumpelfinger, deren Nägel so schwarz waren wie die Nacht. An ihrem rechten Mittelfinger trug sie einen großen goldenen Ring, auf dem winzige grüne Steine vier Schlüssel formten. Oh man, die war so häschlich, die Alte!“ Berry schüttelte sich und legte seine linke Pfote auf Niras Arm. „Und, dann sah sie dich in der Wiege liegen. Trat dort hin und schaute dich an. Zum Glück hast du geschlafen. Deine Mamo und dein Papo wollten sie von dir fernhalten, aber dein Groschpapo sagte ihnen, es sei alles in Ordnung. Dann sah ich, dass sie einen Holzstab aus ihrem Umhang hervorholte, aus dem Tausende funkelnde Sterne herausschossen. Das alte Weib starrte mich an, bückte sich zu mir herunter und tippte mit ihrem Funkelstab auf meinen Kopf. Mit ihrer tiefen, rauchigen Stimme nannte sie mich Vierbein. Ja ja, so hatte sie mich genannt, die palöde Alte“, grunzte Berry beleidigt und Nira kicherte. „Ja wirklich, Nira. Erst hatte ich mich ganz schön erschreckt bei ihrem Anblick und dann besaß sie die ungeschämte Frechelichkeit mich Vierbein zu nennen. Na, ist auch egal. Ich musste ihr dann versprechen, immer auf dich Acht zu geben, und dich behüten wie wie …!“ Berry überlegte kurz. „Wie, mein Fressteller oder so ähnlich. Als wenn ich das nicht immer hätte tun wollen. Und dann sagte sie, es wird der Tag kommen, an dem ich es dir aufsagen muss.“ „Was aufsagen, Berry?“, fragte Nira. „Na, ich wusste auch erst nicht, was sie meinte. Aber dann … Dann mit einem Mal kroch grüner Rauch statt der schönen Sterne aus ihrem Stab, der direkt in meine Ohren und in meinen Kopf drang. Ich hörte viele Worte, die wie ein Gedicht klangen, was ich aber nicht so schnell verstand.“ Berry kratzte sich kurz an seinem schwarzen Ohr und legte dann seine Pfote auf Niras Bein. „Das klingt ja unheimlich“, flüsterte Nira ganz aufgeregt. „Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Ich habe mich geschüttelt und geschüttelt, bis sich alles drehte, aber die Worte gingen bis heute nicht mehr aus meinem Hirn.“ Berry tippte sich mit seiner Pfote an den Kopf.

      „Wie, wie ein Gedicht klang das. Danach ist das alte Weib wieder hinfort gegangen. Deine Eltern waren ganz verangstlicht und dein Groschpapo hoffte, dass dem Dorf niemals ein Leid zugefügt werden würde, wenn du einmal die Auserwählte bist.“ Berry gähnte, denn allmählich wurde er müde. „Hat Großpapo auch schon einmal das Dorf retten müssen?“, fragte Nira. Berry nickte. „Ja, das hat er und er wird dir eines Tages bestimmt davon erzählen“, antwortete Berry. „Aach, da bin ja mal gespannt. Aber Berry, warum muss ich denn ausgerechnet die Auserwählte sein? Es hätte genauso gut auch Jo sein können“, fragte Nira. „Das weiß gar niemand und dein Groschpapo hat keinen Einfluss darauf, wer der Nachfolger ist. Ich weiß nur, dass es noch nie ein Mädchen war.“ „Und, du hast das Gedicht nach wie vor im Kopf, Berry?“ „Oh ja, es schwirrt immer noch da oben drin“, antwortete Berry und tippte sich wieder mit der Pfote an die Stirn. „Kannst du es mir aufsagen?“, fragte Nira leise. Berry stöhnte. „Ich habe es befürchtet, dass du mich das jetzt fragst.“ Berry legte seinen Kopf schräg zur Seite und seufzte tief. Er schaute Nira in die Augen und robbte dichter an sie heran. „Meine kleine Nira, jetzt ist die Zeit gekommen, an dem du alles erfahren sollst. Ich muss mich aber sehr kotzschtruieren, um die Worte in der richtigen Reihenfolge aufzusagen!“ Nira kicherte. „Hihi … Berry, das heißt konzentrieren. Komm, das schaffst du schon“, flüsterte Nira ungeduldig. „Na gut, aber nicht erschrecken. Ich weiß nämlich nicht, was mir dabei passiert. Und bitte versuche dir das Gedicht so gut es geht, zu merken. Das ist sehr wichtig für dich!“, sagte Berry und Nira nickte. „Mache ich, Berry.“ Berry stöhnte. Ihm war gar nicht wohl zumute. „Mir ist schon ganz grummelig im Bauch. Aber egal, dann leg ich los. Es geht so!“ Berry hob seinen Kopf hoch. Seine Augäpfel rollten sich und dann schloss er seine Lider. Er öffnete sein kleines Maul und hellgrüne, linienförmige Nebelschwaden krochen langsam daraus hervor. Nira erschrak und hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzukreischen. Sie hatte Angst um ihren kleinen Freund und ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Eine tiefe, raue Stimme, die das Gedicht aufsagte, erklang aus Berrys Maul. Auch war es zittrig, im grünen Nebel zu lesen.

      „Die vier Welten der Himmelsmächte öffnen dir die Tore, mein Kind!

      Zu holen sind dort Schätze der Natur!

      Heilung und Kraft, Seele und Herz,

      nur sichtbar und kostbar für dich,

      für andere nur Wind und Schmerz!

      So sprich ab heut auch mit Pflanz und Tier, die zu dir stehen mit Rat und Tat.

      Sei herzlich bei uns und verfall nicht der Gier, nur so erhältst du unsere Saat!

      Doch sei auf der Hut das Böse schläft nie,

      nur mit Liebe und Wehr erschreckst du sie!

      Begrüßt seist du in unseren Welten und nehme sie an unsere helfende Hand,

      ab heut hast du mit uns ein ewiges Band!“

      Kaum waren die Worte und der grüne Nebel aus Berrys Maul erloschen, flatterte wie aus dem Nichts ein hellgrünes Blatt Papier auf Niras Bett. Wo kommt das denn plötzlich her? Noch sehr aufgeregt von dem, was eben mit Berry passiert war, nahm Nira es staunend an sich. Wie Sonnenstrahlen erhellten sich die Buchstaben, die auf dem Blatt Papier zu sehen waren. Sie las sie hastig und stellte fest, dass es genau das gleiche Gedicht war, was sie aus Berrys Maul hörte. Schnell legte sie es auf ihre Kommode, als Berry seine Augen wieder öffnete und fürchterlich zu husten anfing. „Donnergeschrei, was für ein genebelter Kram aus meinem Maule. Puhha … päh … päh …!“ Berry keuchte fürchterlich. „Du armer, armer Berry.“ Nira klopfte sachte mit ihrer Hand auf seinen Rücken. Nachdem sein Husten sich beruhigt hatte, legte Berry seinen Kopf wieder auf Niras Beine und stöhnte laut. „Mmh… puh. Das hätte mir die häschliche Alte ersparen können. Aber für dich tu ich alles, Nira. Hast du denn alles gehört und auch lesen können?“, fragte Berry, der völlig erschöpft war. „Ja habe ich, Berry. Ist mit dir alles in Ordnung? Ich habe mir eben ganz schön Sorgen um dich gemacht.“ „Das brauchst du nicht. Mir geht es gut, aber können wir morgen weiterreden? Ich bin so müde!“, gähnte Berry laut. „Ja natürlich“, antwortete Nira besorgt und kraulte ihn sanft hinter den Ohren. Der arme Berry, was für eine Anstrengung musste das eben für ihn gewesen sein. Als er seine Augen zum Schlafen schloss, legte Nira seinen Kopf vorsichtig zur Seite. Sie hatte gar keine Gelegenheit mehr gehabt, Berry von dem angeflogenen Blatt Papier zu erzählen, weil er so schläfrig wurde. Wie konnte das angehen, dass ein beschriebenes hellgrünes Papier einfach in das Zimmer geflogen kam. Nira schüttelte verwundert den Kopf. Sie nahm es noch mal an sich und las es sich mehrere Male durch. Sie fragte sich, ob es wichtige Regeln seien, wie man sich in den vier Welten zu verhalten hatte und was war damit gemeint, das Böse schläft nie. Hört sich nicht gerade erfreulich an. „Es scheint ja so, dass ich wenigstens bei denen willkommen bin“, murmelte sie leise. Am liebsten hätte sie Berry geweckt, um ihn danach zu fragen. Nira nahm sich für den nächsten Tag vor, mit Berry und auch mit Großpapo darüber zu sprechen. Wenn das Gedicht von so einer Wichtigkeit war, würde ihr auf jeden Fall Großpapo etwas dazu sagen können, sofern Berry keine genaue Antwort darauf wusste. Auch fragte sich Nira, in welcher Welt das alte Weib wohnte. Hoffentlich nicht in der Nördlichen, denn wenn sie so grässlich aussah, wie Berry sie beschrieben hatte, wollte sie ihr nur ungern begegnen. Nira legte das Blatt Papier in die Schublade ihrer Kommode und pustete die Kerze aus. Ihr bester Freund schlief bereits fest und sie hörte ihn gleichmäßig schnorcheln. Dem Mondlicht zugewandt, kuschelte sie sich fest in ihre Decke. Aufgeregt von dem, was sie erwartete, lag Nira lange wach. Ständig musste sie über das Gesagte ihres Großpapos und über das Gedicht nachdenken. Und niemals hätte sie gedacht, dass sie eines Tages so eine große Verantwortung übernehmen musste. Ihr wurde schwer ums Herz. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie sich nicht auf ihren Geburtstag freute. Ihre Müdigkeit wurde stärker als ihre Angst und ihre Ungewissheit und so schlief auch sie tief und fest ein.

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