Nira und der Kristall des ewigen Wassers. Elchen Liebig

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Название Nira und der Kristall des ewigen Wassers
Автор произведения Elchen Liebig
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783347082724



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sich unter die Zunge. „Berry weiß von nichts“, lachte Berry und schüttelte mit dem Kopf. „Was hatten wir eben für ein Glück, das wir nicht erwischt worden sind“, sagte Nira immer noch etwas außer Atem. „Du meinst wohl, dass du nicht gewischt wurdest. Was treibst du dich um diese Zeit heimlich bei deinem Groschpapo herum und laust?“, brummte Berry noch immer vorwurfsvoll. „Wie gut, dass du wegen zu doller heißer Luft und Wassernot morgen schulfrei hast“, fügte er hinzu. „Ja ich … pscht…!“ Nira kam nicht mehr dazu, Berry eine Antwort zu geben, denn sie hörte ihre Eltern und Jo in Haus hereinkommen. Die drei unterhielten sich leise in der Küche. Berry kroch aus der Schlafdecke hervor und sein schwarzes Schlappohr schoss in die Höhe. Auch Nira setzte sich kerzengerade in ihrem Bett auf. Beide bemühten sich sehr etwas, von dem Gespräch ihrer Familie mitzuhören, aber außer dem Schnäuzen ihrer Mamo verstanden sie kein einziges Wort. Es kam Nira wie eine Ewigkeit vor, bis Tante Nele sich verabschiedete und sich ihre Mamo, ihr Papo und ihr Bruder Jo zur Ruhe begaben. „Es ist still unten im Haus. Ich glaube, sie sind ins Bett gegangen. Jetzt können wir reden, Berry. Aber warte mal, ich mach uns noch ein Kerzenlicht an“, flüsterte Nira aufgeregt. Schnell nahm sie ihre Streichholzschachtel aus der Schublade ihrer Kommode und zündete die Kerze an. Berry legte seinen Kopf auf Niras Beine. „Also, nun erklare mir mal, warum du deiner Familie heimlich nachgeschnüffelt hast. Du hättest auf mich warten müssen. Was wäre bloß passiert, wenn der Dieb auch dich gestohlen hätte?“ Nira streichelte ihren kleinen Freund hinter den Ohren. „Ja, ich weiß, aber du warst vorhin einfach verschwunden. Und da du auch nicht hier warst, konnte ich dir nicht erzählen, dass Mamo, Papo, Jo und Tante Nele heute Abend noch zu Großpapo gehen mussten. Und stell dir vor Berry, ich durfte nicht mit!“ Nira regte sich schon wieder innerlich darüber auf. „Dabei werde ich morgen schon 10 Jahre alt! Was sollte ich also tun? Einfach hier herumliegen und darüber nachgrübeln, warum das so ist? Das hätte ich nicht ausgehalten. Das kannst du doch verstehen, oder?“ Berry stieß einen kleinen Seufzer aus und hörte Nira weiter zu. „Darum beschloss ich, ihnen hinterherzugehen, um heraus zu bekommen, was sie vor mir verheimlichen. Und wo hast du überhaupt die ganze Zeit gesteckt?“ Berry setzte sich auf, um Nira ins Gesicht zu sehen. „Ich habe versucht, den Dieb zu finden. Um jedes Haus, ach was sage ich … überall im ganzen Dorf schnüffelte ich herum. Mein Ohr habe ich gespitzt, aber nichts, aber auch gar nichts war zu hören oder zu finden, außer traurige Gesichter. Eine Schande ist das. Na ja, dann war ich zufällig bei der Kräutermillie und da sah ich, wo sie die übrigen Tröpfellis versteckt hält. Ich glaube, die will sie alle für sich haben. So eine Frechelichkeit! Aber da mach ich ihr einen gehörigen Schitt drauf … äh … oder so ähnlich“, sagte Berry und schüttelte verständnislos mit dem Kopf. „Frechheit heißt es, Berry!“, unterbrach Nira ihn. „In Ordnung, aber nun, meine Kleine, erzähle mir, was du am Fenster erlausen konntest. Ich bin schon sehr gespannt.“ „Oh Berry! Viel konnte ich hören, aber verstanden habe ich nicht wirklich etwas. Ich hatte es schon erahnt, dass sie von dem gestohlenen Wasserkristall sprechen werden. Aber dass ich die Einzige bin, die einen neuen Kristall beschaffen kann oder eher gesagt muss, kann ich wirklich nicht glauben. Großpapo will mit mir morgen Abend darüber reden. Aber wieso ausgerechnet ich?“ Nira schossen Tränen in die Augen und sie wurde immer aufgeregter. Stück für Stück fiel ihr alles wieder ein. „Berry, ich muss in den Wald, wo es doch bestimmt sehr dunkel und gruselig sein wird. Stell dir vor, Großpapo sagte, ich müsse in die nördliche Welt reisen. Nur ich sei in der Lage, das Dorf zu retten! Und dann … Und wie gut es ist, dass ich mit allen Tieren sprechen kann. Das stimmt ja auch, und ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht. Ach Berry, wäre es nicht so, dann hätte ich dir das alles gar nicht erzählen können.“ Nira wurde es in dem Moment bewusst, wie dankbar sie dafür war und gab Berry einen Kuss auf die Nase. „Berry, stell dir mal vor, sie wollen mich allein in die nördliche Welt gehen lassen und ich weiß überhaupt nicht, was mich da erwartet. Ist es sehr gefährlich? Und wer bitte schön ist das alte Weib, die die …!“ Nira fing an zu schluchzen. „Ich verstehe das alles nicht. Nie hat mir irgendjemand etwas darüber erzählt, dass ich eine Auserwählte bin. Wenn ich Großpapo oder die anderen fragte, was ein Auserwählter des Dorfes zu tun hat, sagten sie immer, ich sei noch zu klein, um darauf eine Antwort zu bekommen. Und jetzt fragen sie mich nicht einmal, ob ich es überhaupt sein will!“ Niras Stimme versagte und große Kullertränen rollten über ihre glühenden Wangen. Berry legte tröstend eine Vorderpfote auf ihre Schulter. „Och … Kleines, du bist ja ganz durchgewirbelt. Ich kann deine Aufregung gut verstehen, drum lass mich mal erklaren das Ganze.“ „Erklären, meinst du wohl!“, schniefte Nira und wischte ihre Tränen an der Bettdecke ab und wurde plötzlich hellhörig. „Oh, du kannst mir das alles erklären, Berry? Du weißt von alledem? Und wieso ich nicht?“ Nira war verblüfft und wunderte sich. Eigentlich hatte Berry ihr doch immer alles erzählt. Berry versuchte sie zu beruhigen. „Nira, du warst bisher zu jung. Dein Groschpapo hätte dir alles anvertraut und dich auf alles vorbereitet, aber er wollte eben noch ein paar Jahre damit warten. Die Zeit als Auserwählter ist für deinen Groschpapo erst seit Kurzem beendet. Und so oft kommt es nicht vor, dass wir hier in einer geklemmten Patsche sitzen. Deshalb sei ihm nicht bös darüber.“ Berry stupste sie kurz mit seiner Schnauze. „Beruhigst du dich jetzt, Nira? Und soll ich weiter erklaren?“ Nira nickte und wischte sich mit ihrem Handrücken die letzten Tränen ab. „Also gut, fangen wir damit an, als du noch ein Baby warst und von den vier Himmelsmächten auserwählt wurdest, um unser Dorf vor Unheil zu schützen. Deshalb kannst du auch mit uns Tieren und den Pflanzen sprechen. Wie dein Groschpapo. Du musst mit den Blumen und mit den Bäumen mal ein Pläuschchen halten. Das ist sehr luschtig, hähähö.“ Berry prustete in seine Pfote vor Vergnügen. „Sehr lustig, Berry. Mir ist gerade gar nicht zum Lachen. Aber na ja … Kann schon sein. Fand sie immer nur sehr schön“, antwortete Nira. Berry sprach weiter. „Da kommst du auch noch dahinter. Alles braucht eben seine Zeit. Und jetzt zum Wasser, was wir bald nicht mehr haben werden, wenn wir nicht so schnell wie möglich einen Wasserkristall bekommen. Wie du ja weißt, haben wir alle schon seit längerer Zeit das Wasser gepaart, aber jetzt ist eben Schluss.“ „Du meinst gespart“, unterbrach Nira ihn. Berry rollte genervt mit den Augen. „Nun ja, wie dem auch sei. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir hier so eine getrocknete Zeit hatten und der Dorfbrunnen, wie du weißt, fast geleert ist. Wenn wir bald kein Wasser mehr haben, müssen wir alle austrocknen.“ „Du meinst Verdursten. Oh … Berry, wie schrecklich!“, redete Nira dazwischen. „Habe ich doch gesagt“, wuffte Berry leise und fuhr fort. „Die Felder verdröhen, das Gemüse ist geschrumpelt und der Bäcker kann mir keine Kekse mehr packen und das nur, weil unser Kristall des ewigen Wassers verdiebt wurde“, seufzte Berry. Nira überlegte kurz. „Backen und gestohlen meinst du wohl“, verbesserte sie ihn wieder und stöhnte. „Mmh … Das stimmt. Die Wiesen und Felder sind mittlerweile so trocken, dass es sehr unangenehm ist, wenn man barfuß darüber läuft. Was soll denn nur jetzt werden?“ Nira seufzte und ihr stiegen erneut die Tränen hoch. „Nicht weinen meine Kleine. Aber du siehst jetzt deutlicher, wie dringend wir dich brauchen, auch wenn es dir zu schnell geht, weil alles neu ist. Es wird höchste Zeit, dass wir handeln. Bis es zwischen der Sonnenzeit und der Schneezeit regnet, ist es noch lange hin, zumal es nur von kurzer Dauer ist.“ Berry stupste sie liebevoll. „Na und außerdem bin ich immer bei dir. Wird alles gut versprochen!“ Nira umarmte ihren kleinen Freund. Sie war so froh, mit diesen vielen Neuigkeiten nicht allein zu sein. „Du begleitest mich? Danke, Berry. Aber wie geht es denn jetzt weiter?“ „Dazu komme ich gleich. Ich will dir jetzt erst einmal erklaren, was das alte Weib damit zu tun hat“, sagte Berry und gähnte. „Ach ja … wer ist sie?“, fragte Nira. Sie wischte sich mit ihrem Handrücken eine Träne weg und hörte Berry gespannt zu. „Das weiß ich auch nicht so genau. Ich denke aber, dass sie eine von den vier Himmelsmächten ist. Also, es war an einem kalten Schneezeitabend. Du warst noch ein Baby und lagst eingekuschelt in deiner Wiege. Ein Schneesturm fegte pfeifend ums Haus. Deine Eltern und dein Groschpapo saßen gemütlich in der Küche am warmen Ofen, als es an der Tür klopfte. Verwundert ging dein Groschpapo zur Tür und ließ eine fremde, häschliche alte Frau herein, die darum bat, sich nur ein bisschen aufwärmen zu dürfen. Dein Groschpapo wusste wohl gleich Bescheid und hat ganz erschrocken geguckt. Ein langes schwarzes Kleid trug sie und darüber einen dunkelroten Umhang, der den Fußboden der Küche sauber wischte. Hihihihö.“ Berry wackelte mit seinem Kopf hin und her vor Lachen und seine Pfote lag auf seiner Schnauze, damit er nicht zu laut wurde. Nira kicherte