Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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Nachrichtenmagazin „Newsweek“ lanciert? Aber auch das scheint nichts Besonderes in diesem so PR-süchtigen Land. Nein, da musste einfach mehr passiert sein, um ... „Was ist los? Du wollen Ärger?“

      Er hat gepennt, ist mitten in die auf dem Bürgersteig hockenden Hütchenspieler rein gerannt. Sieht sich plötzlich von schwarzlockigen Jugendlichen umringt, deren böse zusammengekniffene Augen nichts Gutes erwarten lassen. Schon blitzt eine Messerklinge im Sonnenlicht, als eine Hand ihn am Arm packt und eine bekannte Stimme in barschem Ton „Volkspolizei! Ausweise, aber dalli!“ ruft. Binnen Sekunden hat sich der Straßenspuk in alle Himmelsrichtungen verflüchtigt.

      *

      „Na, Sie haben Nerven! Wollen Sie sich mit denen anlegen?“

      Oberleutnant Engel zieht ihn schnell auf die andere Straßenseite hinüber, wo der MUK-Wartburg leise Zweitakt-Wölkchen von sich gibt.

      „Da haben Sie aber Glück gehabt. Wenn Sie ins Präsidium wollen, kann ich Sie direkt mitnehmen!“ Mit einiger Verwunderung stellt Benedict fest, dass der Oberleutnant der MUK den Dienstwagen in den letzten Tagen zu einem Privat-Taxi umfunktioniert zu haben scheint. So ganz unglücklich ist der Hauptkommissar darüber im Moment aber nicht.

      „Haben Sie’s dabei?“, empfängt ihn Meißner und zeigt Erleichterung, als Benedict ihm den Umschlag mit dem Gutachten der Charité auf den Schreibtisch legt.

      „Und?“, meint er, nachdem er ihn wieder in einem Aktenschrank aus Stahl verschlossen hat.

      „Tjaaa ...“, erwidert Benedict lang gedehnt und reibt sich das Kinn.

      „Ist doch wohl eindeutig! Tod durch Ertrinken ohne Fremdverschulden!“

      „Ja, sieht danach aus ...“

      „Aber?“, runzelt der MUK-Leiter die Stirn.

      „Na ja, einige Formulierungen lassen ja doch Platz für gewisse Spielräume und ...“

      „Wollen Sie etwa ein Gutachten von Prof. Gropol anzweifeln? Der Mann ist eine internationale Kapazität auf seinem Gebiet!“

      Ja, so ähnlich hatte er das heute schon mal gehört. Fast das gleiche hatte Prof. Fenner am Telefon geäußert. Musste es aber deshalb richtig sein?

      „Wissen Sie, Herr Meißner, wir haben da in der Vergangenheit auch schon gewisse Erfahrungen mit Gutachten aus dem... Osten gemacht. Ein Leipziger Professor, auch so eine .Kapazität', hat ein nachweislich falsches Gutachten erstellt. Natürliche Todesursache, Herzschlag. Dabei war der Mann, ein BRD-Bürger, an einem DDR-Grenzkontrollpunkt von ... Ihren Leuten brutal misshandelt worden. Also, Sie werden verstehen, dass ich auch dieses Gutachten mit... einer gewissen Zurückhaltung zur Kenntnis nehme. Wie übrigens auch so manches unserer Gutachten im Westen!“

      „Finden Sie nicht trotzdem, dass Sie sich da ein bisschen verrennen?“ Meißners Finger trommeln nervös auf der Schreibtischplatte herum. „Was macht denn eigentlich Ihr ... Nebenfall?“, fragt er

      schließlich mit dem Versuch, Spott anklingen zu lassen.

      „Ach, das geht seinen Gang ... wie ist es denn zu den im Gutachten erwähnten canutoschen ,Probierschnitten' an Dean Sangers Unterarmen gekommen? Haben Ihre Ermittlungen dazu damals was ergeben?“

      „Sie wollen das Offensichtliche wohl nicht wahrhaben, was? Dean Sanger hatte in seinen letzten Jahren ziemliche Probleme gehabt. Überwiegend privater Natur. Vielleicht ja auch mit der DDR, aber da kann ich nichts drüber sagen. Meistens ging’s da um Frauen. Eifersucht. Kurz vor seinem Tod hat er versucht sich umzubringen. Mit einer Machete aus seinem Privatbesitz. Ziemlich laienhaft und uneffektiv das Ganze und demonstrativ vor Publikum. In seinem Haus in Rauchfangswerder. Soll eine reichlich hysterische Angelegenheit gewesen sein. Also, es gab genügend Zeugen dafür, falls Sie das auch anzweifeln wollen!“

      „Nein, nein. Ganz sicher nicht, wenn Sie das so genau wissen!“

      „Übrigens, was ich Ihnen da am Sonntagabend gesagt habe, eine gewisse Person betreffend, das habe ich ziemlich ernst gemeint, Herr Benedict!“

      Auch Benedict hatte Meißners Worte vor dem VP-Heim noch lange nachwirken lassen und sie durchaus nicht auf die leichte Schulter genommen. Eingedenk dessen hatte er auch Engels süffisant gestellte Frage, eben auf der Fahrt ins Präsidium, „Na, wandeln Sie noch immer auf den Spuren unseres sozialistischen Sangesbarden aus Amerika?“, mit angelegentlichem Schweigen beantwortet.

      „Ja natürlich, aber ich verstehe nicht..."

      „Nu, weil Sie heute offensichtlich schon wieder mit dieser Person zusammen waren, oder?“

      „Der hat mich rein zufällig in der Nähe vom Alex aus einer ziemlich bedrohlichen Situation befreit. Wäre fast mit einer Bande Hütchenspieler aneinander geraten.“

      „Ich will ja gar nicht fragen, was Sie da zu suchen hatten, aber ... was hat der Engel da gemacht?“

      „So wie er sagte, zwecks Aufklärung.“

      „Ach ja?“, sagt der Ost-Kommissar und fügt mit einem warnenden Unterton in der Stimme noch hinzu: „Ich kann Ihnen versichern, dass diese Art von Aufklärung auch unter den neuen Verhältnissen nicht in den Aufgabenbereich der MUK fällt, Herr Benedict!“

      8

      „Na ja, wie war das 1973 ... aus Anlass der Weltfestspiele wurde eine Zentrale Fahrbereitschaft gebildet. 120 Fahrer. Ich war damals beim Handelsministerium funktionsgebundener Kraftfahrer und wurde da eben abgestellt.“

      Ullrich Theuerkorn fällt das Reden sichtlich schwer. Sicher nicht, weil es um seine Zeit mit Dean Sanger geht, sondern wohl hauptsächlich deshalb, weil Eloquenz nicht zu den Qualifizierungsvorgaben seines bisherigen Berufswegs gehörte. Aber auch Benedict rutscht unbehaglich in dem tiefen Sitzmöbel der Marianne Theuerkorn hin und her. Schon bereut er, dass er sich nachmittags von ihr zu diesem Besuch hat breitschlagen lassen.

      „Mein Mann“, hatte sie mit fast verschwörerischer Miene gesagt, „hat Dean Sanger während der Weltfestspiele als persönlicher Fahrer zur Verfügung gestanden! Der kann Ihnen bestimmt noch interessante Sachen erzählen!“

      Obwohl er sich nichts von irgendwelchen persönlichen Anekdötchen des Kraftfahrers versprach, hatte er ihrem drängenden Blick nicht widerstehen können und sich im abendlichen Halbdunkel zu dieser Altbauwohnung an der Greifswalder Straße durchgefragt.

      „Und ...?“, ermuntert er schließlich den kleinen Mann mit dem schütteren Blondhaar und nimmt einen höflichen Schluck aus dem Glas mit dem zu süßen Rotwein.

      „War ja ’ne ganz große Sache damals. Vorher große Belehrung in der Fahrbereitschaft des Ministerrates, in der Klosterstraße. Hauptsächlich von der VP-Verkehr und dann ... die wohnten ja alle im Hotel Stadt Berlin, und da gab’s dann jeden Tag um 8Uhr nochmal Belehrung. Da waren dann auch die Leute vom MfS und welche vom ZK dabei. Wie gesagt, war ’ne ganz große Sache für die Republik!“

      „Erzähl doch mal von Dean, wie er so war! Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen, Ulli!“, drängelt die Theuerkom ungeduldig.

      „Wir waren also immer