Название | Die Legende vom Hermunduren |
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Автор произведения | G. K. Grasse |
Жанр | Контркультура |
Серия | Die Legende vom Hermunduren |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347035836 |
„Eporedorix hieß der Kerl, der Vergobret der Haeduer…“ quetschte der Gefangene zwischen seinen Lippen hindurch und bewahrte sich dadurch vor einem weit größeren Schmerz.
„Wer bist du Germane?“ fauchte der Statthalter.
„Herr…“ schnarrte des Legats Stimme „ …das ist mein Diener!“
„Was macht der Kerl hier? Schick ihn weg! Das geht den Kerl nichts an…“
„Nein!“
„Was bedeutet ‚nein‘?“ Für einen kleinen Augenblick war der Statthalter verunsichert.
„Er ist ein Zeuge!“
„Doch kein Germane, bringe andere Zeugen, oder…“
„Was oder, Herr?“
„… du kannst deine Klage vergessen…“
„Das wagst du nicht, Scribonius Proculus! Nur eine kleine Botschaft und…“ Verginius Rufus ließ den Rest der Worte unausgesprochen.
Sofort war sich Scribonius seines Fehlers bewusst. Dem Germanen die Zeugenschaft zu verwehren und die Klage des Legats im Sande verlaufen zu lassen, wäre zwar seinen Zwecken dienlich, doch auf diese Art nicht ausführbar. Die Drohung des Legats besaß durchaus Gewicht. Er maß diesen Unterstellten mit einem hassvollen Blick und besann sich.
„Welche Anklagepunkte bringst du noch vor?“
„Mein Tod war das Ziel! Das gab der Mann eindeutig zu! Der Tod an deinem Legat, an einem Heerführer der siegreichen Legionen unseres glorreichen Herrschers, des Imperator Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus!“
„Stimmt das?“ Die Frage traf den Gefangenen unerwartet. Bisher war der ganze Ablauf an ihm vorbeigeglitten. Bis auf die Bedrohung durch den Germanen blieb er verschont. Er glaubte zu erkennen, dass Scribonius in ständiger Furcht davor verbrachte, dass er dessen Beteiligung an der geplanten Ermordung erwähnt hatte. Merkwürdigerweise fiel seitens des Legats kein Wort zu seinen Offenbarungen oder gar zu den Treverern… Verstand er richtig, blieb es lediglich ein Überfall von Wegelagerern und nun bot ihm der Legat sogar an, die Kelten als Verursacher des Überfalls zu benennen. Was hatte der Kerl vor?
„Ja, Herr!“ antwortete Julius Tutor.
„Was ja, Herr?“ blaffte der Statthalter zurück.
Julius Tutor begriff, dass er Zeit gewann. Weder der Auftraggeber, noch die Beteiligung des Senats kamen zur Sprache. Die Treverer Auxiliaren blieben ungenannt, lediglich der Tod, des unter der Folter gestorbenen Gefährten wurde erwähnt. Es gab keine lebenden Gefangenen, was wohl nicht so ganz stimmte, aber nur er wusste, wo die Kerle zu finden waren… Alles zeigte in eine Richtung… Der Legat schützte ihn vor Scribonius Rache, falls dieser Verrat witterte… Der Pakt mit dem Legat schien zu halten… und das in dieser Lage. Der Legat spielte ihm alle Vorteile in die Hand. Damit war die Bedrohung von dieser Seite gewichen… Um die Zuneigung des Scribonius konnte er sich zu späterer Zeit Gedanken machen…
„Ja Herr, ich war bei diesem Überfall dabei. Der Tod des Legats war das Ziel. Der Auftraggeber ist ein Haeduer Stammesfürst mit Namen Eporedorix. Ich kenne den Mann.“
„Dann bist du nicht nur ein Wegelagerer, sondern der Vertraute des Haeduer und für den Überfall verantwortlich?“
„Nein!“ schrie der Treverer. „So ist das nicht. Ich bin von Geburt Treverer und sah diesen Haeduer bei einer früheren Begegnung…“ Tutor nutzte seine Möglichkeiten, um von der Anklage abzulenken.
„Dennoch bekennst du deine Schuld?“ Der Statthalter sprach jedes Wort deutlich und alle Worte langsam aus.
„Herr, ein Beutel mit Münzen… Ich bin ein armer Mann und von Unglück geschlagen…“
„Woher weißt du dann von den Auftraggebern? Einem Wegelagerer dürfte dieses Wissen kaum übergeben worden sein…“
„Ich hörte die Anführer darüber streiten, Herr…“ fügte Tutor an.
Plötzlich begriff Gerwin. Die Beiden, Statthalter und Treverer, lenkten ab und bereiteten einen Gegenschlag vor. Dabei lenkte der Treverer den Statthalter. Diese Absicht vollzog sich so geschickt, dass der Statthalter die Überzeugung gewann, sein Beauftragter habe über ihn, seine Beteiligung und das Ziel nie gesprochen, dafür aber den Vergobret der Haeduer als Schuldigen gekennzeichnet.
Gerwin befand, dass er das Spiel so weiter laufen lassen sollte. Fand der Statthalter jetzt den Ausweg, der ihm seinen Verbündeten am Leben erhielt, ohne die Anklage abschmettern zu müssen, dann war Verginius Rufus Spion geboren. Sollte der Treverer tatsächlich, wenn er in Sicherheit wäre, an ihnen Verrat begehen, dann verloren sie keinen Freund, gewannen keinen Feind als Freund und an der übrigen Bedrohung seines Legats änderte sich auch nichts. Auch der Hass zwischen beiden Legaten blieb erhalten…
Scribonius Proculus dagegen war verwirrt. Der Gefangene zeigte seine Beteiligung am Überfall an, verwahrte sich dagegen, der entscheidende Bote gewesen zu sein und wüssten die Anderen mehr darüber, würden sie den Treverer sicher als Lügner bezeichnen… Doch Verginius Rufus schwieg. Der Gefangene leugnete die Teilnahme nicht, aber verweigerte die Schuld… Er sei nur ein armer Mann… Er, Proculus, wusste es besser.
Inzwischen wusste Scribonius längst, was der Treverer eigentlich für ein Halunke war, dennoch konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, dass dessen Bemühungen zuvor sehr auf den Tod des Legats ausgerichtet waren. Er spürte, dass sich daran nichts geändert zu haben schien. Nur war der verlogene Hund in die Hände des Mannes gefallen, aus denen er sich, scheinbar mit Erfolg, auch wieder herauslog.
Seine eigenen Geheimnisse schienen geschützt zu sein… Wäre dem nicht so, hätte der Legat dies sicher, in seiner Wut, herausgebrüllt. Er konnte sich nicht an ein solches Wort erinnern… Wenn seine Interessen und Geheimnisse bewahrt sind, gewann er Zeit und konnte sich dem Schutz des Treverer widmen. Was wäre machbar? Abweisen der Anklage… Nein, unmöglich! Was dann? Was ihn dann als Botschaft seiner Klugheit erreichte, zwang zum Lächeln. Der Legat ist doch immer so versessen auf seinen Kaiser…
„Verginius Rufus, ich habe mich entschieden. Ich nehme deine Anklage an! Ich werde den Sachverhalt weiter untersuchen, den Ort besichtigen, deine Überlebenden befragen und wenn mein Bericht vollständig ist, diesen und den Gefangen unserem göttlichen Kaiser Nero in Rom überstellen. Der Imperator wird dann das Urteil sprechen. Deine Angaben zur Rolle dieses Haeduer, scheinen mir von so großer Bedeutung, dass der Kaiser nicht nur davon wissen sollte, sondern auch die Möglichkeit erhalten muss, nach seinen Vorstellungen zu handeln. Ich hoffe, deine Zustimmung zu erhalten?“
„Herr, ich bin einverstanden. Erlaube, das wir uns zurückziehen?“
Der Statthalter nickte gnädig mit dem Kopf. Legat, Tribun und Legionäre grüßten und verließen, einschließlich Gerwins, den Raum.
Die Tür schloss sich. Der Gefangene und der Statthalter blieben allein.
Es war Gerwin, der den Abmarsch verzögerte. Selbst wenn der Gefangene gebunden war, sollte ein Ruf des Statthalters eigene Legionäre herbei fordern. Doch aus dem Dienstraum des Statthalters erreichte ihn kein Laut… er wusste, was dies bedeutete…
Zwischen Principia und Praetorium war es kein langer Weg. Verginius Rufus voran, von einer Zufriedenheit durchdrungen, schritt zügig aus. Der Obertribun und der Hermundure folgten ihm nahezu gleichauf.
„Herr, zügele deine Ungeduld etwas… Wir sind, wollen wir unseren Vorteil wahren, jetzt zwar gezwungen, schnell zu handeln, dennoch sollte dies klug sein… und deine Hast könnte zu Fehlern verleiten…“ Der Legat machte kürzere Schritte.
„Es scheint, dass unsere Absicht gelang… obwohl… der Verlauf von unseren Vorstellungen abwich. Dennoch Herr, hast du alle Möglichkeiten ausgeschöpft, den Statthalter erfolgreich zu täuschen… Um aber genau zu wissen, woran wir sind, müssen wir schnell handeln…“