Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Название Die Legende vom Hermunduren
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347035836



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mit vor Zorn und Hass geweitetem Blick.

      Gerwin, der dem von den beiden Wächtern, mit einem Stoss freigegebenen Gefangenen, den Tritt verpasste, blieb neben der noch immer geöffneten Tür stehen.

      Der Gefangene versuchte, sich über die Seite drehend und den einen Fuß aufstützend, ein Erheben. Allein sein aufwärts gerichteter Kopf reichte, den Statthalter zu warnen.

      Scribonius Proculus erkannte den Mann, besann sich schnell und schnauzte den neben der Tür stehenden Germanen an.

      „He, du da, wer auch immer du bist, schließe die Tür!“

      Gerwin stellte sich, als verstand er nicht, dass er gemeint war. Es wäre auch ihm sicher schwer gefallen diese Tür zu schließen, wenn in deren Rahmen ein Centurio und zwei Legionäre Front zu den Eindringlingen machten.

      Noch immer im Zorn über die Unverschämtheit gefangen, schnauzte der Statthalter den Centurio an. „Verschwinde! Tür zu!“ und der Mann gehorchte.

      Legat Verginius Rufus war von seinem Zorn auf eine Mäßigung herab gestiegen und wartete darauf, dass auch der Statthalter sich beruhigte.

      „Was bedeutet dein Eindringen, Verginius Rufus?“

      „Herr, ich klage diesen Mann, Julius Tutor, des versuchten Meuchelmord und des Verrats an Rom an und erwarte, dass du diesen Tutor hinrichten lässt!“ Verginius Rufus Stimme klang zwar noch immer wütend, mäßigte sich aber in der Lautstärke.

      „Was hat der Mann getan?“ Proculus Scribonius befreite sich von seinem Zorn und nahm die zuvor geschriene Anklage in sich auf. In dem er den Gefangenen musterte, erkannte er seinen Beauftragten, verriet aber mit keiner Miene, dass er wusste, wen seine Augen erblickten.

      „Was genau wirfst du dem Mann vor?“ Scribonius setzte sich in seinen Stuhl.

      „Du gabst mir den Befehl, mich zum Stapellauf einer neuen Liburne einzufinden und ich ritt, deinem Befehl zu folgen…“

      „Hast du meine Nachricht nicht erhalten?“ Verwunderung klang in des Statthalters Frage mit.

      „Welche Nachricht?“ Verginius Rufus wirkte überrascht.

      „Der Stapellauf fiel aus, oder besser, wurde von mir verschoben… Die Liburne war nicht bereit…“

      Verginius Rufus starrte den Scribonius an. Mit einem Mal begriff er die Hinterlist in des Mannes Verhalten. Wenn nicht er das Spiel bereits eröffnet hätte, mit dieser Täuschung wäre die Auseinandersetzung eingeleitet.

      „Nein!“ Zorn markierte die Gesichtszüge des Unterstellten. „Es gibt keine Nachricht von dir!“

      „Und doch, frage den Secretarius oder wen du aus meinem Umfeld auch immer antriffst. Der Stapellauf wurde von mir verschoben und das schon lange vor dem Tag…“

      „Du …“ Verginius Rufus beherrschte sich gerade noch einmal. ‚Du lügst‘ wollte er den Anderen anklagen, verkniff es sich aber im letzten Moment. „… hast den Stapellauf verschoben?“

      Scribonius nickte. „Würdest du, so wie ich, die Principia nutzen, könnte auf dem Weg zu dir keine Nachricht verschwinden… Wer auch immer Schuld an der Übermittlung trägt, ich werde ihn finden und strafen!“

      Diesen Teil der Eröffnung gewann Scribonius. Auch das Auffinden dieses Schuldigen würde kaum bis zu Verginius Rufus vordringen. Somit blieben die Täuschung zum Stapellauf und sein vergeblicher Marsch mit nur geringer Bedeckung, wie von Scribonius einst gefordert, ein Ereignis, an dem Scribonius kaum Schuld zuzuordnen gelingen würde.

      Verginius Rufus fing sich und plötzlich wusste er, wie sich dieser Umstand nutzen ließe. Bisher war die Teilnahme Treverer Auxiliaren erwiesen und er beabsichtigte diesen Sachverhalt in seiner Klage aufzuzeigen. Verschwieg er jedoch die Teilnahme eigener Auxiliaren und schrieb den Überfall nur Wegelagerern zu, würde unter diesen gegeben Umständen, auch der Treverer Julius Tutor über diesen Verlust schweigen. Somit käme das diesem Mann bekannte Verbringen verletzter Treverer zum Handelshof nicht zur Sprache und der Versuch, diese Männer schon auf den Weg dorthin abzufangen, bliebe ebenso ein Geheimnis… Schwieg er gänzlich zu den Treverer Auxiliaren, würde vermutlich auch Julius Tutor keinen der Männer erwähnen. Somit wäre auch der im Carcer verschiedene Optio aus dem Spiel…

      „Hänge diesen Kerl, vierteile ihn oder schlage ihm den Kopf ab, aber tue etwas. Der Kerl war als Wegelagerer dabei, als mein Trupp von einer Übermacht angegriffen wurde. Auf einen meiner Männer kamen mindestens drei Wegelagerer… Nur die Tapferkeit meiner Begleiter bewahrte mein Leben…“ Verginius Rufus war erneut in seiner Wut angelangt und Scribonius hörte nicht nur dessen Worte, er spürte auch dessen Zorn.

      „Warum lebt der Kerl dann noch? Ein Carnifex, etwas Folter und ein kleiner Schnitt… Wer hätte wohl Fragen gestellt?“ fauchte der Statthalter.

      „Na, du! Wie doch immer, verurteilst du doch jede meiner Taten…“ Verginius Rufus sah, dass diese Anschuldigung saß.

      Den Erfolg abmildernd, fügte er an: „Meinst du, ich wüsste dies nicht? Wir fingen zwei von diesen Kerlen… Der Andere gab seinen Geist schon beim Carnifex auf… Sollte der hier mir auch noch unter dessen Händen abkratzen, wem würdest du wohl die Schuld geben, dem Carnifex oder mir?“ Ein kleiner Blick zu Gerwin und die empfangene Botschaft ‚weiter so!‘ bestärkten ihn.

      „Außerdem war der Mann etwas gesprächiger…“ Verunsicherung schien den Statthalter zu erfassen.

      „Glaube mir, was dieser Mann sagte, dürfte auch dich und unseren göttlichen Kaiser interessieren… Der Kerl barmt um sein Leben… Führe du die Untersuchung, finde du die Urheber und richte, wenn du alle Fakten kennst… Diesen Dienst bist du Nero schuldig, du bist sein Vertreter hier und dir steht das Recht des Richters zu!“

      „Was wurde aus den übrigen Angreifern?“ Scribonius lenkte von seinen Befürchtungen ab.

      „Tot oder geflohen?“ knurrte der Legat.

      „Warum habt ihr sie nicht verfolgt?“ Der Vorwurf brachte erneut das Blut in Wallung. Scribonius wusste warum er dies bezweckte. Die Wirkung schien in die gewünschte Richtung zu schwenken.

      Wutentbrannt stand Verginius Rufus vor dessen Tisch. „Was glaubst du, wie viele meiner Männer überlebten?“

      Die Fäuste des Legaten, lagerten zur Faust geschlossen, auf der Platte des Tisches und waren bis auf Äußerste geballt, so dass die Knöchel weiß hervortraten. Verginius Rufus schäumte vor Wut.

      Scribonius sah es und verstand. In diesem Zustand musste er den Anderen halten, um von dem Treverer abzulenken.

      „Du hast doch auch überlebt… Warum befahlst du keine Verstärkung heran?“ blaffte er den Legat an.

      „Id…“ Verginius Rufus verkniff sich die Beleidigung. „Was glaubst du, tat ich? Wie lange wird wohl ein Bote, selbst wenn er zu Pferde war, gebraucht haben? Noch weit schlimmer, wie lange brauchten die Centurien bis zu uns? Schließlich waren wir schon kurz vor dem Ziel…“

      Verginius Rufus war in einer Stufe der Wut angelangt, die ihn hätte fast über das Ziel hinausschießen lassen. Plötzlich begriff er Scribonius Absicht. Der Vorwurf des Überlebens sollte ihn noch weiter von seiner Anklage abbringen. Oh ja, er verstand den Statthalter.

      Verginius Rufus trat vom Tisch zurück, straffte sich und meldete.

      „Herr, mein Trupp wurde auf einem Ausritt von Wegelagerern überfallen. Wir ergriffen zwei der Schuldigen. Der Erste starb bei der Befragung. Diesen hier, dessen Name angeblich Julius Tutor sein soll, römischer Bürger in dritter Generation, bringe ich dir und klage ihn des Meuchelmordes sowie des Verrats an Rom an. Dem Mann ist der Tod von acht treuen Tribunen und Legionären zuzuschreiben. Der Kerl sagte im Verhör, dass er im Auftrag eines Kelten vom Stamm der Haeduer handelte. Als ihm die Folter drohte, bot er mir die Streitmacht dieses Kelten an, zöge ich an der Spitze unserer Legionen gegen Rom…“

      „Wie hieß dieser Haeduer, du würdeloser Hund?“ Der Legat Verginius