Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Название Die Legende vom Hermunduren
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347035836



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seines Lebens hinweg. Indem er den Tod überging, auf seine Verdienste für Rom verwies, sich als Gleichgestellter darstellte und auch noch Wünsche, fast als Forderungen, offenbarte, gewann er an Ansehen. Ein Anderer in gleicher Lage wäre der Verzweiflung nahe, nicht jedoch Julius Tutor…

      „Es ist richtig, ich bin Römer in dritter Generation und trotzdem als Treverer geboren… Warum sollten wir uns dann nicht in Vernunft verständigen können?“

      Diesmal war es der Legat, der in Sarkasmus und Spott versank. „Diese ‚deine Vernunft‘ brachtest du wohl im Angriff auf mein Leben zur Geltung? Wie also sollte ich dir auf gleicher Stufe begegnen? Wäre dir die Folter demnach recht… Denn ich glaube kaum, dass ein guter Römer, der ich unzweifelhaft bin, eine solche Tat anders würdigen dürfte… Andererseits…“ Verginius Rufus ließ dem Treverer Zeit zum Eingreifen.

      „Was möchtest du mir anbieten, Legat?“

      „Glaubst du wirklich, dass ich dir etwas anbiete? Deine Lage gleicht eher der eines Verurteilten. Also böte ich dir etwas an, dann wäre es auf der einen Seite Folter und ein qualvoller Tod oder aber ein kurzer Schnitt am Hals…“ Der Legat vollführte, mit seiner rechten Hand, den angezeigten Schnitt und auch der Wegelagerer wusste die Bewegung zu deuten.

      „Der Menschen Hoffnungen täuschen sich doch allzu oft… Ich hoffte auf etwas Verständnis…“ erwiderte der Gefangene.

      „Wofür…“ lächelte der Legat.

      „Zumeist sind es Erfolge, die geschätzt werden… Ich bin nun mehr dazu geneigt, den eingetretenen Misserfolg schätzen lernen zu müssen… Gleichwohl denke ich, das auch du mein Scheitern zu schätzten scheinst und hoffe deshalb auf dein Wohlwollen…“

      „In der Tat könntest du dir etwas Wohlwollen meinerseits verschaffen, ob dass dann aber ausreicht…“ Verginius Rufus ließ das Ende offen. Auch er spielte nun, nur besaß er die bessere Position.

      „Was schwebt dir vor, Legat?“

      „An den Optio hatte ich so einige Fragen… Einen Teil der Antworten darauf kenne ich bereits, nur… war der Mann in mancher Beziehung zwar eindeutig, mitunter seine Antworten aber entweder unwillig, unvollkommen oder nicht der Wahrheit entsprechend… Irre ich, wenn ich glaube, dass du da mehr Wissen anbieten könntest und deine Antworten zur Vollkommenheit führen möchtest?“

      „Das glaube ich, hängt von der Frage ab und von einigen Rahmenbedingungen…“

      „Was meinst du mit ‚Bedingungen‘?“

      „Unzweifelhaft habe ich mich, in deinen Augen, einer Tat schuldig gemacht… Nun aber läge mir an einer gewissen Verzeihung…“

      „Was, wäre der Anschlag gelungen, kaum deine lebensfrohe Seele erschüttert hätte…“ konterte der Legat.

      Der Gefangene seufzte. „Das ist es doch gerade… Ich bin dein Gefangener und wäre jetzt, mit dem Wissen meiner Lage, gern dein treuester Freund…“

      Der Legat grinste. Er wusste, er ritt ein hohes Ross. Der Gefangene bettelte um sein Leben, selbst wenn sein Verhalten nicht auf ein Verzagen oder Bedauern hinauslief.

      Der Treverer feilschte und lotete alle Möglichkeiten aus. Letztlich spielte Verginius Rufus mit, weil in seiner Hand die Macht lag. Er könnte, unter gewissen Umständen, verzeihen. Doch der Vorschlag dazu musste vom Treverer kommen…

      Ging es jedoch auf diese Weise nicht, blieb ihm immer noch der Germane, mit dessen Botschaft des Schmerzes, der Carnifex mit Knochenbrechen, Feuer und oder anderen Künsten, sowie letztlich noch die Möglichkeit eines schnellen Todes. Sollte doch der Treverer selbst wählen…

      „Du bist der, der Wissen begehrt… Ich nur das Opfer, das zwar so Einiges, dich Interessierende kennt und auch davon berichten könnte, nur…“

      Verginius Rufus merkte auf. Der Treverer schien einzulenken. „…nur?“

      „Nehmen wir einmal an, ich wüsste was dich interessiert. Ich teile es dir mit und du nutzt deine hervorragende Lage…“

      „Was meinst du?“ Der Legat stellte sich, als begriffe er nicht.

      Der Treverer machte die weithin bekannte Geste an seinem Hals.

      „Du fürchtest um dein Leben?“

      „Nun ja, Furcht ist es wohl eher nicht, aber natürlich lebe ich gern… Es macht wirklich mehr Spaß am Leben zu bleiben, als ein Leben lang tot zu sein… Außerdem gibt es da noch die Weiber und den freudvollen Genuss mit ihnen, auf den ich ungern verzichten würde…“

      „Dann pack doch in deine Antworten so viel Überzeugung hinein, dass mir an deiner Freude mit Weibern mehr liegt als an deinem Tod!“ fauchte Verginius Rufus.

      Der Gefangene gab sich einen Ruck. „Gut, versuchen wir es doch damit. Ich beantworte dir deine Fragen, sagen wir zum Auftraggeber, dessen Gründen, zum gesamten Komplott, den Zielen der darunter vereinten Männer sowie deren erhofften Erfolgen und als Zugabe obendrein, warum gerade du in den Blickwinkel dieser Männer geraten bist… Im Gegenzug erhalte ich meine Freiheit.“

      „Damit könnte ich Leben…“ Der Legat grinste. Er wusste, dass die Sache noch einen Hacken besaß…

      „Sicher verstehst du meine Sorge, dass ich nach meiner Bereitschaft zwar eine Freiheit genießen darf, es aber nicht die ist, dich ich anstrebte… Auch der Tod ist eine Freiheit…, wenn auch die vom Leben!“

      Sein Gefangener hing also am Leben und wenn es nicht Furcht war, die ihn erschütterte, er zu Gewalttaten bereit war, auch Meuchelmord nicht scheute und sich selbst, in einer solchen ausweglosen Lage, zu behaupten trachtete, musste der Mann entweder eine sehr dunkle Seele besitzen oder aber von einer Zuversicht, Klugheit und Verwegenheit getragen sein, deren er sich bedienen sollte. Es wäre einen Versuch wert, einen solchen Mann für eigene Interessen zu gewinnen. Er müsste den Mann nur auf seine Seite ziehen…

      „Dann scheint mir, ist dein Angebot noch nicht von der Güte, die mich überzeugen kann…“ Verginius Rufus beobachtete genau, wie Tutor diese Mitteilung aufnahm. War es auch nur ein winziger Augenblick, so sah er dennoch die Betroffenheit. Der Treverer wusste nicht weiter… Sollte er ihm auf die Sprünge helfen oder einfach abwarten…

      „Treverer, hast du schon einmal daran gedacht, die Seiten zu wechseln… Vielleicht sind die hingeworfenen Knochen deines bisherigen Herrn nicht so mit nahrhaftem Fleisch behaftet, wie die von Verginius Rufus? Möglicherweise sind Aufträge von dieser Seite nicht ganz so blutig oder aussichtslos…“ warf Präfekt Axius ein.

      Überrascht blickte der Legat zum Praefectus Castrorum und grinste diesen, nach einer geraumen Weile, an. Der freundliche Gesichtsausdruck wanderte jedoch erst über Verginius Rufus Gesicht, als der Treverer nachdenklich auf seine eigenen Füße starrte.

      Dessen sich hebender Blick sah in Erwartungen, die sich im Gesichtsausdruck des Legats ausbildeten.

      „Was schwebt dir vor, Legat?“

      „Das werde ich dir mitteilen, wenn du mir Antworten geliefert hast!“

      Der Legat zeigte sich abweisend.

      „Das ist wohl das beste Angebot, das ich bekommen konnte…“ Bedauern klang in der Stimme des Julius Tutor mit.

      „Gut, ich willige ein. Ich sage dir, was ich weiß und biete dir meine Dienste in der Zukunft! Das gilt!“

      Der Treverer Julius Tutor gab sich in des Römers Lucius Verginius Rufus Hand. Es wurden keine Einschränkungen vereinbart, keine Bedingungen angeführt und weil dies so alles und nichts in sich barg, war es ein Bündnis, das auf einem Versprechen beruhte. Solche Bündnisse zerbrachen schnell…

      Julius Tutor begriff seinen erlangten Vorteil auch. War er erst einmal aus dem Machtbereich des Legats entwichen, und dieser Weg war nur sehr kurz, konnte er erneut tun, was ihm beliebte.

      Auch Verginius Rufus erfasste die Fragwürdigkeit dieses Bündnisses. Wollte er die Treue dieses Mannes