TwinSetMan. Ralph Klostermann

Читать онлайн.
Название TwinSetMan
Автор произведения Ralph Klostermann
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347080607



Скачать книгу

ion>

      

       TwinSetMan

      Erzählt von

      Ralph Klostermann

      Optisch in Form gebracht von

      Kai Naujoks

       Inhalt

      - Na dann sei froh Geschichten

      - TwinSetMan

      - So war’s dann wohl Aufzeichnungen

      © 2020 Ralph Klostermann

      Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN Taschenbuch: 978-3-347-08058-4

      ISBN Hardcover: 978-3-347-08059-1

      ISBN e-Book: 978-3-347-08060-7

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

       Na dann sei froh Geschichten

       Abgestürzt

      Als ehemalige Chefstewardess, ist Doris die Fliegerei ja eigentlich gewohnt und hat deshalb natürlich zwischen Rio, Miami und Tokio, zum Beispiel mit den Beatles, Beach Boys, Rolling Stones, oder allen möglichen Prominenten, schon so manch heikles Abenteuer erlebt. Aber bei den immer waghalsiger werdenden Manövern, verliert auch sie allmählich die Übersicht und unterstützt, zusammen mit vielen Anderen vorher Ahnungslosen, lautstark kreischend jeden weiteren Sturzflug des angeblich äusserst erfahrenen Piloten. Der rast mit uns mittlerweile nicht mehr nur knapp über die nächtliche Grosstadtskyline hinweg, sondern stürzt seine Höllenmaschine jetzt auch Kamikazemässig mitten in die Häuserschluchten hinein, um im nächsten Moment, zwecks weiterer Anflugvorbereitung, wieder steil Richtung Sternenhimmel aufzusteigen. Im Gegensatz zu Doris und mir, bleiben Nina und Felix ganz entspannt, der Albtraumtrip scheint ihnen sogar richtig gut zu gefallen, locker werfen sie sich in jede Flugkurve und freuen sich laut johlend auf die von mir so gefürchteten Loopings. Ohne Oben und Unten Orientierung, kann ich mein fröhliches Lachen nur mit geschlossenen Augen imitieren, Doris schafft dank fest gepresster Ohren immer lautere Hilfeschreie, Blitze schlagen ein, wir stürzen ab.

      Warum sind wir vorhin überhaupt eingestiegen, wieso haben wir für unsere eigene Todesfahrt über zweihundert Dollar ausgegeben, werde ich meine Augen vor dem Aufprall noch einmal öffnen können und woher kommt eigentlich dieses schreiende, mit eiskalten Blitzen schleudernde Monster, das über unserem brennenden Fluggerät schwebt; krachend schlägt die Maschine auf dem Empire State Building auf und rutscht, etwas lauter quietschend als Doris schreiend, genüsslich Richtung Dachkante. Nach nervenaufreibendem Dachkantenschaukeln, kippen wir endlich kopfüber ins Leere, rasend schnell nähern wir uns der verkehrsüberfluteten Strasse, alle Passagiere erreichen jetzt Doris` grandioses Schreiniveau, kurz bevor es wieder Zeit zum Augenschliessen ist, taucht Spiderman auf. Mit mühelosen Spinnenkräften, fängt er unseren Flieger kurz vor dem Aufprall ab und weil er zu Beginn des Trips ja alle eindringlich gewarnt hat, haben wir das jetzt eben davon, in seiner Stadt ist es gerade Nachts manchmal leider etwas gefährlich, nun muss er aber los, das eiskalte Blitzschleudermonster fangen, wir sollen ihn weiterempfehlen und wegen der draussen Wartenden zügig nach rechts aussteigen, ohne jeden Einzelnen von uns hätte er den Megaschurken nicht so schnell erwischt; meine zerknitterte 3-D Brille muss ich trotzdem wieder abgeben.

       Abpfiff

      Ich weiß nicht was ich sagen soll, Frank und seine Mutter schauen mich gespannt an, während ich noch immer scharf nachdenke. Einfach so was sagen macht man ja sonst nie, das Einzige was mir einfällt ist „Wir gewinnen heute Nachmittag Eins zu Null“ und weil das ja ein bisschen wenig ist, wiederhol ich es vorsichtshalber noch einmal „Wir gewinnen heute Nachmittag Eins zu Null“. Frank`s Mutter schüttelt ihr frisch toupiertes Haupt, ich hätte doch sonst auch immer Sabbelwasser getrunken, was sei denn bloß los mit mir, Frank muss einspringen und erzählen, was er zum Frühstück hatte. Das Ergebnis fällt mit „Brot und Milch“ noch schlimmer aus als bei mir, seine Mutter drückt entnervt auf einen Knopf, dreht an einem Hebel, drückt wieder auf einen Knopf und wie aus dem Nichts ist eine eigenartige Stimme zu hören, die zweimal krächzend verkündet, dass wir heute Nachmittag Eins zu Null gewinnen werden, Frank`s niederschmetternde Frühstücksmeldungen sind besser zu verstehen. So ein Tonbandgerät ist verflucht teuer, sie kennt noch keinen aus der Gegend der so ein Ding hat und nur wenn sie oder Frank`s Vater dabei sind, dürfen wir auch mal was damit aufnehmen, ansonsten setzt es was, das unser Arsch denkt er habe Geburtstag. Das kann Frank`s Vater „vonne Tour“ reinkommend nur bestätigen, wir sollen uns ja nicht erwischen lassen und jetzt mal eben schnell seine Tageseinnahmen zusammenzählen, er hatt`s zwar vorhin schon gemacht, aber er möchte doch zu gerne mal wissen, wer von uns Beiden besser rechnen kann und wenn ich in ein paar Wochen auch zur Schule komm` weiss ich schon alles, die Lehrer tun dann bestimmt staunen und seine Muskeln hat er vom Bierfässer tragen, Autos verkaufen wie mein Vater ist nichts für ihn. Für`s Spiel heute Nachmittag sieht er ziemlich schwarz, Horst und Karl-Heinz sind immer noch angeschlagen und nur mit Willy hinten drin können wir`s gleich vergessen, jetzt muss er aber erst mal was essen und sich kurz hinlegen bevor es losgeht, wir haben beide was Falsches raus, nun darf er alles nochmal zählen, am besten wir spielen draußen noch ein bisschen, oder gehen nach Hause und schiessen vor allem nicht immer mit dem Ball gegen die Hauswand, nochmal sagt er das nicht.

      Über den Schulhof und zwischen den Häusern bis zur Hauptstraße, bin ich relativ sicher, danach beginnt Feindesgebiet und man muss auf alles gefasst sein, aber von Mario und Sabine ist weit und breit nichts zu sehen, Günter`s Tabakladen ist auch schon geschlossen, es ist verdächtig ruhig. Schnell ins Haus, durch die „Automatenstraße“ nach hinten auf den Hof, von dort vorsichtig an den Garagen entlang die lange Auffahrt hinunter, noch immer nichts. Für Samstag mittags sehr ungewöhnlich, hier toben sonst die wildesten Kämpfe und das Kriegsgeschrei von Rothäuten und Bleichgesichtern, ist zur Freude der älteren Mieter immer weithin hörbar, … ich habe das Spiel vergessen! Mit Vollgas zurück ins Haus, dreieinhalb Stockwerke nach oben, ein kurzer Blick auf den Dachgarten, auch hier ist kein Hinterhalt zu befürchten, alles wie ausgestorben, Niemand da.

      Auf Mama`s Uhr ist es halb Drei, weil um Drei das Spiel losgeht. Das hab` ich seit heute Morgen doch ganz genau gewusst, da ich ja schon sechs und deswegen nicht mehr klein bin, Papa sitzt längst alleine vorm` Fernseher, das Essen ist jetzt kalt und Haare schneiden muss sie mir wegen nachher auch noch, also ab unter die Dusche.

      Wenn ich beim Abtrocknen nicht einschlafe, können wir`s vielleicht gerade so schaffen, Essen darf ich gleich ausnahmsweise beim Fernsehen und an die neue Haarschneidemaschine muss sie sich erst noch gewöhnen, das kommt eben davon, wenn man zu spät kommt und nicht stillhält, aber die zwei kleinen Stellen sieht man bei so kurzen Haaren eh` kaum, von vorn kann sie jedenfalls fast gar nichts entdecken, … die Nationalhymnen.

      Hinter meinem Sessel wird fünfundvierzig Minuten lang auf- und abgesprungen, tief geflucht und hoch gekreischt, zur Halbzeit steht es Eins zu Eins, endlich gibt es was zu essen, keine Lux mehr und natürlich hat sie wieder die Schuld, alles muss er selber machen, der Schiedsrichter ist ein Arschloch. Kurz vor Schluss liegen wir Eins zu Zwei zurück und ich plötzlich auf dem Boden, Papa`s düsenjetähnliches Ausgleichsgebrüll hat mich vom Sessel gefegt, endlich mal Weber „derHunddasSchweindieSau“, jetzt haben wir sie, einfach nach vorne, Emma bestimmt noch mit links und dazu Uwe mit Hechtköppern, wegwischen können wir auch nachher, jetzt sollen wir mal sehen, er hat es ja gleich gesagt, die scheiß Lux sind alle nass.

      Dreißig Minuten später pfeift das bestochene Arschloch ab, das hat man sich ja gleich denken können, Schweizer Schiri und russischer Linienrichter, alles abgesprochen, in vier Jahren in Mexiko oder so, werden sie schon sehen wie wir`s ihnen