Название | Kritik der reinen Verleugnung |
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Автор произведения | Volker Kulessa |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347067189 |
1.1.1 Gegenrede: Gegen die Verleugnung der Substanz
Einen Nachweis für diese Behauptungen hat Bultmann weder mit diesem Aufsatz, und soweit ich überblicke, noch an anderer Stelle vorgelegt, obwohl es doch „leicht“ wäre, wie Bultmanns behauptet. Seine weitreichenden Schlussfolgerungen aus den unbelegten und daher unbegründeten Behauptungen stehen daher auf sehr dünnem Eis und wackeligem Boden. Diese sind daher wissenschaftlich fragwürdig.
Bultmanns Wissenschaftlichkeit muss man deshalb ersten Zweifeln unterziehen. Im Verlauf der Arbeit wird der Nachweis erbracht werden, dass Bultmanns Behauptungen wissenschaftlich nicht zu halten sind.
Schon hier geht es um Alles. Es geht es um den Kern der neutestamentlichen Botschaft, um die Substanz, die alles Christliche ausmacht. Es geht um Gottes Wort, um die apostolischen Texte. Es geht um das Evangelium. Es geht um Tod oder Leben, um das Heil der Welt, um versöhnte Gottesgemeinschaft oder ewiges Verlorensein. Es geht um Wahrheit oder Unwahrheit, um Treue oder Verrat, um Bekenntnis oder Verleugnung.
„Gottes Wort“ heißt: Gott redet. Das bedeutet zweitens seine Persönlichkeit. Gottes Wort ist kein Ding, das zu beschreiben, es ist aber auch kein Begriff, der zu definieren wäre. Es ist weder ein Sachverhalt noch eine Idee. Es ist nicht „eine”, auch nicht die höchste „Wahrheit”. Es ist die Wahrheit, indem es Gottes sprechende Person ist, Dei loquentis persona. Es ist nicht ein Objektives. Es ist das Objektive, indem es das Subjektive, nämlich das Subjektive Gottes ist. Gottes Wort heißt: der redende Gott. Gewiss, Gottes Wort ist nicht etwa bloß die formale Möglichkeit, sondern die gefüllte Wirklichkeit göttlicher Rede. Es hat immer einen ganz bestimmten objektiven Inhalt. Gott redet immer ein concretissimum. Aber dieses götttliche concretissimum ist als solches weder vorherzusagen noch nachzusprechen. Was Gott redet, das ist nie und nirgends abstrahiert von Gott selbst bekannt und wahr. Es wird bekannt und wahr dadurch und darin, daß er selbst es sagt, daß er in Person in und mit dem von ihm Gesagten gegenwärtig ist. “76
„Wir meinen, wenn das alles nur m y t h o l o g i s c h e R e d e ist, von der dann noch ein ganz wesentlicher Teil zu streichen ist und ein anderer Teil ganz neu im Sinne Bultmanns gedeutet werden muss, wir meinen, wenn das so ist, d a n n b l e i b t n i c h t s m e h r v o n d e r e i g e n t l i c h e n S u b s t an z des Evangeliums übrig. “77
„Auf dem Spiel steht die Ehre Christi, der die unfehlbare Wahrheit selber ist. Ja, ja – oder nein, nein (Mt 5,37). Verrat oder Treue, Christus-Treue. “ 78
„Wenn das alles so gesagt wird [gemeint sind die vorher aufgezeigten 14 neutestamentlichen Stellen, die von Bultmann als erledigt bezeichnet wurden], was bleibt dann noch übrig? Ein Trümmerhaufen menschlicher Philosophie! Man kann doch nicht eine Erklärung der Schrift für den modernen
Menschen schaffen wollen, mit Hilfe der Unterschlagung wirklichster Wirklichkeiten der Schrift. “79
„Nach dem traditionellen Bibelverständnis kann überhaupt keine ernste Parallelisierung zwischen der christlichen Erlösung und der Gnosis gezogen werden. Gnostische Züge wie „trochotomische Konstitution“ des Menschen, „Präexistenz“ eines menschlichen „Funkens“, „schuldlose“ von Dämonen „gefesselt“, „dualistischen“ Konstitution des Menschen mit seinem hylischen und pneumatischen „Ich“, präexistente „Lichtgestalt“ des Erlösers, der sich aus Furcht vor den Dämonen in eine menschliche Natur „verhüllt“ und die „zerfetzten“ Seinen in die ursprüngliche Gestalt zurückkomponiert usw. usw., sind in der christlichen Heilsgeschichte, wie diese von jeher in der traditionellen Exegese interpretiert wird, nicht nur nicht parallel – wie Bultmann feststellen möchte – sondern absurd und ihr diametral entgegengesetzt. “80
„Einige Lehrer der theologischen Wissenschaft […] sind in der Gefahr, bei ihrem Bemühen um eine „Entmythologisierung des Neuen Testaments“; […] den Inhalt der Verkündigung zu vermindern oder gar zu verlieren. […] wir müssen sie fragen, ob sie darüber nicht die Tatsachen verleugnen, die die Schrift bezeugt.“ 81
„die in der Kundgebung gestellte Frage, ob sie [Bultmann und seine Freunde] nicht die Tatsachen verleugnen, die die Schrift bezeugt, war keine Frage, sondern eine in die Form einer rhetorischen Frage gekleidete
Behauptung.“ 82
„Gegenüber den Grundpositionen dieser [Bultmannscher] Theologie erhebt sich für uns die Frage, ob sie mit der evangelischen Lehre und dem Bekenntnis der christlichen Kirche übereinstimmen. […] Wir würden ‘Bedenken gegen die Lehre‘ nicht geltend machen, wenn wir nicht der Überzeugung wären, dass die Lehre, die sich in der theologischen Arbeit dieses Mannes ausspricht, mit der Heiligen Schrift und der Lehre der altkirchlichen wie reformatorischen Bekenntnisse nicht vereinbar ist, da sie die Grundlagen des biblischen Zeugnisses von dem Heilshandeln Gottes in Christus antastet und ihrer Substanz beraubt, indem sie das Heilsgeschehen nicht als Gottes Handeln in der Geschichte mit dem Menschen von Gott her versteht, sondern es mit den Begriffen der Existenz-philosophie vom Menschen her zu interpretieren sucht und es damit grundlegend verwandelt. “83
„Daß unser Glaube auf einem Hineingreifen Gottes, ja einem Hineinkommen Gottes in die Geschichte beruht, an ihm seinen Gegenstand und in ihm seinen Grund hat, kann nur der leugnen, der schon bereits das Evangelium im Sinn seiner zeitlosen Metaphysik – oder was auf dasselbe hinauskommt, im Sinn einer idealistischen Geschichtsphilosophie – versteht und damit missversteht. Gerade das ist ja da spezifisch biblische: die Heilsgeschichte, Gottes Hineingehen in die Geschichte. “84
„Alle Inhalte des christlichen Glaubens haben definitive und Heil schaffende Bedeutung letztlich nur, sofern sie als Offenbarung oder als Handeln Gottes angesehen werden können. Derartige Selbstverständlichkeiten müssen hier wohl kaum ausführlich belegt werden. Als Beispiel sei nur kurz hingewiesen auf Auseinandersetzungen über das Verständnis Jesu Christi. Schon für Athanasius ist der entscheidende Grund dafür, an der Gottheit des Logos festzuhalten, dieser, daß allein Gott die Macht zur Erlösung besitzen kann. Oder Luther erklärt gegen Zwingli: »Dahin führet ihn sein Dünkel und die verdammte Alleosis, daß er die Person Christi zertrennet und läßt uns keinen andern Christum bleiben, denn einen lautern Menschen, der für uns gestorben und uns erlöset habe. Welchs christlich Herz kann doch solchs hören oder leiden? Ist doch damit der ganze christliche Glaube und aller Welt Seligkeit gänzlich weggenommen und verdammt. Denn wer allein durch Menschheit erlöset ist, der ist freilich noch nicht erlöset, wird auch nimmermehr erlöset. »“85
„Wie die angesprochenen Texte [hier vor allem der Römerbrief] zur Genüge zeigen, ist das Evangelium im strengen Sinne >Gottes eigenes Wort<. Es ist deshalb keineswegs einfach mit der apostolischen Predigt identisch, sondern dieser vielmehr prinzipiell verbindlich von Gott her vorgegeben. Von daher muss entschieden dem Urteil R. Bultmanns widersprochen werden, daß das >Evangelium< >technische Bezeichnung für die christliche Verkündigung< sei und schlicht die Bedeutung >Botschaft<,
>Kunde<, >Predigt< habe. (Bei Hofius, Verweis auf R. Bultmann Theologie des NT, 1961, 89; vgl. 275.528).“86
„Ob es aber Gottes eigentliches Wort wirklich ist, […] kann selbstverständlich kein menschliches Kriterium entscheiden. […] Die Antwort aber gibt Gott selbst, in dem er im Evangelium sich selbst als der bezeugt, der in dem Versöhnungshandeln zwischen sich und Christus sein opus proprium hat offenbar werden lassen.[…] Gibt sich Gott durch sein Wort in seinem Selbstsein zu erkennen, so haben wir keine Grund, diese existentielle Begegnung mit dem Wort auf das zu beschränken, was uns zu der Eigentlichkeit unserer Existenz verhilft. “87
„Umso gewichtiger aber wird eine Stellungnahme, da es sich bei den von Bultmann aufgeworfenen Fragen um keine peripheren Gesichtspunkte handelt, sondern vielmehr das Zentrum der kirchlichen Verkündigung und Lehre in Frage