Als Jakob vom Himmel fiel. Peter Fuhl

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Название Als Jakob vom Himmel fiel
Автор произведения Peter Fuhl
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347114470



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       Glück ab!

       „Der erste Sprung ist wie die erste große Liebe.Beides vergisst man nie.“

       Jakob

       Über den Autor:

      Peter Fuhl, Jahrgang 1964, wurde nach seinem Abitur am Humanistischen Gymnasium bei St. Stephan einberufen und leistete seinen Wehrdienst beim Fallschirmjägerbataillon 251 in Calw sowie bei der Lehrund Versuchskompanie 909 der Luftlandeund Lufttransportschule in Altenstadt. Nach seiner Entlassung folgten lange Reisen und Auslandsaufenthalte. Er studierte an der Freien Universität Berlin, an der Kaiserlichen Universität in Kyoto und promovierte 1999 nach Forschungsaufenthalten in Singapur, Shanghai und Yokohama.

      Heute ist Peter Fuhl – wenn er nicht gerade unterwegs ist – am ehesten in seiner Heimatstadt Augsburg oder in seiner Wahlheimat Miyazaki in Japan anzutreffen.

       PeterFuhl

      Als Jakob vom

      Himmel

      fiel

      © 2020 Peter Fuhl

      Umschlag, Illustration: Peter Fuhl

      Verlag & Druck:

      tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN

PaperbackISBN 978-3-347-11445-6
HardcoverISBN 978-3-347-11446-3
e-BookISBN 978-3-347-11447-0

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

       Inhalt

       1. Zu den Waffen!

       2. Musterung

       3. Silberkordel

       4. Zauberworte und Synchronisation

       5. Stubenbesuche und gelebte Demokratie

       6. Rüsselkäfer

       7. Gäb es nur eine Krone

       8. Stehaufmännchen

       9. Gefechtsübung

       10. Nachts, wenn es im Schwarzwald dunkel ist

       11. Großer Zapfenstreich

       12. Unternehmen „Heimatnahe Versetzung“

       13. „Stark wie Tiger, geil wie Neger“

       14. Konfuzius und die Kutscherstube

       15. Der König der Landefälle

       16. Der erste Sprung

       17. Bräute zerlegen

       18. Der Glöckner von St. Michael

       19. Veränderungen

       20. Ein Abend in Schongau

       21. Stetten am kalten Markt

       22. Hubers Monolog

       23. Strammstehen nach Dienstschluss

       24. Die Elite der deutschen Infanterie

       25. Der liebe Gott sieht alles

       26. Politische Bildung in West-Berlin

       27. Bad Tölz und die Philosophie des Krieges

       28. Der letzte Sprung

       29. Militärische Evolution und Ludwig

       30. Der Kreis schließt sich

       Glossar

       Nachwort

       1. Zu den Waffen!

      Der Bescheid war formlos, ohne übertriebene Höflichkeit und ließ nicht viel Spielraum für Interpretationen. Es war eine schmucklose Postkarte vom Kreiswehrersatzamt.

      „Zur Musterung am 24. Juni 1983 um 07: 30 sind Personalausweis oder Reisepass mitzubringen“, stand darauf.

      Ferner sollten noch -falls vorhanden -der Führerschein, sportliche Bescheinigungen wie der Freischwimmer und der Nachweis über eine abgeschlossene Ausbildung mitgebracht werden. Außerdem eine Sport- oder Badehose.

      Er las den Musterungsbescheid noch einmal in Ruhe und grübelte. Der 24. Juni war ein Freitag. Der Termin um 07: 30 morgens schlichtweg eine Frechheit. Denn an diesem Freitag wollte er sich eigentlich wie jeden Freitag (und Samstag) in der Disko wichtigmachen. Eine Musterung zu dieser Unzeit, die vielleicht noch mit einer Blutabnahme und anderen Überraschungen verbunden war, kam deshalb äußerst ungelegen.

      Aber die Schlingel vom Kreiswehrersatzamt waren nicht doof. Der Russe nervte und die Armee suchte händeringend nach Kämpfern für das Vaterland. Den Musterungstermin am Freitagmorgen anzusetzen, machte durchaus Sinn. Konnte man so doch wesentlich mehr junge Männer für den Kriegsdienst tauglich schreiben, als wenn die Musterung an einem Montagmorgen stattfinden würde. Wenn alle erschöpft und verkatert waren, nachdem sie das ganze Wochenende durchgezappelt und sich weggesoffen hatten.

      Es war die gute alte Zeit. Deutschland ging es blendend. So gut, dass es sich zwei Hauptstädte leisten konnte. Eine mit Schokolade überzogene Süßigkeit wurde liebevoll „Mohrenkopf“ oder „Negerkuss“ genannt und unverheiratete Frauen wurden mit „Fräulein“ angeredet. Tätowierungen waren noch richtige Tätowierungen und kein Körperschmuck für Beamte, Studenten oder Zahnarzthelferinnen. Heterosexualität wurde als ganz normal angesehen und bezahlt wurde mit Mark und Pfennig. Zuhälter hießen Wolfgang, Helmut oder Sven und junge, gesunde Männer mussten noch irgendeinen Dienst für das Vaterland ableisten.

      Oder sich in einem heruntergekommenen Teil von Berlin niederlassen, welcher dermaßen verdreckt war, dass man ihn aus hygienischen Gründen mit einer Mauer umgeben hatte.

      Er ging nachdenklich in die Küche und half seiner Mutter beim Abtrocknen.

      „Ja, jetzt beginnt der Ernst des Lebens“, sagte sie und lächelte sanft dabei.

      „Hm. Ich könnte auch Zivildienst machen oder…“

      „Du bist mein Sohn und du gehst zur Armee“, unterbrach sie ihn. Sie hörte mit dem Spülen auf und sah ihm ernst in die Augen. Es war ein sorgender Blick voller Liebe. Aber mit einer bittenden Härte, die er von ihr nicht kannte und der er nichts entgegensetzen konnte.

      Das Gespräch war hiermit beendet. Das Abtrocknen auch. Fast. Nur noch zwei Teller. Jetzt hieß es Heer, Luftwaffe oder Marine …

       2. Musterung

      Der 24. Juni kam schnell. Je näher der Tag rückte, umso mehr wurde darüber gesprochen. Über Zivildienst, Wehrdienst oder wie man sich am besten vor dem Ganzen drücken konnte. Über den Ablauf der Musterung an sich und den unvermeidlichen „EKG“. Dem sogenannten Eierkontrollgriff, bei dem der Arzt mit den beiden Murmeln seines Gegenübers in der Hand nach einem etwaigen Leistenbruch fahndete.

      „Da nimmt dann der Typ deine Klöten in die Hand und du musst husten!“, wurde mit sadistischem Grinsen erzählt.

      Unwissenheit, Halbwissen und maßlose