Münchner Gsindl. Martin Arz

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Название Münchner Gsindl
Автор произведения Martin Arz
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783940839725



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»okay, dann ruf ich dich später noch mal an. Ich brauche dringend deinen Rat.«

      »Okay, dann in … um halb neun.«

      »Nee, passt bei mir nicht, ich muss noch schnell zu Micky. Dann um neun, ich ruf dich um neun an. Auf die Sekunde!«

      »Alles klar«, antwortete Pfeffer und legte schmunzelnd auf. Wie er seinen Sohn kannte, würde der tatsächlich genau auf die Sekunde anrufen. »Unser Klient kommt heute nicht mehr«, sagte er zu Bella Hemberger.

      »Glaube ich auch.« Sie winkte dem Kellner, um zu zahlen.

      Pfeffer gab Froggy inzwischen über den Knopf im Ohr die Information, dass sie gehen würden. Froggy nickte erleichtert zu ihnen hinüber, zahlte und ging.

      »Depp. Noch auffälliger gehts wohl nicht«, brummte Pfeffer.

      »Kommst du noch mit ins Präsidium«, fragte Bella Hemberger.

      »Nein, die Sachen könnt ihr zwei doch alleine zurückbringen, oder? Ich geh noch auf ein Bier rüber ins Nil und dann heim. Bis morgen.«

      Er schlenderte über die Straße, rauchte dabei eine Zigarette und betrat schließlich das Lokal. Kurz nach 20 Uhr, es war noch nicht viel mehr los als vor einer halben Stunde. Der Barhocker, auf dem Froggy gewartet hatte, war noch frei. Pfeffer setzte sich und bestellte ein Bier. Er dachte an Tim und kämpfte die Welle aufkommender Einsamkeit mühsam herunter. Als das Bier kam, stürzte er die Hälfte schnell hinunter. Nicht an Tim denken, oder schon an Tim denken, aber ohne Trauer und mit Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit. Blödes Gequatsche. Er hätte sofort in Trauer versinken können, doch seine Selbstdisziplin war (wie immer) stärker. Er leerte das Bier mit dem zweiten Zug und bestellte gleich noch eins. Er sah sich um. Er kannte niemanden und niemand kannte ihn. Die Zeiten, in denen er regelmäßig ausgegangen war und einige Leute kannte, wenn auch nur vom Sehen, waren längst vorbei. Er wusste, dass er wieder rausmusste, dass er nicht nur zu Hause sitzen sollte, dass er sich langsam wieder in die Szene eingliedern sollte, um vielleicht irgendwann mal eine neue Liebe zu finden. Aber wenn er sich so umsah, dann musste er sich die Frage stellen: Welchen dieser Typen hier würdest du einem lang­wei­ligen Abend vor der Glotze vorziehen? Und die Antwort hieß: keinem. Zu jung, zu alt, zu gepierct, zu tätowiert, zu fett, zu langweilig, zu spießig, zu tuntig, zu arrogant … Sicher, alles Äußerlichkeiten, doch irgendwo musste man ja anfangen. Bei Tim hatte es auf den ersten Blick gezischt, man hatte sich angesehen, und sofort war klar, dass man zusammen mehr machen konnte als nur Sex. Und dann dachte er daran, dass er bei den anderen vermutlich ebenso durch viele Raster fiel. Er musste schmunzeln.

      »Holla, Herr Kriminalrat, so fröhlich«, sagte da eine Stimme links neben ihm. Pfeffer drehte den Kopf.

      »Na, so eine Überraschung«, sagte Pfeffer. »Der Herr Schubert. Das hätte ich nicht erwartet.«

      »Das glaube ich Ihnen jetzt nicht«, antwortete der Gärtner schelmisch zwinkernd.

      »Okay, ich gebs zu, ich hätte das schon erwartet, aber ich glaube, dass meine Kollegin sehr traurig sein wird, wenn ich ihr von unserer Begegnung hier erzähle.«

      »Sehr nette Frau, Ihre Kollegin Hemberger.« Beppo Schubert sah sich nach einem freien Barhocker um. Es gab keinen, also lehnte er sich nah bei Pfeffer an den Tresen. Er roch nach frischer Wiese und ein bisschen Schweiß, nicht unangenehm. »Ja, ich weiß«, fuhr ­Schubert fort, »die meisten Damen haben keinen richtigen Radar dafür. Ist auch gut so. Ich muss nicht geoutet sein. Darf ich fragen, ob wir uns duzen können?«

      »Fragen können Sie«, antwortete Pfeffer, »aber ich möchte das nicht. Wir ermitteln immer noch in Sachen Polina Komarowa, da bleiben wir besser beim Sie.«

      »Verstehe«, nickte Beppo Schubert. »Klingt halt nur blöd, wenn man sagt: Sie haben aber tolle Augen.«

      Pfeffer prustete los, und auch der Gärtner lachte.

      »Danke. Aber am besten lassen wir Themen wie diese«, sagte Max Pfeffer dann. »Ich will Ihnen nicht die Illusionen rauben, aber auch ohne das ganze Drumherum wären Sie nicht ganz mein Beuteschema.«

      »Sie meins auch nicht.« Schubert gab sich beleidigt. »So hübsch sind Sie nun auch wieder nicht.« Wieder lachten beide. »Okay, das war gelogen. Und das wissen Sie. Sie sind ein sehr attraktiver Mann …«

      »Okay, das reicht.«

      »Sorry. Ich bin ja eher der unsichtbare Typ. Ich weiß schon. Ich sehe aus wie viele. Nicht wirklich schlecht, nicht wirklich gut, irgendwie normal eben. Ich wette mit Ihnen, dass ich keinem der Anwesenden hier im Gedächtnis bleiben werde.«

      Pfeffer musterte den Gärtner. »Was erwarten Sie jetzt von mir?«

      »Eine ehrliche Antwort.«

      »Vermutlich haben Sie recht. Tut mir leid.« Er fand, dass der Gärtner ein gesundes Selbstbild hatte. Er sah ganz sympathisch aus, hatte aber nichts an sich, was wirklich in Erinnerung blieb.

      »Muss es nicht.« Beppo Schubert lachte. »Und über den Mordfall können wir sicher auch nicht reden, weil Sie nichts sagen dürfen oder so«, sagte der Gärtner dann.

      »Stimmt. Außer, Sie haben mir etwas zu sagen. Etwas, das wir noch nicht protokolliert haben.«

      »Nö, eigentlich nicht.« Der Gärtner zuckte mit den Schultern und zog eine Schnute. »Noch ein Bier?«

      »Ich wollte eigentlich nicht«, sagte Pfeffer und sah schnell auf die Uhr. Fünf nach halb neun. »Ach, was solls. Ein schnelles Bier noch. Einen Schnitt. Ich geh kurz raus rauchen. Halten Sie mir mal den Platz frei.«

      Während sie sich unterhalten hatten, hatte sich die Bar innerhalb nur weniger Minuten schlagartig gefüllt. Max Pfeffer schlängelte sich hinaus auf den Bürgersteig, ging ein paar Schritte weg von der Außenbestuhlung und rauchte eine Zigarette. Was für ein Zufall, dass … Und wenn es kein Zufall war? Wenn das ›Pops23‹ war? Aber Froggy, auf dessen Handy die App mit dem Fakeprofil lief, war längst weg und er schaltete die App nach den Einsätzen aus. Der Mörder ist immer der Gärtner, klar. Woher kam dieser Spruch eigentlich? Er holte sein Smartphone heraus und googelte es.

      Ah, ein Lied von Reinhard Mey von 1971. Der Mörder war wieder der Gärtner, und der plant schon den nächsten Coup. Eine Parodie auf die damals sehr beliebten Edgar-Wallace-Filme, die letztlich nach Schema F abliefen – und am Ende wars immer der Gärtner oder der Butler. Wieder was gelernt. Er steckte sein Handy wieder ein. Noch schnell den Schnitt trinken und dann quer durchs Glockenbachviertel zur Wittelsbacherbrücke, die Humboldtstraße hinunter und schließlich den Giesinger Berg hinauf. Ein kleiner Spaziergang würde guttun. Unterwegs könnte er dann in Ruhe mit Flo telefonieren. Was der wohl Wichtiges zu bereden hatte?

      »Ich habe schon gezahlt«, sagte Beppo Schubert, als Pfeffer zurückkam.

      »Oh, danke, aber das möchte ich nicht.«

      »Ich aber.«

      »Ich werde mich jetzt nicht erkenntlich zeigen.«

      »Müssen Sie nicht. Ich werde dann gehen, wenn Sie gehen. Kann ich Sie vielleicht noch irgendwohin mitnehmen? Ich bin mit dem Kastenwagen unterwegs.«

      »Nein, danke. Ich gehe zu Fuß heim. Prost.« Sie tranken.

      »Was mich schon immer mal interessiert: Gibt es eigentlich den perfekten Mord?«, fragte Beppo Schubert.

      »Die Frage höre ich öfter.« Pfeffer grinste. »Ja, den gibt es, denn jede vorsätzliche Tat, die dazu führt, dass eine andere Person tot ist, ist letztlich ein perfekter Mord. Also ein gelungener Mord. Wird der Mörder ermittelt, dann ist es ein gelöster Mord. Wird er nicht ermittelt, dann ist es ein ungelöster. Sie meinen wahrscheinlich, ob es den unentdeckten Mord gibt. Ja, sicherlich. Nur habe ich eins in den Jahren bei der Mordkommission gelernt: Irgendwann will jeder Mörder über seine Tat sprechen, sei es, weil er nicht mehr mit der Schuld leben kann, sei es, weil er jemanden beeindrucken oder bedrohen möchte oder weil er, wie man heute so schön sagt, Fame möchte. Irgendwann kommt auch ein unentdeckter Mord heraus.«

      »Sicher?«

      »Ja,