Münchner Gsindl. Martin Arz

Читать онлайн.
Название Münchner Gsindl
Автор произведения Martin Arz
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783940839725



Скачать книгу

App nötigen E-Mail-Adressen waren Fake. Interessant war, dass ›Pops23‹ zuvor schon einmal aufgetaucht war, ein Jahr, bevor Elvedin verschwand. Damals hatte ›Pops23‹ für einige Tage Kontakt zu einem jungen Mann aus dem Hasenbergl, einem gewissen Stefan Herterich, der an dem Tag, als ›Pops23‹ seinen Account gelöscht hatte, von seiner Familie als vermisst gemeldet worden war.

      Doch ein Serienkiller? Aber was hatte das mit Polina zu tun? Wa­rum zwei Mal ›Pops‹ und einmal ›Hunk‹? Die 23? Dreiundzwanzig Zentimeter. Zufall? Nein, Pfeffer war sich sicher, dass es dieselbe Person sein musste. Zwei Mal hatte der Täter als ›Pops‹ zugeschlagen, dann den Namen geändert, weil er doch Angst vor Entdeckung bekam. Er hatte dazugelernt. Männer, die sich heimlich mit anderen Männern zum Sex treffen. Pops, Papa, Daddy, dilf, Daddies I’d like to fuck, was aber keiner wissen darf! Verboten. Skandal! Pfui, bäh …

      Pfeffer hob seinen Blick. Er sah sich im Raum um und betrachtete dann den zusammengesunkenen Nowak, der versuchte, mit dem Stuhl eins zu werden. Irgendwas, erkannte er, irgendwas stimmte hier nicht. Pops-oder-wer-auch-immer-23 und Nowak waren nicht identisch, da war sich Pfeffer sicher. Pops war der Schlüssel. Pfeffer stellte eine Frage, die jeder Mann spontan beantworten kann und hoffte auf den Überraschungseffekt: »Wie groß ist Ihr Penis?«

      »Fünfze…« Robert Nowak starrte ihn verwirrt an. »Was? Das geht Sie gar nichts an.«

      »Danke, das hilft mir schon sehr. Was sagt Ihnen ›Pops23‹?«, fragte Pfeffer.

      »Keine Ahnung. Nie gehört.«

      »Es ist ein Nickname.«

      »Ja, und? Ich hab keine Nicknames im Netz.«

      Max Pfeffer bedeutete mit einer Kopfbewegung Bella und Froggy, ihn nach draußen zu begleiten.

      »Was soll das, Chef?«, zischte die Hauptkommissarin wütend, kaum dass sie die Tür hinter sich zugemacht hatte. »Warum unterbrichst du? Wir haben ihn fast so weit. Der wäre in der nächsten halben Stunde zusammengeklappt wie eine Campingliege. Der wartet quasi nur noch darauf, sein Geständnis abzulegen.«

      »Das stimmt, aber er war es nicht«, sagte Pfeffer.

      »Ach, bitte!«, seufzte Bella Hemberger. »Wer sagt das? Dein Bauchgefühl?«

      »Ja.« Pfeffer ignorierte, dass seine Kollegin verzweifelt die Hände hochwarf. »Macht hier ruhig weiter. Bella bleibt der Bad Cop. Schaut mal, was ihr aus ihm rausquetschen könnt. Und wenn er gesteht, dann ist das … na ja, gut. Ich bin mir allerdings absolut sicher, dass die Lösung des Falls mit unserem mysteriösen Herrn 23 zu tun hat.«

      30

      »Kannst du dir das vorstellen?«, seufzte Susa Förster und ließ sich von Tilda Fittkau noch einen Cognac einschenken. Tilda zündete sich eine Zigarette an. »Ach, gib mir auch eine«, bat Susa und schloss die Augen beim ersten Zug. »Kannst du dir das vorstellen?« Sie versuchte Rauchringe auszuatmen, was allerdings misslang.

      »Sorry, Darling«, antwortete Tilda und lehnte sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück. Sie war drei Tage zuvor beim Botoxen gewesen, nun setzte die Wirkung ein – sie zeigte kaum Mimik. »Das mag ich mir nicht vorstellen. Ich meine, dein Mann vögelt eine Minderjährige …«

      »Der King of Kükenschreddern vögelt einen Teenie! Das muss man sich mal vorstellen.«

      »Ohne dir nahetreten zu wollen, Darling, da habt ihr beide was gemeinsam.« Tilda Fittkau lachte laut heraus. »Du vögelst den Teenie von nebenan, dein Gatte …«

      »Sei still!«, rief Susa Förster wütend. »Das ist alles nicht lustig.«

      Tilda Fittkau gackerte weiter. »Ich werd nicht mehr!« Sie wischte sich Lachtränen weg. »Entschuldige, Süße, aber das ist einfach zu köstlich. Hat er das mit diesem Mädchen dir gegenüber zugegeben?«

      »Nein, er leugnet alles.« Susa leerte ihr Cognacglas und stellte es auf die Münchner Nachrichten, die exklusiv die neuesten Gerüchte im mysteriösen Marienklausen-Mord breittraten, nämlich dass Kükenschredder-Förster ein Verhältnis mit einem sehr jungen Mädchen habe. Einem sehr, sehr jungen Mädchen! »Dabei schreibt die Zeitung, dass die Kleine sogar sein Alibi sein soll. Angeblich. Woher hat deine Freundin Giselle denn diesen Müll?«

      »Sie will es mir nicht verraten«, antwortete Tilda. »Ich vermute, sie hat irgendwie sehr gute Beziehungen, zu wem auch immer. Womöglich zur Polizei.«

      »Ich könnte kotzen, wenn ich mir das nur vorstelle. Was soll ich denn jetzt tun, Tilda?« Susa versank wie ein Teenager in weinerlichem Selbstmitleid. »Das verkrafte ich alles nicht. Das ist nicht fair.«

      »Ach, Schätzchen. Wenn dein Herbert schwört, dass nichts wahr daran ist, dann ist das vermutlich so.« Tilda musste selbst lachen. »Okay, du hast eh nur die beiden Möglichkeiten: trennen oder ignorieren. Eine Scheidung wird dir viel Geld bringen.«

      »Geld habe ich selber.«

      »Er hat mehr. Man kann als Frau nie genug Geld haben.«

      »Du hältst mich sicher für eine blöde Kuh, aber ich liebe ihn.«

      »Blöde Kuh!«

      »Siehste.« Susa Förster lachte schwach. »Und ich weiß, dass er mich liebt. Er ist ein Arsch. Das bin ich aber auch. Darum passen wir so gut zusammen. Wir gehören zueinander. Zwei Arschlöcher in love. Wäre doch ein toller Buchtitel.«

      »Ich stelle mir das gerade sehr prickelnd vor bei euch zu Hause: Du vergnügst dich mit dem Schnuckel von nebenan, während sich eine Tür weiter dein Gatte mit der Göre vergnügt. Das ist ja geradezu shakespearianisch.«

      »Hauptsache, du amüsierst dich!«

      »Du hast hoffentlich mit dem Kind Schluss gemacht, selbst wenn der echt eine Sünde wert ist …«

      »Natürlich. Sofort.«

      »Und?«

      »Was und? Er hat mit den Schultern gezuckt und Okay gesagt. Der war nicht in mich verliebt, auch wenn ich mir das gerne eingeredet habe.«

      »Hör zu, Schätzchen, jetzt lass erst einmal ein paar Tage ins Land gehen. Zieh dich in ein schickes Spa zurück, ich geb dir gleich die ­Adresse von einem wirklich, wirklich traumhaften Hotel am Mondsee, und schau, dass du einen klaren Kopf bekommst. Ich kann dir jedenfalls sagen, dass sich diese ganze Aufregung gelohnt hat. Der Name Susa Förster ist in aller Munde. Die Verkaufszahlen gehen ab wie eine Rakete! Dein Verlag überlegt, ob er nicht die alten Krimis als Sonderausgabe noch mal auf den Markt bringen soll.«

      »Echt?«

      »Believe me. Du bist wieder die Queen der Crime-Queens.«

      Gerda Pettenkofer schnappte sich ein Tellerchen mit California-Rolls vom Band. Der Running Sushi am Altheimer Eck war höchstens halb voll, gut für die Medizinerin, denn so schnappte ihr niemand was weg.

      »Heftig«, sagte sie, während sie den eingelegten Ingwer auf die Rollen platzierte. »Beide Försters nageln Kinder, zumindest denken sie das.«

      »Ja.« Pfeffer spülte das Hoso-Maki mit einem Schluck Bier hinunter. Fünf Tage waren nun vergangen. Bella Hemberger hatte tatsächlich ein Geständnis aus Robert Nowak herausquetschen können. Kriminaldirektorin Jutta Staubwasser hatte das als großen Durchbruch gefeiert, auch wenn Nowak sein Geständnis zwei Tage später widerrief und der Polizei Foltermethoden vorwarf. Die Staatsanwaltschaft bereitete dennoch die Anklage gegen Robert Nowak vor. Herbert Förster hatte über seinen Anwalt sehr deutlich gemacht, dass er keine Aussage über sein Verhältnis zu einer, wie sich zu Försters Überraschung herausstellte, doch nicht minderjährigen Prostituierten machen würde. Mehr noch, dass das alles erstunken und erlogen sei! Er habe gar kein Verhältnis zu niemandem – außer zu seiner Frau. Försters Anwalt, Erwin Wohlschläger, gehörte zu den führenden Strafverteidigern der Schönen und Reichen. Er galt als ebenso kaltschnäuzig wie -herzig. Gefürchtet von Staatsanwälten.

      Robert Nowak hatte nach dem Widerruf konsequent geschwiegen. Das erstaunte die Ermittler nicht, denn Herbert Förster hatte in einem Akt von