Название | Münchner Gsindl |
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Автор произведения | Martin Arz |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783940839725 |
»Entschuldigung, Kollegin«, mischte sich Froggy ungehalten ein. »Ich war noch nicht fertig.« An seiner rechten Wange pulsierte ein Muskel.
»Ach?« Bella sah ihn provozierend an.
»Ja, ach.« Froggy schenkte Bella Hemberger einen finsteren Blick und blendete dann weitere Fotos ein. Viele Selfies von Polina, ein paar Fotos mit ihren Mitbewohnern Becky und Lucky, teilweise an der Isar, und einige weitere Fotos von Hamed im Förster-Garten. »Wir haben bisher ihr Smartphone nicht gefunden, das dürfte bekannt sein«, erläuterte Froggy. »Wir haben aber ihre Nummer. Und das zuständige Telekommunikationsunternehmen war sehr kooperativ. Wir haben eine Liste mit Anrufen der letzten vier Wochen, eingehend und ausgehend. Außerdem, das seht ihr gerade, ihre Cloud. Sie hat ihre Fotos, oder zumindest einen Teil davon, automatisch in der Cloud gespeichert. Wie wir alle sehen können, ist auch hier dieser Hamed dabei. Außerdem – und jetzt wirds spannend – noch das hier. Die letzten Bilder ihres Lebens.« Das nächste Foto, das der Beamer an die weiße Wand warf, war komplett unscharf und pixelig. Mit viel Fantasie konnte man darauf eine Hütte inmitten von Bäumen bei Dunkelheit erkennen. Unter der Hütte flackerte an zwei Stellen Licht.
»Die Marienklause«, entfuhr es Pfeffer.
»Und das Licht?«, fragte Bella.
»Unterhalb der Klause ist die Grotte mit der Quelle. Da stellen die Leute gerne ewige Lichter rein.« Er deutete auf den untersten Lichtschein. »Und auch in der Klause gibt es ewige Lichter.« Er zeigte auf den etwas höheren Lichtschein. »Polina hat also kurz vor der Begegnung mit dem Mörder …«
»Sorry, dass ich unterbreche, Chef«, sagte Froggy. »Das ist nur ein Standfoto von dem kleinen Video, das sie gemacht hat. Spoiler-Alarm: Es bleibt unscharf und zappenduster.« Er ließ das Video laufen. Man erahnte die Marienklause, auf die sich die Filmende zubewegte. Man hörte sie leise amten. Dann schwenkte die Kamera herum, Polina kam ins Bild. Sie lachte. »Jetzt wirds bald spannend!«, sagte sie und machte noch »Huaah«, als würde sie sich gruseln. »Mal schauen, wie die Geschichte weitergeht.« Sie lachte noch einmal und drehte die Kamera wieder zur Marienklause. Man hörte, wie sie sagte: »Ich kanns irgendwie noch nicht glauben, dass ich echt jetzt hier bin …« und »Ich bin schon soo gespannt. Pops, pops, pops. Pops Twentythree. Das wird echt …« Sie war nun hinter der Klause und brach mitten im Satz ab, als man einen dumpfen Schlag hörte. Das Bild begann zu wackeln, die Kamera fiel zu Boden. Dann wurde alles schwarz.
»Ende«, sagte Froggy. »Der Täter muss bemerkt haben, dass sie filmte, und hat das Telefon sofort zerstört, vermutlich zertreten.«
»Sie scheint keine Angst zu haben«, sagte Pfeffer. »Es wirkt so, als freute sie sich auf ein Zusammentreffen mit wem auch immer. Wer oder was ist ›Pops Twentythree‹? Okay, Leute, Kollege Erdal Zafer ist für alle der Ansprechpartner, was mit Social Media und so weiter zu tun hat. Froggy, du sammelst das alles. Bitte checken, welche Follower Polina hatte, vor allem auch, wen sie geblockt hatte und wer sie geblockt hatte. Vielleicht kommen wir so weiter. Gut. Was ist mit den Eltern?«
»Die sind momentan im Heimaturlaub in Kasachstan«, sagte Bella Hemberger, »in Nursultan, dem einen oder anderen noch unter einem der alten Namen Astana oder auch Zelinograd oder Aqmola bekannt, die benennen ihre Hauptstadt alle naselang um. Die Kollegen dort versuchen, sie aufzutreiben. Bislang nicht gelungen.«
Pfeffer blätterte in den Unterlagen und zog den Bericht über den silbernen Armreif hervor, den er bei der Ermordeten gefunden hatte. »Bevor ich alles lese …«, sagte er und ließ den Satz offen stehen.
Ein Kollege von der Spurensicherung fühlte sich sofort angesprochen. »Der Armreif ist eine klassische Silberlegierung aus 925er Silber, also Sterlingsilber. Ist auch so punziert. Die anderen Punzen sind aus Syrien. Der Reif ist die Replik eines antiken Armreifs, versiegelt mit einem normalen Zweikomponentenlack, ein haltbarer Anlaufschutz. In der Innenseite befindet sich eine Gravur auf Arabisch. Es ist ein Name: Elvedin. Ein Männername. Interessant sind die beiden Widderköpfe an den Enden. Der eine lässt sich nämlich abschrauben. Darin haben wir das gefunden. Einen zusammengerollten Zettel, auf dem ›Pops23‹ steht.« Er strahlte, als er eine Klarsichttüte mit dem Zettel über den Tisch schob. »Das, was die Ermordete kurz vor ihrem Tod sagte. Es ist übrigens nicht die Handschrift der Ermordeten. Fingerabdrücke? Ja. Von unserer Toten und noch einige Fragmente, die leider zu spärlich sind, um sie zuweisen zu können. Und dann haben wir noch einen guten Abdruck von Elvedin selbst. Einen auf dem Reif und einen auf dem Papier. Dieser Elvedin ist offenbar der Eigentümer des Armreifs. Er heißt Elvedin Saqqaf. Den haben wir in der Datenbank gefunden. Er ist vor drei Jahren erfasst worden, als er in Deutschland den Asylantrag gestellt hat. Müsste in einer der Münchner Asylunterkünfte zu finden sein. Bayernkaserne oder so.«
»Könnte der identisch mit unserem Hamed sein?«, fragte Bella Hemberger.
»Nein«, der Kollege schüttelte den Kopf. »In der Datenbank sind auch Fotos von Elvedin Saqqaf, der sieht diesem Hamed und dem indischen Schönling nicht mal ansatzweise ähnlich.«
»Gut, das checkst du, Froggy«, sagte Pfeffer. »Noch was?«
»Ja, wir haben Spuren von Erde am Reif gefunden. Marginal, aber dennoch. Es ist also davon auszugehen, dass der Armreif zumindest mal auf dem Erdboden gelegen hat.«
»Also kann Polina ihn irgendwo beim Spazierengehen gefunden und aufgehoben haben«, sagte Pfeffer. »Trotzdem, warum versteckt sie ihn? Das wird immer seltsamer hier, oder? Was hat ein kasachisches Kindermädchen, das auf einen bollywoodesken Schönling namens Hamed steht, mit dem Schmuck eines syrischen Asylbewerbers zu tun?«
»Und das in unserem schönen München«, fügte Bella sarkastisch hinzu.
Die Morgenbesprechung brachte noch ein paar weitere Erkenntnisse: Mehrere Zeugen hatten Polina Komarowa in Clubs an der Sonnenstraße gesehen. Zuletzt der Barmann vom Harry Klein um kurz nach drei Uhr früh. Es habe getanzt, das Mädchen mit den langen Haaren. Alleine, soweit er das beurteilen konnte. Die Durchsuchung von Papierkörben, Kanalschächten, kleinen Gehölzen, Altkleidercontainern und so weiter hatte bislang nichts gebracht, keine Kleidungsstücke, kein Messer, kein Handy. Ebenso waren die bisherigen Tauchgänge in der Isar und im Auer Mühlbach erfolglos gewesen.
16
Als sie in den frühen Morgenstunden nach Hause kamen, bemerkten sie zunächst gar nicht, was passiert war. Als Erster stand Lucky auf. Den Schlaf aus den Augen reibend, trabte er ins Bad, um zu bieseln. Dabei fiel ihm auf, dass die Tür zu Polinas Zimmer einen winzigen Spalt offen stand. Das Polizeisiegel war durchtrennt worden. Lucky bekam eine Gänsehaut und war nun wacher als wach.
»Becky!«, schrie er und stürzte ins Zimmer seiner Mitbewohnerin.
»Wassn?« Becky versteckte ihren Kopf unter dem Kissen. »Hau ab, Lucky, und lass mich noch schlafen.«
»Becky!« Lucky riss ihr die Bettdecke weg. »Bei uns ist eingebrochen worden!«
Zwanzig Minuten später saßen Lucky und Becky in der Küche, rauchten Kette und tranken entweder Kaffee (Becky) oder abwechselnd Kaffee und Erdbeermilch (Lucky). Kriminalrat Pfeffer und Hauptkommissarin Hemberger kamen in die Küche, um der Spurensicherung in Polinas Zimmer nicht im Weg zu stehen.
»Gut, dass Sie uns gleich angerufen haben«, sagte Pfeffer. »Und Sie haben nichts angefasst?«
Lucky und Becky schüttelten unisono den Kopf. »Die waren auch hier in der Küche«, sagte Becky dann. »Da im Regal haben sie alle Dosen und Gläser aufgemacht.«
»Und im Bad auch«, fügte Lucky hinzu. »Und die waren bei mir im Zimmer! Während ich geschlafen habe.«
»Woher willst du das denn wissen?«
»Meine asiatische Winkekatze stand nicht so da, wie ich sie hinstelle«, erklärte er.
»Du bist besoffen heute Nacht dagegengekommen …«
»Nein. Ich bin mir sicher. Sie steht immer gleich!«
»Scheiße, ob das das Kanakenpack von der Brücke war?«, sagte