Название | Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman |
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Автор произведения | Friederike von Buchner |
Жанр | Языкознание |
Серия | Toni der Hüttenwirt Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740939748 |
Pfarrer Zandler ging in die Kirche und zündete vor der Mutter Gottes eine Kerze an. Danach arbeitete er weiter an seiner Predigt.
*
Petra stand in der Dunkelheit vor dem Grab ihres Vaters. Sie zog die Strickjacke enger um den Körper.
»Ich bin gekommen, um mit dir zu reden. Ich denk’, du kannst mich da oben hören.«
Petra sah hinauf in den wolkenlosen Nachthimmel mit seinen glitzernden Sternen.
»Du warst in deinem Leid nicht alleine, jedenfalls nicht die letzten Jahre. Auch ich war einsam und fühlte mich leer. Ich weiß, daß das für dich genauso ein Schock war, zu hören, daß es mich gibt, wie für mich, daß ich einen Vater habe, den ich nicht kenne. Ich habe mich oft gefragt, wie du wohl sein wirst. Dann stand ich vor dem Spiegel und suchte nach Merkmalen in meinem Gesicht, die mir Mutter nicht vererbt hat. Jetzt weiß ich, daß ich meine großen, rehbraunen Augen und mein dichtes und kräftiges Haar von dir geerbt habe. Ich habe auch meinen Stolz von dir. Ich brause gerne auf und handle, bevor ich nachdenke. Hinterher tut es mir dann leid. Du kannst mich sicherlich verstehen. Wenn ich damals an meinem Geburtstag nicht einfach so davongelaufen wäre, dann hätte ich vielleicht deine Adresse erfahren. Wenn ich nicht so stur gewesen wäre, hätte ich mich nach dir erkundigt. Ich war es aber. So habe ich mir selbst die Chance genommen, dich kennenzulernen. Daß du Scheu hattest auf mich zuzugehen, das verstehe ich. Und ich will dir sagen, daß ich dir deswegen nicht böse bin. Wir haben beide Fehler gemacht. Die Strafe dafür ist, daß wir uns niemals in die Augen sehen konnten.«
Petra schwieg einen Augenblick. Dann fuhr sie fort:
»Jedenfalls nicht hier auf Erden. Vielleicht begegnen wir uns irgendwann da oben, wo es weder Raum noch Zeit gibt. An diese Hoffnung will ich mich klammern. Ich weiß, wenn du länger gelebt hättest, dann wären wir uns sicherlich begegnet. Du hättest mich in die Arme genommen.«
Petra mußte schlucken. Ihr Herz war schwer und ihre Seele wund.
»Ich habe all deine Briefe gelesen. Du bist mir dadurch nah. Ich werde deine Zeilen immer in Ehren halten, als dein Vermächtnis. Hab’ Dank dafür, daß du sie aufbewahrt hast. Hab’ Dank für den Hof. Ich hatte das Gefühl, als warte er auf mich. Er hat mich aufgenommen. Schon in den wenigen Stunden ist er mir zur Heimat geworden. Nachdem ich deine Briefe gelesen habe, ist mir, als wäre ich schon lange dort. Ich will dir versprechen, daß ich alles tun werde, damit ich dein mir zugedachtes Erbe erhalten kann. Ich hoffe, daß es mir gelingt. Sollte es unmöglich sein, dann verurteile mich nicht für meine Unfähigkeit. Vater, nimm meine Liebe entgegen, die ich dir zu Lebzeiten nicht geben konnte. Ja, du bist mein Vater. Wir sind uns doch so nah.«
Da fiel das Mondlicht auf das Grab. In der Dunkelheit leuchtete eine weiße Lilie inmitten der verwelkten Blumen. Petra griff nach ihr und drückte sie an ihre Brust.
»Ich weiß nicht, wie es genau weitergehen soll. Ich werde wohl oft hierher zu dir kommen und mit dir reden. Ich habe viele Fragen. Doch heute ist nicht der Tag oder die Nacht, Fragen zu stellen nach praktischen Dingen. Heute nacht wollte ich dir nur sagen, daß ich mich jetzt wirklich als deine Tochter fühle und dich als meinen Vater empfinde. Gute Nacht, Papa!«
Petra stand noch einen Augenblick mit gesenktem Kopf vor dem Grab. Als sie die Lider wieder aufschlug, hörte sie ein Rascheln ganz in der Nähe. Sie erschrak und lauschte in die Dunkelheit.
Christoph Unterlercher trat hinter dem Stamm des Baumes hervor. Er ging auf sie zu und legte ihr seine Jacke um. Petra konnte nichts sagen. Er legte seine starken Arme um sie.
»Komm, Petra! Ich bringe dich heim zum Vogelmeier Hof!«
In der Dunkelheit konnte sie seine Augen nicht sehen. Sie spürte nur die Wärme seiner Nähe.
»Bist du schon lange hier?«
»Pst! Keine Fragen!«
Er hielt sie ganz fest und küßte sie zärtlich. Zuerst auf ihr Haar, dann auf ihre Stirn. Petra wehrte sich nicht. So drückte er ihr sanft einen Kuß auf ihre weichen Lippen.
Dann führte er sie, seine starken Arme um ihre Schultern gelegt, zum Auto. Er hielt ihr die Beifahrertür auf und ließ sie einsteigen. Wortlos gab sie ihm den Schlüssel. Auf der kurzen Strecke bis zum Vogelmeier Hof warf er ihr immer wieder liebevolle und besorgte Blicke zu. Sie sah sie nicht. Mit geschlossenen Augen saß sie erschöpft auf dem Beifahrersitz.
Christoph Unterlercher hielt vor der Haustür. Er half ihr beim Aussteigen und brachte sie ins Haus. Willenlos ließ sie alles mit sich geschehen.
»Wo ist dein Zimmer?«
Petra wies mit der Hand auf die Treppe.
»Die Tür am Ende des Ganges!«
Christoph nahm sie einfach auf seine starken Arme und trug sie die Treppe hinauf. Er setzte sie auf dem Bettrand ab.
»Leg dich hin! Ich gehe hinunter und mache dir eine warme Milch mit Honig. Bin bald wieder da! Nicht weglaufen!«
»Es ist keine Milch da! Danke für deine Fürsorge!«
»Pst!«
Er ging hinaus und schloß die Tür.
Petra sah, daß an der Stelle, die die offene Tür bis jetzt verdeckt hatte, ein großes Photo in einem alten mit Schnitzereien verzierten Rahmen hing. Es war das Hochzeitsfoto von Zacharias und Vera. Petra zog ein langes Nachthemd an. Dann trat sie vor das Bild. Einem Instinkt oder einer inneren Stimme folgend nahm sie es ab und drehte es um. Auf der Rückseite stand das Hochzeitsdatum, geschrieben mit schwarzer Tinte. Darunter hatte ihr Vater ein weiteres Datum geschrieben. Es war das Datum, an dem die Ehe annuliert worden war. Der von ihm geschriebene Kommentar lautete:
»Ehen werden für ein Leben geschlossen und dürfen dauern bis in die Ewigkeit. Auch wenn dies hier nicht so sein kann, so will ich das Treueversprechen doch halten.«
Liebevoll strich Petra mit den Fingern darüber. Dann legte sie das Bild auf die Kommode und huschte schnell ins Bett. Sie hörte nämlich Christoph die Treppe heraufkommen.
»So, Petra! Hier ist warme Milch mit Honig! Ist nur aus haltbarer Beutelmilch. Aber bald wird wieder eine Kuh im Stall stehen, dann hast du frische Milch. Trink!«
Petra tank die Milch in kleinen Schlucken. Zwischendrin schaute sie ihn immer wieder fragend an.
»Ich hatte ein Gespräch mit Anna und Toni. Auch Tonis Eltern haben mir einiges erzählt. Ich weiß also Bescheid. Das wollte ich dir heute nacht nur noch sagen. Über alles andere reden wir morgen.«
Petra stellte den großen Becher aus blauem Email mit den kleinen weißen Punkten auf dem Nachttisch ab. Sie machte eine Bewegung, als wollte sie das Bett verlassen.
»Ich muß noch einmal hinunter in die Küche.«
Sanft drückte er sie in die Kissen zurück.
»Ich habe die Haustür abgeschlossen. Die Briefe auf dem Küchentisch habe ich nicht angerührt und werde sie auch nicht lesen. Das verspreche ich dir. Du kannst sie morgen früh wegräumen.«
Er zog die Decke hoch und steckte sie an ihren Schultern fest. Dann knipste er die Deckenlampe aus. Jetzt fiel nur noch der Schein der Nachttischlampe auf Petras Profil.
»Schlaf jetzt! Ich bleibe hier sitzen, bis du eingeschlafen bist. Dann nehme ich mir das Zimmer gegenüber. Schlaf dich morgen früh aus. Gute Nacht, liebste Petra!«
Er küßte ihr wieder zärtlich die Stirn. Petra schloß die Augen und spürte dann seine weichen Lippen auf den ihren. Sie erwiderte seinen Kuß.
Mit geschlossenen Augen lag sie da. Ihr Herz klopfte. Christoph, war das letzte,