Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Название Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman
Автор произведения Friederike von Buchner
Жанр Языкознание
Серия Toni der Hüttenwirt Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939748



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wie es mir möglich ist. Ich weiß, daß das alles nicht leicht für dich ist.«

      Sie nickten sich zu und schüttelten sich die Hände.

      Der Pfarrer gab Petra seinen Segen. Dann ließ er sie allein am Grab ihres Vaters zurück.

      Er ging in die Kirche und stellte eine besonders große Kerze auf. Er kniete vor der Statue der Heiligen Maria, der Mutter Gottes. In einem inbrünstigen Gebet erflehte er ihren Segen für die junge Frau. Sie brauchte eine Fürsprecherin, und wer war dafür wohl besser geeignet als die Mutter Gottes selbst?

      *

      Petra blieb noch eine kleine Weile beim Grab. Dann ging sie zurück zu ihrem Auto und fuhr zum Vogelmeier Hof. Der Weg dahin fiel ihr jetzt schon nicht mehr ganz so schwer.

      Sie parkte das Auto mitten auf dem Hof. Sie stieg aus und betrachtete das große Haus. Das Erdgeschoß war aus Bruchsteinen gebaut. Das nächste Stockwerk und das Dachgeschoß waren aus Holz. Vor beiden erstreckten sich Balkone über die ganze Front. Das weit ausladende Dach bot Schutz vor Wind, Regen und Schnee im Winter. Daneben gab es noch Nebengebäude in ähnlicher Bauweise aus Bruchsteinen und Holz.

      Petra beschloß, sich erst einmal alles von außen anzusehen. Sie umrundete das Haus. Dabei mußte sie über die Wiese gehen, deren Gras sicherlich schon lange nicht mehr gemäht worden war. Sie war froh, daß sie lange Hosen und feste, geschlossene Schuhe trug. Zwischen den Gräsern standen auch viele Brennesseln.

      Der Garten war ein Urwald voller Unkraut. Da die Pfleiders auch einen Garten hatten, war Petra mit Gartenarbeit vertraut. Sie erkannte die Struktur und entdeckte zwischen dem vielen Unkraut Beerensträucher. In dem vorderen Teil wuchsen Blumen. Petra pflückte einen großen Strauß.

      Dann gingen sie zurück zum Auto. Der Schlüssel lag immer noch auf dem Beifahrersitz. Mit klopfendem Herzen ergriff sie ihn und ging zur Haustür. Ihre Hand zitterte so, daß sie nur mühsam den Schlüsselbart ins Schlüsselloch bekam. Das Schloß ließ sich gut öffnen. Sie drückte die Tür auf und trat ein.

      Langsam schritt sie durch die große Diele. Die Türen zu den Zimmern standen offen. Es roch nach abgestandener Luft. Petra betrat zuerst die Küche. Sie legte die Blumen auf den Küchentisch und öffnete als erstes die beiden Küchenfenster. Dann ging sie von Raum zu Raum und öffnete überall schnell die Fenster. So durchwanderte sie alle Räume von unten bis oben. Die warme Sommerluft strömte herein. Weil Petra keine Vase fand, stellte sie die Blumen erst einmal in einen großen Kochtopf. Dann betrachtete sie die Küchenmöbel. Es waren alte Möbel, sehr alte. Die Türen waren bemalt. Petra öffnete Schranktür für Schranktür und zog Schubladen auf. Jedes Fach war ordentlich eingeräumt. In der Speisekammer fand sie viele Gläser mit Marmelade und Eingemachten. An der Decke hingen Schinken und Trockenwürste. Im Regal lag ein großer runder Käse und daneben ein Käsemesser. Petra schnitt sich ein Stück ab und aß den Käse. Er schmeckte ihr so gut, daß sie sich sofort noch ein weiteres großes Stück abschnitt.

      Mit dem Käse in der Hand, wanderte sie danach von Raum zu Raum. Sah sich alles an. In vielen Zimmern waren die Möbel mit weißen Tüchern verhängt. Es gab neben der Küche zwei Wohnzimmer, viele Schlafzimmer und unter dem Dach einen großen Trockenspeicher und möblierte kleine Zimmer. Petra erinnerte sich, was ihr Onkel Ludwig erzählt hatte. Die Vogelmeiers hatten früher Zimmer vermietet. Das Haus hatte drei Badezimmer. Sie waren nicht sehr modern, aber sauber und groß.

      Zum Schluß ging Petra in das Zimmer mit dem Einzelbett. Das war wohl das Schlafzimmer von Zacharias. Dann entdeckte sie auf dem Nachttisch einen Bilderrahmen. Das große Photo war schon sehr alt. Petra trat ans Fenser, um es genauer zu sehen. Ihr Herz klopfte. Es war ein Bild ihrer Mutter, als sie eine junge Frau war.

      »Er hat dich doch geliebt!« sagte Petra laut.

      Unten rechts in der Ecke hatte Zacharias Vogelmeier ein kleines Photo außen zwischen Rahmen und Glas gesteckt. Es war ein Bild von Petra.

      Sie stellte den Bilderrahmen zurück. »Sie öffnete den Kleiderschrank. Sachte strich sie über die Herrenkleidung, die darin hing.

      In der oberen Schublade einer Kommode lag eine alte Ledermappe. Petra schlug sie auf. Petras Hände zitterten, als sie die Briefe darin nacheinander betrachtete. Sie waren alle an ihre Mutter adressiert und ungeöffnet zurückgeschickt worden. Petra entschied, sie jetzt nicht zu öffnen und zu lesen. Das wollte sie sich für einen der nächsten Abende aufheben.

      Petra ging wieder hinunter in die Küche. Es war bald Mittag. Anna würde kommen. Petra deckte den Tisch. Sie holte Käse und Schinken aus der Speisekammer. Sie fand auch Gewürzgurken und Senf. Nur Brot gab es nicht. Vielleicht würde Anna Brot mitbringen. Das Teewasser kochte noch nicht, als es vom Kirchenturm zur Mittagszeit läutete.

      Da kam auch schon Anna mit dem Fahrrad angefahren. Sie klingelte laut mit der Fahrradglocke.

      »Komm rein! Ich bin in der Küche!« rief Petra durch das Küchenfenster.

      »Willkommen auf dem Vogelmeier Hof!« begrüßte Petra Anna.

      »Oh, sieht ganz so aus, als hättest du dich mit dem Hof schon angefreundet«, sagte Anna und betrachtete den liebevoll gedeckten Tisch.

      Sie stellte den Korb ab.

      »Das schickt dir Meta. Brot ist auch drin.«

      »Danke!« Petra machte sich sofort ans Auspacken. »Setz dich!«

      Dann brühte Petra Tee auf.

      Sie aßen.

      »Dir gefällt es hier, Petra, richtig?«

      Petra schaute Anna mit leuchtenden Augen an.

      »Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich kann es selbst kaum fassen. Das Haus hat mich so freundlich aufgenommen. Ich fühle mich gut hier, Anna. Es ist mir irgendwie nicht fremd.«

      »Das freut mich so für dich, Petra! Dann wirst du also hier wohnen?«

      »So lange es irgendwie geht. Ich habe ja ein paar Wochen Zeit. Wenn ich den Hof nicht halten kann, dann will ich die Zeit hier genießen. Onkel Ludwig sagte, ich sollte nach meinen Wurzeln suchen. Ich mußte nicht lange suchen.« Petra breitete die Arme aus. »Die sind hier!«

      »Wunderbar! Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich für dich freue. Xaver und Meta werden sich auch freuen. Die beiden haben sich solche Sorgen um dich gemacht. Wenn es dir hier so gut gefällt und du das Gefühl hast, daß du hierher gehörst, dann bleibe doch. Nimm dein Erbe an! Verlaß dich auf dein Bauchgefühl.«

      Petra lächelte wehmütig.

      »Das würde ich gerne tun. Ich bin noch nicht einmal einen Tag hier. Noch nicht einmal einen halben Tag! Es ist gerade etwas mehr als zwei Stunden und schon wünsche ich mir, nie mehr von hier fort zu müssen.«

      »Dann wirst du das auch nicht müssen. Es wird sicherlich einen Weg geben, daß du bleiben kannst. Das weiß ich. Da bin ich mir sicher. Die Engel auf dem ›Engelssteig‹, die schützend ihre Flügel über Waldkogel ausbreiten, wie die Leute sagen, werden ihren Schutz dem Vogelmeier Hof nicht entziehen. Ich bin mir ganz sicher, daß sie über dich und den Hof ganz besonders ihre Flügel breiten.«

      »Was ist der ›Engelssteig‹?«

      Anna nahm Petra bei der Hand und führte sie vor das Haus.

      »Dieser Gipfel heißt ›Engelssteig‹.«

      »Und der Gipfel dort? Wie heißt der?«

      »›Höllentor‹!«

      »Anna, weißt du, wo er abgestürzt ist? Da oder dort? Wer hat ihn gefunden und wo genau war das? Kann ich da hin?«

      »Das sind viele Fragen, Petra! Ich kann sie dir nicht alle beantworten. Er ist nicht hier abgestürzt. Ich werde dich mit dem Leonhard Gasser bekannt machen. Er ist der Leiter der Bergwacht. Er kann dir alle Einzelheiten sagen. Der Leo ist ein guter Freund von meinem Toni. Toni wird ihn bitten, dich dahin zu bringen. Ich kann verstehen, daß dir das wichtig ist.«

      »Danke, Anna«, sagte Petra ganz leise.