Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
Er war kein Mann, der irgend etwas beschönigte. Und das versöhnte mich ein wenig mit seinem brutalen Wesen. Kraftnaturen wie er bedürfen eines besonderen Maßstabes.
»Weshalb schleuderten Sie mich nachts in den Abgrund?« fragte ich mehr neugierig als feindselig.
Ein erstaunter Blick …
»Sie waren doch Braankens Verbündeter, El Gento … Das heißt: ich mußte dies bisher annehmen. Erst Ihre Aufklärungen vorhin gaben mir ein anderes Bild von den Dingen. Ich kann Sie nur um Verzeihung bitten, und ich tue es gern, denn – Sie gefallen mir. Sie scheinen aus ähnlichem Holze geschnitzt zu sein wie ich …«
»Nicht ganz … – Aber lassen wir das. Ich lebe – und ich begreife Ihre Handlungsweise. Freilich werden Sie die Folgen zu tragen haben. Die Thonecas werden Sie als Gefangenen mit in die Pampas nehmen, bis ich mit dem Major in Skyring …«
Eine unendlich gleichgültige Handbewegung schnitt mir das Wort ab. »Mit den Thonecas werde ich fertig werden … Lassen Sie die Kisten holen, ich bitte Sie, und dann möchte ich Braanken sprechen.«
Coy Cala hatte sich die letzten Minuten schweigsam und regungslos verhalten. – »Nicht sprechen können, Sennor,« sagte er jetzt kurz. »Braanken nicht mehr da … Braanken gehören Araukanern, auch blonde Sennorita. Chubur und Chico schon unterwegs mit beiden. Sennor werden mit Thonecas reiten. So gut, so beschlossen sein.«
Er winkte den drei Thonecas zu. »He – hier den Sennor zu Lagerplatz führen …!«
Er befahl, und die Art, wie er es tat, schwächte Mastilos unwillige Kopfbewegung zu einem gefügig-geringschätzigen Achselzucken ab. »Ihr brauner Freund spielt hier den Herrn der Situation, El Gento … – Wo sind die Kisten?«
Coy erwiderte hart: »Weg sein. Braanken schweigen. Kisten werden Sennor später vielleicht finden … Wenn Kommandant gerecht ist … Braune Araukaner immer gerecht. Gelbe Chilenen aber längst vergessen, daß Araukaner und Tehus waren Herren von Berge und Pampas. – Kommen, Mistre Karl Olaf … Coy aufbrechen. Viel zu tun, Mistre … Kommen …«
Mastilo starrte mich an.
»Ich kann an alledem nichts ändern,« meinte ich freundlicher, als er’s im Grunde verdient hatte. »Wir werden uns später noch treffen, Sennor. Leben Sie bis dahin wohl.«
»Die Kisten …« murmelte er nur. Ein tiefer Seufzer noch und er wandte sich den Thonecas zu.
Coy schritt schnell voraus. Als wir den Lagerplatz der Tehus und die Mooshütte erreichten, waren unsere Verbündeten bereits eifrigst mit den Vorbereitungen zum Aufbruch beschäftigt. Chuburs und Chicos Pferde fehlten, und auch Coy und ich nahmen unsere Pferde und sagten dem Thoneca-Kapiken Tuluma noch ein paar Abschiedsworte. Es war nicht viel Herzlichkeit darin. Der weißhaarige Eimerschädel von Häuptling fühlte wohl unbewußt meine ganz geringe Sympathie für Mastilo. Und das mochte ihn mißtrauisch gemacht haben. Diese Naturmenschen besitzen ja eine erstaunliche Beobachtungsgabe, sind förmlich Gedankenleser und Augendiagnostiker – letzteres freilich in anderer Art als die Naturheilkundigen und ähnliche Charlatane von Menschheitsbeglückern, die von der Natur keine Ahnung haben und deren famose Augendiagnose mich an die Methoden der Herren Medizinmänner der Tehuelchen erinnert, die zumeist den Patienten, ob diese nun an Brechdurchfall, Ausschlag oder Halsschmerzen leiden, in die Augen … spucken.
Als wir die unterste der Terrassen hinter uns hatten und sich nun vor uns das steinige Hochplateau endlos weit nach Osten zu ausbreitete, stieg Coy wortlos in den Sattel und trabte davon – mit einem so merkwürdig verschlossenen Gesicht, daß ich mir jede Frage verkniff, welchem Ziele wir zustrebten. Überhaupt hatte sich meines braunen Freundes Wesen mit einem Schlage von dem Moment an vollständig geändert, wo er dem Chilenen mit so deutlicher Verachtung von dem Gerechtigkeitsgefühl der Araukaner gesprochen und ihn auch an den einstigen Machtbereich der jetzt überall unterjochten Indianerstämme erinnert hatte.
Eine schmale, aber nach Süden hin scheinbar endlose Waldkulisse trennte uns jetzt von den Thonecas, die ebenfalls bereits über die Hochebene in weiter Ferne daherkamen. Coy sprang aus dem Sattel. Nahm die Taschen aus Seehundsfell von den Sattelhaken, warf sie sich über die Schulter, wand sich Lasso und Bola um den Leib und winkte mir dann zu. »Schnell, Mistre …!«
Gleich darauf jagten unsere beiden Gäule, denen Coy die Zügel verknotet und je ein kurzes Stückchen glimmenden Feuerschwamm unter die Schwänze geklemmt hatte, in wildestem Galopp ein flaches Tal hinab und verschwanden hinter einer Biegung. »Werden allein an Gallegos-Bucht zurückfinden,« sagte Coy. Dann erkletterte er eine uralte Buche, half mir hinauf, und aus diesem immergrünen Versteck konnten wir in aller Ruhe beobachten, wie sich nachher von dem Tehu-Trupp zehn Reiter abzweigten und ahnungslos der Fährte unserer Gäule folgten, während der alte Tuluma mit seinem weißen Gefangenen und den übrigen Thonecas nach Nordost hin den Ritt fortsetzte.
»Tuluma schlau und falsch,« meinte Coy und glitt am Stamm abwärts.
Eine Stunde drauf befanden wir uns wieder in der düsteren eisigen Schlucht, in der ich kurze Zeit Edith Gordon, Korrespondentin der Times, auf dem Schoße gehabt hatte.
Die Schlucht war leer. Das kleine Zelt fehlte. Chico und Chubur waren längst mit Braanken und der Miß unterwegs nach der Araukaner-Niederlassung an der Gallegos-Bucht.
Auch jetzt blieb Coy geradezu unheimlich still.
Fragen stellen?!
Es war ja klar, daß Coy, der jetzt dicht am Gletscherbach die Schlucht aufwärts verfolgte, sich die Sache anders überlegt hatte und mich zu dem rätselhaften Heiligtum der Araukaner nehmen wollte. Ich blieb dicht hinter ihm. Von einem Weg oder Pfad war hier natürlich keine Rede. Auf dem schlüpfrigen Boden glitten wir häufig genug aus, zumal mein brauner Freund alle Stellen vermied, wo unsere Seehundsstiefel auch nur die geringste Spur hätten zurücklassen können. Es war ein überaus mühseliger Weg, es war eine Strapaze ohne gleichen, dieses Klettern und Balancieren, dieses stete Mühen, sich im Gleichgewicht zu halten, dieses ununterbrochene Anspannen aller Muskeln – nach einer Nacht, die uns jedem nur knappe drei Stunden Schlaf beschert hatte. Es war ein unerhört qualvolles Wandern halb im sprühenden Gischt des in rasender Eile dahinschießenden Baches, der stellenweise noch kleine Fälle bildete und uns über und über mit feinsten Wasserperlchen bedachte. Es war trotzdem ein Weg von grandioser Seltsamkeit – zwischen oft himmelhohen Felswänden, stets im Halbdunkel, stets in der gräßlichen Kellerluft und in bedrückendem Moderduft. Es war ein Abenteuer für sich, dieses hartnäckige Erklimmen eines Pfades, der scheinbar nur am Höllentor enden konnte – ein Zugang zur Unterwelt, eine Bahn unbekannter Schrecken. Ein Wunder, daß nicht aus den finsteren Klüften zu Seiten dieses Höllenweges vorsintflutliche Ungeheuer uns anfielen. Viel Phantasie gehörte wahrhaftig nicht dazu, sich diese Untiere in grauenvollster Gestalt auszumalen.
Vielleicht anderthalb Stunden ging’s so höher und höher. Die Baumregion lag längst hinter uns. Oben an den Schluchträndern wuchsen nur mehr dürre Büsche, Krüppelkiefern und Dornen – ganz vereinzelt.
Und Coy kannte keine Ermüdung. Ich war wie in Schweiß gebadet. Meine Knie zitterten, meine überanstrengten Augen tränten, meine Waden zogen sich in Krampfanfällen schmerzhaft zusammen.
Vor uns das hohle, dumpfe Brausen eines neuen Wasserfalles. Eine scharfe Krümmung und wir sahen ihn vor uns.
Da machte Coy halt, wandte sich um.
Ich starrte empor zum grellen Sonnenlicht, wischte mir die Augen.
Ich