Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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Sie die Pferde nur mit zum Transport Ihrer Goldsäcke. Ich würde an Ihrer Stelle keine Sekunde zögern …“

      Er nickte übertrieben … „Sie brauchen mir keine guten Lehren zu geben … Ich reite schon.“

      Er hatte es plötzlich sehr eilig, der arme Narr, – meine plumpe List, ihn schleunigst aus unserer Nähe zu bringen, bevor er noch irgendein Unheil anrichtete, war geglückt. Sein krankes Hirn war nicht mehr fähig, irgend etwas kritisch abzuwägen, er folgte der Eingebung des Augenblicks wie ein Kind, und lachend und vor sich hin redend knotete er die Zügel der Pferde aneinander und jagte davon.

      Bell Dingo betrachtete mitleidig die schlaff in den Fesseln hängende Ethel. Dann sagte er zu mir: „Abelsen, das war unsere Rettung … So hat er vergessen, uns die Pistolen und Messer abzunehmen, – wir werden sehr bald frei sein. – Abelsen, helfen Sie mir aber nachher … Ethel darf nie die Überzeugung gewinnen, daß Paloma den Lord tötete … Ich will Ihnen die Wahrheit gestehen, so entsetzlich sie auch ist: Paloma brachte den Lord dorthin, wo ihr Vater sich erschoß … Sie hatte alles vorbereitet, sie band ihn nachts mit Eisendraht an das Kreuz … Er … lebte …“ Dingo flüsterte … „Er lebte, und ich, der gerade damals endlich Palomas Fährte gefunden hatte, – – ich … kam zu spät, Abelsen … Die Angst hatte den … Giftmischer schon getötet. – Das ist die Wahrheit. – Ich habe geschwiegen, denn Paloma … hätte mich niedergeknallt …“ Sein Gesicht hatte sich verfärbt. „Abelsen, sie ist besessen von ihrer Rachgier … Sie wird Robb töten … irgendwie auf nicht minder gräßliche Art … Wir müssen dies verhindern.“

      Er schwenkte mit den gefesselten Füßen herum und hielt sie hoch. „Knoten Sie mir die Stricke auf und reißen Sie mir auch mit den Zähnen Schuhe und Strümpfe ab … Schnell …“

      Dingos große Zehe war lang und schmal und stand etwas ab. Niemals hätte ich geglaubt, daß ein Mann – es sei denn ein Armloser – seine Zehen so als Greifwerkzeuge ausgebildet haben könnte.

      Die Schlingen über meiner Brust fielen herab, ich warf mich neben Dingo in den Sand, und seine Zähne vollendeten das Werk.

      Wir waren frei.

      „Bleiben Sie bei Ethel … schlug ich vor. „Ich bin ein guter Läufer … Ich werde noch rechtzeitig die Küste erreichen. – Wo liegt das Gold?“

      „In den fünf Gräbern, ziemlich tief, Abelsen …“ Er bemühte sich schon um Ethel … „Rechts neben den Gräbern im Gestrüpp liegt ein Spaten … Ich folge Ihnen, ich werde Ethel tragen, mir macht das nichts aus … Im Laufen dürfte ich Ihnen über sein …“

      „Wiedersehen, Dingo …“ Ich streckte ihm die Hand hin. „ Sollte uns etwas zustoßen, Freund Bell, und sollte dieses Wiedersehen erst dort stattfinden, woher es keine Heimkehr gibt, so lassen Sie sich schon jetzt sagen: Ich freue mich, Sie kennengelernt zu haben, Dingo! Sie sind mir Freund geworden … – Grüßen Sie Ethel von mir … Euch beiden alles Gute!“

      Ich trabte davon. Ich sparte meine Kräfte … Und es war nötig. Drei Monate Einsamkeit auf einer schwimmenden Insel lassen die Muskeln schlaff werden. Ich war körperlich nicht mehr genügend trainiert, und der lose Sand war kein Boden für ein Wettlauf mit einem Reiter, der eine halbe Stunde Vorsprung hatte. Wenn ich wenigstens genügend Ortskenntnis besessen hätte, den Weg abkürzen zu können! Ich war hier fremd und auf die Spuren derer angewiesen, die einem grausigen Ende entgegeneilten.

      Die Sonne kroch höher, und sie war unbarmherzig und dörrte mir Kehle und Mund.

      Kein Tropfen Wasser, keine Pfütze, kein Bächlein. Den Fluß hatten wir längst hinter uns gelassen.

      Über den Salzkräutern flimmerte die heiße Luft und verzerrte die Konturen von Busch und Baum …

      Und doch – irgend etwas trieb mich vorwärts … irgend etwas, das vielleicht bange Ahnung war. Der Schweiß brannte mir in den Augen, meine Schritte wurden unsicher … Ich stolperte … Ich durfte nicht stolpern … Es war ein Wettlauf mit dem Schicksal, dem ich in den Arm fallen wollte … Es war die Sorge um Ethels Seelenruhe, – damit Paloma nicht abermals den Namen Ruxa mit neuen Verbrechen belastete …

      Ich hoffte …

      Man hofft, man malt sich in solchen Stunden tausend günstige Möglichkeiten aus … Eins der Pferde könnte dem Kolonel entflohen sein … Ich würde es fangen und … reiten … – Ich sah ein einzelnes Känguruh … Wenn man es im Nu zähmen könnte … als Reittier … – Wenn Bluß gestürzt wäre und mit gebrochenem Genick neben den Pferden läge …!

      Aber mir blieb nichts erspart, nichts.

      Aufwärts gings … Die Wüste erhob sich zu den Randbergen der Küste, und der Odem des Meeres wehte mich an.

      „Wasser – – Wasser!!“ schrie mein umnebeltes Hirn verzweifelt.

      Ich schlich nur noch … Meine Beine zitterten, in meinen Schläfen klopfte das Blut …

      Wenn ich wenigstens einen Bunya-Bunya-Baum angetroffen hätte!! Die großen Nüsse hätten mich erfrischt.

      Mir wurde es schwarz vor den Augen, und als ich mich wieder erhob, flitzten ein paar wilde Kaninchen davon, die mich vielleicht neugierig beschnuppert hatten.

      Ich taumelte weiter. Kahles Gestein zwang mich, schärfer auf die Fährte zu achten … In einer Schlucht wandelte ich wie durch eine Hölle … Ich fühlte einen Hitzschlag nahen, meine Hand sonderte keinen Schweiß mehr ab …

      Plötzlich schoß ich vorwärts: Ein weit überhängender Block, darunter ein Loch, gefüllt mit klarem Wasser, – eine natürliche Zisterne …

      Ich trank schluckweise, vorsichtig. Ich wusch mir Gesicht, Nacken, Arme, feuchtete mein Hemd an …

      Wohltat war das.

      Ich hielt die bloßen Füße in das kühle Naß, und ich wußte: Das Meer war nahe.

      Weiter dann – als ein neuer Mensch … Als einer, der die Wildnis besiegt hatte.

      Sechs Stunden war ich unterwegs. Meine Uhr zeigte genau halb vier nachmittags, als ich durch die Büsche, die entsicherte Pistole in der Hand, auf die fünf Gräber zukroch und unter mir am Strande die Brandung schäumte.

      Wüste Sandhaufen und Löcher, keine falschen Grabhügel mehr!

      Paloma hatte das Gold bereits weggeschafft. Wohin?

      Ich schob mich bis zum Rande der Düne und schaute hinab.

      Ich zerbiß den Schrei, der mir über die Lippen wollte und nur ein Röcheln ward. Dieser Schrei hätte die Brandung, das Gekreisch der Vögel und das Knattern eines Benzinmotors übertönt …

      Denn dort draußen, schon jenseits der Sandbank, hinter der mein Eiland in der Tiefe geschlummert und seines Herrn gewartet hatte, schleppte der Kutter es hinaus in den unendlichen Golf von Carpentaria, in dieses buchtartige Meer mit trügerischen Untiefen und unterseeischen Schlünden … in dieses nie gelöste Rätsel für jedes Vermessungsschiff: An einer Stelle nur drei Meter, dicht daneben zeigt das Lot vielleicht tausend Meter …

      Meine Insel war geraubt, und La Kruxa steuerte den Kutter, während auf einer der flachen Bimssteinklippen des Eilandes Robb Battingham auf den Polstern jetzt getrockneten Seetangs ruhte, mit denen wir diese verräterischen Zacken bedeckt hatten, – und neben Robb saß Charlie, der Dobermann.

      Nicht alles war’s …

      Was Robb, Charlie und Paloma entging, erspähte ich von hier oben mit Leichtigkeit: Hinter dem durch die mäßig bewegten Wogen schleichenden künstlichen Bimssteingestade durchschnitt ein splitternackter Schwimmer mit kraftvollen Stößen die Wellen und rückte immer mehr auf, denn die Zugkraft des Kutters genügte gerade, meine Stahlinsel mit der Oberschicht schwimmenden Bimssteins vom Fleck zu befördern, – sie schlich nur, und Oberst Arthur Bluß mußte in wenigen Minuten sein Ziel erreicht haben, – der irrsinnige Bluß, der sich mit einem Tuche seine Pistole mitten auf dem Kopf festgebunden hatte.

      Hier drohte