Leopold von Ranke: Historiografische Werke. Leopold von Ranke

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Название Leopold von Ranke: Historiografische Werke
Автор произведения Leopold von Ranke
Жанр Документальная литература
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Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788027206056



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einer späteren Zeit vorbehalten. Er empfahl sie dringend in der vierten Denkschrift, März 1849, indem er hervorhob, daß die Zustimmung der meisten Fürsten zu dem Beschlusse des Frankfurter Parlaments erfolgt sei; es müsse etwas Besseres an die Stelle des unvollkommenen Deutschen Bundes mit seinen der Einheit widerstrebenden Souveränitäten treten: »welch eine Aussicht bietet sich dar, die Macht noch einmal mit den Ideen der Nation in Einklang zu bringen, wenn sich die Fürsten einem Haupte anschließen und in Übereinstimmung mit dem gesunden Teil der Nation gemeinschaftliche Sache zur Bekämpfung innerer und äußerer Feinde machen! Die Idee des Kaisertums fällt wie ein Strahl des Lichts in dieses Chaos.« Die preußische Regierung beschritt wohlmeinend, aber ohne rechte Entschlossenheit den Weg der Unionspolitik; Österreich setzte sich dem entgegen, indem es den früheren Bundestag wieder ins Leben rief; Preußen zögerte und schloß endlich den Vertrag zu Olmütz. Mehrmals wandte sich in dieser kritischen Zeit Herr v. Manteuffel ratfragend an Ranke; es liegen noch drei Denkschriften vor, die letzte vom Januar 1851; sie bemühen sich nachzuweisen, was man Österreich gegenüber doch wohl fordern und festhalten könne. Auch der König sprach öfters mit Ranke; es bildete sich ein näheres, persönliches Verhältnis, doch keineswegs in dem Sinne, daß Ranke gerade als politischer Ratgeber aufgetreten wäre: in freier Erörterung geschichtlicher und politischer Fragen berührten sich ihre Ansichten. Zweimal hat dann Friedrich Wilhelm IV. zur Zeit des Krimkrieges schriftliche Gutachten von Ranke erfordert, zuerst über die Verbesserung der Lage der christlichen Bevölkerung in der Türkei,26 sodann über die Frage, ob Preußen sich der feindseligen Haltung Österreichs gegen Rußland anschließen und damit die Sache der kriegführenden Mächte Frankreich und England fördern solle.27 Ranke riet, neutral zu bleiben, nicht Österreich zu dienen, ganz so wie der damalige Bundestagsgesandte v. Bismarck, den der König öfters nach Berlin berief, wo er dann auch mit Ranke in Beziehung trat. Das Glückwunschreiben, welches später Fürst Bismarck an Ranke richtete, als dieser 1882 sein Jubiläum als Mitglied der Akademie feierte, spricht von freundschaftlichem Verkehr seit vierzig Jahren;28 das mag als runde Zahl etwas zu hoch gegriffen sein, aber in das Jahr 1847, wo Bismarck zum Vereinigten Landtag in Berlin war, darf man gewiß solchen Verkehr setzen; damals wird Bismarck, noch ein Werdender, die soeben erschienene »Preußische Geschichte« gelesen haben und gern dem berühmten Professor näher getreten sein.29

      * * *

      Im Herbst 1850 weilte Ranke wieder in Paris, um ein neues Werk vorzubereiten, die Französische Geschichte. Viele von den venetianischen Berichten, die er einst in Italien gesammelt hatte, bezogen sich auf Frankreichs Zustände im 16. und 17. Jahrhundert; in Paris boten sich ihm zahlreiche, bisher wenig benutzte Akten und biographische Aufzeichnungen dar: so konnte er auch hier eine auf neues Material gestützte eingehende Darstellung bringen. Er schuf ein Werk, daß in farbenreichen Gemälden das Aufstreben der französischen Monarchie, die Verwirrung der Religionskriege, die Herstellung, die Zeit der Größe unter Ludwig XIV., den Verfall unter seinem Nachfolger schildert. Oft hatte er dabei die traurigen Geschicke Deutschlands zu berühren, dem solche politische Machtentwicklung in jener Zeit versagt war. Die daraus hervorgehende Mahnung klingt schon im ersten Bande durch, wo er erzählt, wie Heinrich II. von Frankreich sich der deutschen Städte Metz, Toul und Verdun bemächtigte, »trotz seiner Erklärung, die deutsche Freiheit beschützen zu wollen«; noch stärker erhebt sie sich bei den Ereignissen des 17. Jahrhunderts. Aber der Geschichtschreiber zeigt auch, wie Ludwig XIV. selbst den Verfall verschuldete durch Überspannung der monarchischen Gewalt und des kirchlichen Eifers: die Unterdrückung der Hugenotten schlug nicht nur dem Wohlstande Frankreichs schwere Wunden, sie verschärfte auch die literarische Opposition, die sich mehr und mehr der Geister bemächtigte und der Monarchie wie der Kirche entgegenstrebte, bis »die Flut der in Frankreich siegreichen Umwälzung, Kirche und Staat vernichtend, sich über Europa ergoß«. Reichliche Mitteilungen aus den Urkunden nebst kritischen Erörterungen fügte Ranke auch diesem Werke bei.