Название | Animalisches im Krankenhaus |
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Автор произведения | David Poppen |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738063592 |
Es war Markus nicht recht, dass Thomas die Geschichte weitererzählte, aber er wusste nicht, warum. Was war schon dabei?
Toni Huber schüttelte sich vor Lachen, als Thomas mit der Geschichte geendet hatte.
„Mann, die Story ist wirklich gut. Ich schau bald wieder bei euch rein. Vielleicht habt ihr dann was neues Gruseliges auf Lager.“
Er wechselte die Handtücher und ging.
„Der Unheimliche in deinem Traum“, sagte Thomas, „hatte er kein Gesicht? Ich meine, kannst du ihn beschreiben?“
„Ich habe sein Gesicht gesehen“, antwortete Markus. „Aber irgendwie scheint sich mein Geist gegen die Erinnerung zu wehren. Ich sehe den Mann genau vor mir. Nur sein Gesicht befindet sich hinter einem nebeligen Oval. Ich kann es nicht erkennen.“
Thomas lachte heiser. „Hoffentlich kommst du nicht auf die Idee, deinem unheimlichen Killer meine Gesichtszüge zu verleihen.“
Der Krankenpfleger Toni Huber hatte nur einen Fehler: Er konnte nichts für sich behalten. Was man dem Krankenpfleger erzählte, trug er prompt durch die ganze Klinik.
Man hätte es ebenso gut einer Katze an den Schwanz binden können. So machte der unheimliche Traum von Markus Bauer ziemlich schnell die Runde im Krankenhaus.
Dieser Traum kam auch dem Chefarzt zu Ohren.
Prof. Dr. Gerhard Weber wollte den Patienten erst aufsuchen, doch dann dachte er, es wäre besser, wenn er mit dem Mann in seinem Büro unter vier Augen sprechen würde.
Er bat eine Krankenschwester, ihm den Patienten zu holen.
Markus Bauer traf nach wenigen Minuten ein. Dr. Weber begrüßte freundlich seinen Patienten und bot ihm an, sich zu setzen.
Markus fragte sich schon die ganze Zeit über, was Dr. Weber von ihm wollte. Es war schließlich nicht üblich, dass man vom Chefarzt in dessen Büro empfangen wurde.
Dr. Weber fiel nicht gleich mit der Tür ins Haus. Er erkundigte sich zuerst nach dem Befinden seines Patienten.
„Danke, es geht mir den Umständen entsprechend gut. Deshalb möchte ich die Gelegenheit beim Schopf packen und Sie bitten, mich am Freitag nach Hause zu schicken.“
„Wir werden sehen“, sagte Dr. Weber, der sich jetzt noch nicht festlegen wollte. „Ich werde Sie morgen untersuchen. Wenn sich abschätzen lässt, dass es nicht riskant ist, Sie heimgehen zu lassen, werde ich Sie nicht länger hierbehalten. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl bei uns.“
„War für mich ein echter Glücksfall, dass ich in Ihre Klinik kam“, sagte Markus ehrlich.
„Schlimm, dass Ihr Bettnachbar starb, nicht wahr?“
„Ja, war ein echter Schock für mich. Paul Stumpf war in meinen Augen kein todkranker Mann. Es ging ihm doch gut. Und plötzlich ...“
„Das war auch für uns eine höchst unerfreuliche Überraschung“, gab der Chefarzt zu. „Aber mir kam da etwas zu Ohren. Es heißt, Sie hätten geträumt, dass Paul Stumpf sterben könnte?“
„Ihr Krankenpfleger ist schlimmer als ein altes Waschweib“, seufzte Markus.
„Er ist besser als eine Hauszeitung“, sagte Dr. Weber. „Vor allen viel schneller. Würden Sie mir bitte Ihren Traum erzählen, Herr Bauer?“
„Also wissen Sie, ehrlich gesagt, rede ich nicht gerne davon. Ich habe es einmal erzählt und glaube, dass dies zu viel war.“
Der Chefarzt konnte ihn aber schließlich doch überreden, ihm seinen Alptraum nochmals zu schildern.
„Und der Mann, der das getan hat, hat in Ihrer Erinnerung kein Gesicht?“, fragte Dr. Weber mit ernster Stimme.
„Ich habe sein Gesicht gesehen“, sagte Markus. „Aber nun ist es weg. Es war ein Gesicht, das mir bekannt war.“
„Würden Sie mich umgehend in Kenntnis setzen, wenn Sie sich doch noch erinnern sollten?“
„Wozu? Halten Sie das Ganze für keinen Traum? So etwas Irres kann nicht wirklich passiert sein.“
„Können Sie etwas für sich behalten, Herr Bauer?“
„Klar. Geheimnisse sind bei mir besser aufgehoben als in einem Tresor.“
„Wenn ein Mensch stirbt und sich die Ärzte nicht über die Todesursache im Klaren sind, wird er obduziert, damit man weiß, woran er gestorben ist“, sagte Dr. Weber.
„Das ist mir bekannt.“
„Was ich ihnen jetzt sagen werde, wird ihren Alptraum in ein anderes Licht rücken, Herr Bauer. Als Dr. Sommer die Obduktion bei Paul Stumpf durchführte, musste er zu seiner großen Verblüffung feststellen, dass der Tote kein Herz hatte.“
„Was wollte denn der Chefarzt von dir?“, erkundigte sich Thomas Schiefer, als sein Bettnachbar zurückkehrte.
Markus zuckte mit den Schultern und antwortete: „Es ging um meine Entlassung. Ich würde gerne schon am Freitag nach Hause gehen.“
Thomas lächelte. „Das kannst du mir doch nicht antun. Dann liege ich hier völlig alleine herum. Niemand mehr zum Reden, das wäre ja furchtbar.“
„In Krankenhäusern herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Vielleicht ist in ein paar Tagen dieses Zimmer sogar voll belegt.“
Der Krankenpfleger Toni Huber brachte das Abendessen. „Na, wie war´s beim Chef? Mir kommt vor, ihn bedrückt irgendetwas. Wissen Sie, was er hat?“
„Keine Ahnung“, antwortete Markus Bauer.
Ihm kam vor, als würde Thomas heimlich die Ohren spitzen. War der Mann nur neugierig, oder steckte mehr hinter diesem Wissensdurst?
Nach dem Abendessen wurde Markus müde. Seine Freundin Lara hatte ihm vor zwei Tagen einen iPod gebracht. Er setzte die Kopfhörer auf und ließ sich mit Musik berieseln, während Thomas neben ihm in einer Zeitschrift blätterte.
Markus fielen die Augen zu.
Es dauerte nicht lange, bis er von diesem unheimlichen Mörder träumte. Er sah den Mann neben dem Bett von Paul Stumpf stehen. Diesmal war das nebelige Oval seines Gesichts nicht ganz so verschwommen. Gesichtszüge ließen sich erahnen.
Markus Bauer strengte sich im Schlaf an. Er versuchte, den Nebel zum Verschwinden zu bringen. Zuerst wollte es ihm nicht gelingen, doch nach und nach wurde der Nebel dünner. Das Gesicht des Mörders schälte sich heraus.
Die letzten Schleier verflüchtigten sich. Markus sah den Mann ganz deutlich. Die Panik griff mit eiskalten Händen nach seinem Herz.
Er stöhnte und keuchte, hatte Angst. Obwohl er träumte begriff er, dass er in der vergangenen Nacht keinen Alptraum gehabt hatte.
Er hatte diesen Wahnsinn tatsächlich gesehen!
Verstört öffnete er die Augen.
Er sah Thomas Schiefer, der sich über ihn gebeugt hatte!
6
Schwarz und düster ragten die Mauern der alten Abtei St. Laurentius im Norden von München aus der Landschaft.
Der Wind pfiff unter die Dachsparren und heulte zwischen den Mauerritzen. Ein längst vergessener Herzog hatte die Abtei erbauen lassen, doch sie war nie von heiligen Männern und kirchlichen Würdenträgern bewohnt und benutzt worden.
Nach ihrer Fertigstellung hatte jener Herzog, der wohl einen Hang zum Makabren besaß, in diesen Mauern wüste Orgien gefeiert.
Man führte schwarze Messen durch, verherrlichte das Böse und betete den Höllenfürsten an. Mit dem Tod des Herzogs zerfiel die Sekte, die schwarze Abtei aber blieb bestehen.
Sie ragt noch heute als düsteres Mahnmal