Zwei Leichen und ein Todesfall. Irene Dorfner

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Название Zwei Leichen und ein Todesfall
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750214705



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Noch bevor sie darüber nachdachte, wieder aufzustehen, beobachtete sie, wie ihr Kai-Uwe zielstrebig im Matsch buddelte. So aufgeregt hatte sie ihn noch nie gesehen. Was war los mit ihm? Plötzlich setzte er sich und starrte auf die Stelle vor ihm. Elli Sander stand auf und ging auf ihn zu. Sie machte sich große Sorgen um ihren Kai-Uwe, der sich seltsam benahm. Ihre Wut war verraucht, denn mit ihrem Liebling stimmte etwas nicht. Beruhigend sprach sie auf ihn ein, aber er schien sie nicht zu hören. Als sie endlich bei ihm war, wusste sie, warum sich ihr Kai-Uwe so komisch benahm: Er hatte eine Leiche ausgebuddelt.

      Elli Sander traute ihren Augen nicht. Sie hatte noch nie eine Leiche gesehen und der Mageninhalt wanderte bedrohlich nach oben. Dann mahnte sie sich zur Ruhe, wobei sie laut mit sich selbst sprach. Sie beruhigte ihren Kai-Uwe und zog ihn von der Stelle weg, wozu sie ihm die Leine anlegen musste, denn freiwillig bewegte er sich nicht. Mit aller Kraft schaffte sie es, den dreißig Kilo schweren Rüden, der sich einfach nicht beruhigen wollte, endlich zur Seite zu ziehen. Mit zitternden Händen nahm sie ihr Handy und rief die Polizei an.

      „Leichenfund in Mühldorf, Bürgermeister-Hess-Straße“, sagte Tatjana laut zu ihren Kollegen, die sofort aufsprangen.

      „Das ist das östliche Industriegebiet“, erklärte Leo dem Neuen.

      „Ich weiß“, grinste Anton Graumaier und ging zielstrebig auf Diana zu.

      „Klugscheißer!“, murmelte Leo.

      Tatjana Struck verdrehte die Augen. Der Neue bedrängte Diana, was sie nicht erlauben konnte. Und jetzt bekam sie auch noch mit, dass Leo von ihm nicht begeistert war, was sie irgendwie verstehen konnte. Was sollte sie tun?

      „Diana, du fährst mit mir. Leo, du nimmst Graumaier mit.“

      „Warum ich?“, maulte Leo.

      „Weil ich es sage.“

      „Schade“, lächelte Graumaier Diana an, die hingegen froh darüber war, Tatjana begleiten zu dürfen, denn der Neue war nicht ihr Typ. Ganz abgesehen davon, würde sie niemals etwas mit einem Kollegen anfangen.

      „Danke“, sagte sie zu Tatjana, als sie in den Wagen stieg.

      „Gerne. Sollte er sich dir unangemessen nähern, gib mir Bescheid.“

      „Ich kann mich wehren“, lachte Diana.

      „Das weiß ich. Trotzdem brauchen wir nicht noch einen, der seine Hormone nicht unter Kontrolle hat. Hans reicht uns völlig.“

      Leo fuhr den Wagen und schwieg. Was sollte er dem Neuen sagen?

      „Hat die hübsche Kollegin einen Mann oder einen Freund?“ Anton Graumaier grinste. Er war eine Frohnatur, was Leo erneut sauer aufstieß. Während er sich Gedanken um das Opfer machte, zeigte der Neue Interesse für seine Kollegin.

      Leo hatte nicht vor, ihm zu antworten und schwieg beharrlich. Kurz vor dem Fundort der Leiche wiederholte Graumaier seine Frage, denn die hübsche Kollegin gefiel ihm besonders gut.

      Leo stellte den Wagen ab, nachdem er die Zeugin mit ihrem Hund erblickt hatte.

      „Finger weg von Diana, verstanden? Sie sind warum auch immer in Mühldorf, um Ihre Arbeit zu machen. So lange Sie hier sind, reißen Sie sich gefälligst zusammen, haben Sie das kapiert? Wenn nicht, bekommen Sie ernsthafte Probleme!“

      „Schon gut, ich wollte….“

      „Halten Sie einfach die Klappe und machen Sie Ihre Arbeit, Mann!“

      Tatjana sah sofort, dass es zwischen Leo und dem Neuen Probleme gegeben hatte, was sie nicht leiden konnte.

      „Ist etwas vorgefallen?“, wandte sie sich an Leo.

      „Nicht der Rede wert. Wo ist die Leiche?“

      „Dort. Kein schöner Anblick, das kannst du mir glauben. Von dem Gesicht ist nicht viel übrig geblieben.“

      Leo grüßte den Leiter der Spurensicherung, der bereits veranlasst hatte, dass die Fundstelle der Leiche weiträumig abgesperrt wurde. Friedrich Fuchs war auf dieses Wetter und den Matsch bestens vorbereitet, Leo leider nicht. Bereits nach zwei Schritten waren die Cowboystiefel versaut, was seine Laune nicht verbesserte.

      „Der sieht übel aus“, sagte Graumaier, der Leo gefolgt war. „Ich schätze, dass der noch nicht lange dort liegt.“

      „Das nehme ich auch an.“ Leo drehte sich um und ging wieder. Auch, um Fuchs das Feld zu überlassen, der es nicht mochte, wenn er nicht in Ruhe arbeiten konnte.

      „Was haben Sie vor, Kollege Schwartz?“

      „Ich sehe mich nur um.“

      Leo watete durch die Baustelle und besah sich alles sehr genau. Graumaier folgte ihm, was Leo egal war.

      „Hier war schon lange keiner mehr“, sagte Leo mehr zu sich selbst. „Warum? Wegen des Wetters?“

      „Das müssen wir unbedingt herausfinden“, sagte Graumaier, der nicht von Leos Seite wich. „Gehen wir zurück zu den anderen?“

      „Noch nicht.“ Leo ging weiter. Dann fand er endlich, wonach er suchte – eine Schaufel. Damit könnte die Leiche vergraben worden sein. Er zog Handschuhe an, packte die Schaufel und ging zu Fuchs, dem er sie übergab. „Vielleicht haben wir Glück und finden Fingerabdrücke.“

      Laute Motorengeräusche unterbrachen das Gespräch. Alle sahen zu, wie ein Mann einen Bagger zur Seite fuhr, der sich in Fuchs‘ abgesperrten Terrain befand und ihn störte. Die Polizei hatte versucht, Klemens Weinmayer als den zuständigen Bauunternehmer zu erreichen, aber der ging nicht ans Telefon. Über Umwege wurde die Anfrage an Udo Brauer gerichtet, der jetzt dabei war, den Bagger umzusetzen.

      Udo Brauer hatte keine Ahnung, warum die Polizei auf der Baustelle war, auf der seit zwei Wochen nicht mehr gearbeitet wurde. Bevor er sich erkundigen konnte, musste er erst den Bagger zur Seite fahren, was für ihn kein Problem war. Als Fuchs mit einem erhobenen Daumen sein Okay für den neuen Standort gab, schloss Brauer den Bagger ab und ging auf Leo zu, der offensichtlich hier etwas zu sagen hatte.

      „Darf ich fragen, was die Polizei hier sucht?“

      „Wir suchen nicht, es wurde eine Leiche gefunden“, sagte Leo und zeigte auf die Stelle, an der mehrere Kollegen der Spurensicherung arbeiteten.

      „Eine Leiche?“ Brauer war erschrocken. Er hatte zwar schon von Leichenfunden auf Baustellen gehört, aber noch nie selbst damit zu tun gehabt. „Ein archäologischer Fund?“

      „Nein, danach sieht es nicht aus, die Leiche ist noch ziemlich frisch. Ich nehme an, dass Sie etwas mit dieser Baustelle zu tun haben?“

      „Ich bin der Vorarbeiter, Udo Brauer mein Name.“

      „Ausweis?“

      Leo machte Notizen und gab Brauer den Ausweis zurück.

      „Warum wird hier nicht gearbeitet?“

      „Der Chef hat auf meinen Rat hin beschlossen, die Arbeiten für dieses Jahr einzustellen. Unsere Leute sind müde, ich auch. Zum einen hatten wir in diesem Jahr eine Baustelle nach der anderen, und zum anderen ist es langsam zu kalt für vernünftige Arbeiten. Wer ist der Tote?“

      „Das wissen wir noch nicht. Vielleicht könnten Sie einen Blick auf ihn werfen?“

      Dass sich der Kollege Schwartz in Begleitung eines Fremden der Leiche näherte, gefiel Friedrich Fuchs überhaupt nicht. Er beobachtete jeden einzelnen Schritt.

      Brauer verzog das Gesicht, als er auf den Toten blickte, der schon fast vollständig von Matsch und Dreck gesäubert worden war.

      „Nein, den kenne ich nicht. Wenn er ein Gesicht hätte, vielleicht. Aber so?“

      „Was wird hier gebaut?“

      „Hier entsteht ein neues Autohaus“, sagte Brauer wahrheitsgemäß, auch wenn er fand, dass es davon schon genug gab.

      „Wer ist der Bauherr?“

      „Die