Zwei Leichen und ein Todesfall. Irene Dorfner

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Название Zwei Leichen und ein Todesfall
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750214705



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hatte endgültig genug und musste sich dringend um Überwachungskameras kümmern, um diese Sabotagen ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Die fünf Reifen von heute Nacht kosteten ihn ein Vermögen. Geld, das eigentlich für Dieter bestimmt war. Dann musste dieser Trottel eben noch ein paar Tage warten.

      Weinmayer gab Gas und hinterließ eine große Staubwolke. Diese verdammte Baustelle! Unter normalen Umständen wären sie schon sehr viel weiter. Noch heute musste er die Überwachungskameras installieren, wofür er zusätzlich Geld ausgeben musste. Wenn er den oder die Saboteure in die Finger bekäme, würde er ihn den Hals umdrehen.

      Udo Brauer stand da wie ein begossener Pudel. Seit sein Chef geschieden war, hatte er sich verändert. Klemens hatte Probleme, das war ihm klar. Aber das ging ihn nichts an, und schon gar nicht seine Mitarbeiter. Momentan hatte auch er private Probleme, die er ja auch nicht zur Arbeit mitnahm. Konnte sich Klemens nicht zusammenreißen, wie er es auch musste? Er sah dem protzigen Wagen seines Chefs hinterher, als der davonfuhr. Udo hatte noch darauf gehofft, dass Klemens zur Vernunft käme, aber das war nicht der Fall. Wie sollte er seinen Mitarbeitern beibringen, dass es weiterging und das Bauvorhaben trotz aller Widrigkeiten fortgeführt werden musste?

      Wie erwartet waren alle sauer, als er Klemens‘ Entscheidung weiterleitete. Zwei Männer schmissen sofort alles hin und kündigten fristlos, die anderen gingen wieder murrend an die Arbeit.

      Langsam hatte Udo Brauer genug. Am liebsten würde er sich einen neuen Job suchen. Aber wer wollte ihn mit seinen neunundfünfzig Jahren noch nehmen? Das wusste Klemens, sonst würde er ihn nicht so von oben herab behandeln. Diesen Mistkerl sollte der Teufel holen!

      Brauer kümmerte sich um die Reifen und trieb seine Leute an. Die Stimmung war schlecht, auch wenn er seinen Leuten zum Mittag Pizza spendierte. Alle wussten, dass der Vorarbeiter auf ihrer Seite war, trotzdem waren sie auch auf ihn wütend. Da der Chef für sie nicht greifbar war, musste an dessen Stelle eben Brauer herhalten.

      Während des ganzen Tages wurde die Baustelle beobachtet. Was musste denn noch alles unternommen werden, damit diese Leute endlich mit ihren Arbeiten aufhörten?

      2.

      Kurz vor Feierabend klingelte Brauers Handy. Er erkannte die Nummer seiner Frau. Ihm wurde schlecht, denn wenn sie anrief, musste es dringend sein.

      „Komm schnell, Udo! Max steht vor der Tür und flippt völlig aus! Er hat zwei Fenster eingeworfen. Ich habe die Polizei gerufen.“ Udos Frau war völlig aufgelöst.

      „Ich bin unterwegs! Lass ihn nicht rein, hörst du?“

      „Natürlich nicht!“

      Brauer rannte während des Gespräches zu seinem Wagen. Die Rufe seiner Leute überhörte er.

      „Ist Gaby zuhause?“

      „Ja, sie ist hier und völlig aufgelöst. Ich kann sie kaum beruhigen.“

      „Schließt euch ein!“

      „Wo denn?“ Brauers Frau war völlig hysterisch und schien überfordert zu sein.

      Brauer brauchte nicht lange zu überlegen, denn es gab in seinem Haus, das er selbst gebaut hatte, nur einen einzigen Ort, der sicher genug war.

      „Geht in den Heizkeller, der Schlüssel steckt von innen.“

      „Bitte beeile dich!“

      Diesen verdammten Max soll der Teufel holen! Den Exfreund seiner Tochter hatte er noch nie gemocht. Warum seine Gaby auf diesen Hallodri reingefallen war, war ihm immer noch ein Rätsel. Seine Prinzessin, die ihm bis dato noch nie Probleme gemacht hatte, war diesem windigen Typen völlig verfallen. Dass Max Kern aus schwierigen Verhältnissen stammte, hätten Brauer und seine Frau vielleicht noch hingenommen, schließlich konnte niemand etwas für seine Herkunft. Aber dass er faul war und sich nicht einmal die Mühe machte, sich eine Arbeit zu suchen, machte ihn wütend. Dazu prahlte er mit seinem Halbwissen und führte überall den Ton an. Max hatte eine Gabe, sich über andere lustig zu machen und sich selbst als Intellektuellen darzustellen, der er ganz sicher nicht war. Er war ein Blender, wie er im Buche stand. Es hätte oft nicht viel gefehlt, und Brauer hätte sich diesen Klugscheißer vorgenommen, aber seiner Tochter zuliebe hielt er sich zurück und machte gute Miene zum bösen Spiel. Seine Gaby liebte diesen Mann abgöttisch und unterstützte ihn, wo sie nur konnte – auch finanziell, denn Max besaß nichts und hatte es nicht nötig, daran selbst etwas zu ändern. Dass Gaby ihre Ersparnisse verlor, machte nicht nur Brauer sauer, sondern auch seine Frau. Als Max dann auch noch anfing, seine Tochter zu unterdrücken und sie schlecht zu behandeln, war das für ihn als Vater nur schwer zu ertragen. Wie oft er seiner Gaby ins Gewissen geredet hatte, konnte er nicht mehr zählen. Aber sie wollte nicht hören und verteidigte ihren Freund, wo sie nur konnte. Vor drei Monaten tickte Max dann völlig aus. Brauer konnte sich noch gut an das Telefonat erinnern, das ihn mitten in der Nacht erreichte. Es war die Stationsschwester des Mühldorfer Krankenhauses. Die Frau kannte Gaby und fühlte sich verpflichtet, die Eltern zu informieren, auch wenn seine Tochter das nicht wollte. Gaby schämte sich und schien nicht zu verstehen, was passiert war. Max hatte Gaby nicht nur geschlagen, sondern regelrecht verprügelt. Sie hatte mehrere Hämatome am ganzen Körper, eine Platzwunde an der Augenbraue und eine aufgeplatzte Lippe davongetragen. Dass die heftigen Schläge nicht mehr angerichtet hatten, war reine Glückssache. Gaby war völlig verstört und brach beim Anblick ihrer Eltern zusammen. Brauer konnte seine Tochter zu einer Anzeige drängen, auch wenn das nicht leicht für sie war. Sie liebte diesen Scheißkerl immer noch und versuchte anfangs, sein Verhalten irgendwie zu erklären. Vielleicht war es auch nur die Angst vor ihm. Aber Brauer gab nicht auf und Max bekam das, was er verdiente: Eine Anzeige und ein Kontaktverbot, das noch in derselben Nacht ausgesprochen wurde. Wann und ob überhaupt eine Gerichtsverhandlung stattfand, stand in den Sternen. Brauer war kurz davor, sich den Typen selbst vorzunehmen, aber damit würde auch er sich strafbar machen. Zum Glück war seine Frau besonnen und konnte ihn beruhigen.

      Vor einer Woche stand Max plötzlich wieder vor der Tür. Als er das dämliche Gesicht des Mannes sah, der seine Tochter übel zugerichtet hatte, hätte er ihn am liebsten zusammengeschlagen. Stattdessen blieb er ruhig und rief die Polizei. Aber das hielt Max nicht zurück. Seitdem tauchte er immer wieder auf. Und jetzt überschritt Max eine Grenze, worauf Brauer schon lange gewartet hatte. Wenn es stimmte, was seine Frau sagte, würde er sich diesen Mann endlich vornehmen. Jetzt, da dieses Arschloch sein Eigentum beschädigte, fühlte er sich dazu im Recht. Körperlich war er Max überlegen, dieser windige Typ brachte keine siebzig Kilo auf die Waage.

      Brauer gab Gas. Als er auf sein Haus zufuhr, konnte er beobachten, wie Max durch das Küchenfenster in sein Haus einstieg. Dass das Max war, daran hatte er keinen Zweifel, auch wenn er ihn nicht erkannte. Die Polizei war noch nicht hier, was ihm sauer aufstieß. Was fiel diesen Polizisten eigentlich ein? Zwei Frauen waren in Not, da war höchste Eile geboten!

      Brauer stellte den Wagen ab, nahm den Wagenheber aus dem Kofferraum und rannte auf sein Haus zu. Sollte er Max vor dem Eintreffen der Polizei erwischen, hatte der Pech gehabt – denn jetzt, da sich der gewalttätige Mann unrechtmäßig Zugang zu seinem Haus verschafft hatte, hatte dieses Arschloch eine Grenze überschritten, die er nicht hinnehmen wollte. Er war fest entschlossen, Max den Schädel einzuschlagen.

      3.

      Klemens Weinmayer hatte die Überwachungskameras besorgt, sie lagen in seinem Kofferraum. Wahnsinn, was die gekostet hatten! Am liebsten hätte er sie sofort angebracht, aber ein wichtiger Termin kam dazwischen. Ein neuer Kunde, der gleich zwei Bauaufträge im nächsten Jahr in Aussicht stellte. Weinmayer mochte diesen Mann nicht, aber Antipathien konnte er sich nicht leisten. Zwei Bauaufträge versprachen fettes Geld und daran war er immer interessiert. Nach zähen Geschäftsverhandlungen und einem Kneipenbesuch war er endlich zu Hause angekommen. Wie er diese Gespräche hasste! Wie immer wollte sein Gegenüber, dass er hofiert und gepampert wird, damit er ihm den Auftrag gab. Widerlich! Der Umgang im geschäftlichen Bereich verkam immer mehr, was ihn mehr und mehr anödete. Aber was sollte er machen? Um an weitere Aufträge und