Luna's Töchter. Claudia Trapka

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Название Luna's Töchter
Автор произведения Claudia Trapka
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847621065



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      Einige Minuten später führte uns der Direktor in einen Raum, welcher einzeln technisch gesichert war. Die Alarmanlage schaltete er mit einem Zahlencode aus. Er schloss die Tür auf, sie war zweifach verriegelt, und ließ uns eintreten. Die Fenster waren vergittert. In diesem Raum stand eine alte Rüstung und verschiedene Artefakte hingen an den Wänden. Alle schienen etwa aus der Zeit des Schwertes zu stammen. Das Schwert selbst wirkte, als würde es in der Mitte über einem Sockel schweben. Ein Plexiglassockel verhinderte, dass es zu Boden fiel. Ich trat etwas näher an diese Konstruktion heran. Mit jeder Faser meines Körpers wünschte ich mir, das Schwert einmal berühren zu dürfen. Dieses Schwert wirkte stark. Es glänzte nach all den Jahren, als wäre es noch nie geführt worden. Selbst Wetter schien mit dem Schwert nicht in Berührung gekommen zu sein. Seine Klinge war so lang, dass sie mir vermutlich vom Boden bis zu meinen Hüften reichen würde. Eine Gravur, die mir spontan nichts sagte, zierte die Klinge. Ich würde mich später damit beschäftigen müssen. Denn diese Gravur konnte ohne Zweifel der Hinweis auf das nächste Schwert sein. Aber der Griff, es war der Griff, von dem ich mich nicht abwenden konnte. Er wirkte feingeschliffen mit gutem Leder umwickelt, damit man nicht selbst verletzt würde, wenn man es führte. Am Ende des Griffes bildete ein geschliffener Feueropal den krönenden Abschluss. Der Opal hatte die Form einer Flamme. ‚Daher hat also das Schwert seinen Namen’, dachte ich.

      Ich war zu fasziniert, um irgendetwas um mich herum zu bemerken.

      Doch plötzlich schrie der Direktor: „Vorsicht!“

      Erschrocken drehte ich mich zu ihm um. Er hatte Jo beiseite gestoßen und eine Art Feuerwesen kam direkt auf mich zu geschossen. Ich zuckte zurück, sprang zur Seite und fiel gegen den Plexiglassockel. Dieser stürzte um, das Schwert schien genau auf mich zu fallen. Doch wie durch ein Wunder landete es nicht in meiner Brust, sondern direkt mit dem Griff in meiner Hand. Entsetzt und verdattert rappelten wir uns auf.

      „Passiert so was in diesem Raum öfter? Oder wollten Sie mich umbringen?“, fauchte ich den Direktor an und legte das Schwert vorsichtig neben dem Sockel ab.

      Doch der Direktor wirkte verstörter, als Jo und ich zusammen. Das Feuerwesen war verschwunden, doch die Vorhänge an den Fenstern brannten lichterloh. Während der Direktor noch mit seiner Fassung rang, versuchte mir Jo etwas in Zeichensprache zu sagen. Dummerweise war ich im Moment zu durcheinander, um ihn zu verstehen. Aber dann sah ich die Pflanzen neben den Vorhängen.

      In der vertauten, mir verständlichen Sprache riefen sie um Hilfe. Wasser gab es hier nicht. Ich versuchte, die Pflanzen von den Flammen wegzuziehen. Aber sie waren zu schwer.

      Aus dem Schwert erhob sich plötzlich ein leichter Nebel. Der Nebel formte sich zu einer Gestalt. Diese Gestalt bedeutete mir, das Schwert zu nehmen. Wie von Geisterhand geführt, tat ich, was von mir verlangt wurde. Dann hob die Gestalt meine Hände und führte das Schwert zur uns am nächsten lodernden Flamme. Mit der Schwertspitze berührte ich die Flammen und augenblicklich erloschen diese. Ich hatte begriffen. Ich rannte von Vorhang zu Vorhang und löschte die Flammen mit der Schwertspitze. Damit rettete ich den Pflanzen das Leben, und sie bedankten sich leise.

      Meine Handlung verwirrte den Direktor so sehr, das er in Ohnmacht fiel. Jo konnte ihn gerade noch auffangen, damit er sich nicht den Kopf aufschlug.

      Als alles vorbei war, sanken wir nebeneinander auf den Boden. Den Direktor bettete Jo vorsichtig neben sich auf seine Jacke.

      Es dauerte eine Weile, bis der Direktor wieder zu sich kam. Sein Blick schweifte durch den Raum. Unsere Augen folgten ihm. Die Vorhänge waren fast alle völlig unbrauchbar geworden. Das Schwert lag wieder neben dem Sockel. Dieser lag noch immer umgestürzt mitten im Raum, und wir saßen wie ein Häufchen Elend an der Tür und rangen nach Fassung.

      Noch während wir so saßen, stieg aus dem Schwert erneut der Nebel auf. Auch dieses mal hatte er eine Form. Das war zuviel für den Direktor, wieder fiel er in sich zusammen und verlor das Bewusstsein. Jo und ich beobachteten das Szenario jedoch mit wachsender Aufmerksamkeit. So entging uns auch nicht, dass sich der Sockel wieder aufstellte und gerade rückte, so wirkte es in dem Nebel zumindest, und ein zweites Schwert entstand. Eine originalgetreue Kopie des Flammenschwertes suchte sich seinen Platz über dem Sockel. Alles geschah in Sekundenschnelle und wie von allein. Dann schien es, als zwinkerte uns das Nebelwesen zu und wies auf das Originalschwert. Spätestens jetzt blieb mir die Luft weg. Das Wesen verschwand wieder im Schwert, bevor es auf die Größe einer Nagelfeile zusammenschrumpfte.

      Natürlich begriffen wir sofort, und Jo ließ das Minischwert in meine Handtasche gleiten. Jo bedeutete mir, wieder zu atmen. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich tatsächlich die Luft anhielt. Japsend sog ich Luft ein, dann konzentrierten wir uns darauf, den Direktor wieder zu sich zu bringen.

      „Herr Direktor, hallo.“

      Jo klopfte vorsichtig auf seine Wangen, während ich immer wieder versuchte ihn anzusprechen.

      „Herr Direktor, es ist alles wieder in Ordnung. Wachen Sie auf.“

      Es dauerte bestimmt eine gute halbe Stunde, bis er wirklich wieder bei sich war. Dann setzte er sich ruckartig auf. Ein großer Fehler, sein Kreislauf war völlig im Keller. Zumindest blieb er bei Bewusstsein.

      „Herr Direktor, geht es wieder?“ Wollte ich wissen.

      Etwas benommen antwortete er: „Ja, ich weiß nicht so recht was passiert ist. Ich träumte, ein übernatürliches Wesen hat hier Feuer gelegt.“

      Ich schüttelte freundlich den Kopf: „Nein, Herr Direktor, das war kein Traum. Schauen Sie, die Vorhänge.“

      Er stöhnte: „Und wie soll ich das der Versicherung begreiflich machen? Das glaubt mir kein Mensch.“

      „Nun. Sie haben uns als Zeugen.“

      Das war für ihn nur ein kleiner Trost.

      „Sie sollten jetzt gehen, ich sollte mich etwas hinlegen.“

      „Wohnen Sie weit von hier? Sollen wir Sie heimbringen? Oder Ihre Frau benachrichtigen, dass sie Sie abholt?“

      Er lehnte ab: „Nein, nein, ich, ähm, schlafe zurzeit im Büro. Darf auch niemand wissen.“

      Wir grinsten und ich erklärte: „Keine Sorge, wir verraten nichts. Schlafen Sie gut. Wir kommen morgen noch mal vorbei, um mit Ihnen den Versicherungsmenschen zu überzeugen.“

      „Danke.“

      Dann verließen wir das Museum.

      Ich war auf dem Heimweg etwas skeptisch: „Hätten wir nicht jetzt den Bericht mit ihm machen sollen? Ich meine, nicht dass er uns unterstellt, wir hätten Feuer gelegt. Zumal wir hier etwas in der Tasche haben,“ ich deutete auf meine Handtasche, „was nicht so ganz erklärbar ist.“

      Jo schaute sich um, niemand war zu sehen, also konnte er antworten: „Im Moment ist das gute Stück so klein, dass niemand ahnen würde, dass dieses das Original hier ist.“

      „Ich habe trotzdem ein mulmiges Gefühl im Magen.“

      Schelmisch grinste Jo: „Na das liegt wohl eher am leeren Magen.“

      Damit war für ihn das Thema erst einmal beendet. Und ich stellte fest, dass mein Magen tatsächlich knurrte wie ein Bär, der im Winterschlaf gestört wurde.

      Zu Hause legte ich das Minischwert auf den Küchentisch und betrachtete es ganz genau. Jede Einzelheit war auf der Miniatur zu erkennen.

      „Ich hoffe nur, dass wir zu gegebener Zeit erfahren, wie wir es wieder auf die richtige Größe bekommen.“

      „Sicher. Aber im Moment ist es gut, das es so klein ist. So lässt es sich hier besser aufbewahren und zum Schloss transportieren. Stell Dir vor, wir müssten fünfzehn Schwerter in Originalgröße schleppen. – Grausam. Ich hoffe, wir bekommen alle zunächst verkleinert. Das macht es leichter.“

      Recht hatte Jo ja, aber mir war trotzdem mulmig.

      Und ich sollte Recht behalten. Obwohl der Direktor zugab, nichts wäre gestohlen