Grundreinigung. Elisa Scheer

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Название Grundreinigung
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737559751



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Teppichboden so gründlich gesaugt, dass seine ehemalige Farbe etwas deutlicher zutage trat, mitsamt den Verfärbungen vor dem Fenster, die mir nun endgültig verrieten, warum er damals so günstig gewesen war.

      Als ich auch noch das Bett gemacht und die Tagesdecke glatt gestrichen hatte, war wirklich nichts mehr zu tun, und ich amüsierte mich damit, im Internet nach Informationen über den Kunstverein zu suchen.

      Es war fast drei, als ich vor der Tür Gerumpel und Geklapper hörte und schließlich heftiges Fluchen. Dann klingelte es. Ich wartete ein bisschen und öffnete dann langsam. Heiner stand vor mir und besah sich mit verwirrter Miene seinen Schlüsselbund. „Hast du das Geld dabei?“, fragte ich sofort.

      „Welches Geld? Ach, Anne, jetzt nerv mich doch nicht! Ich hab meinen Schlüssel verloren!“

      „Dann pack deine Sachen, aber sofort.“

      „Was?“

      „Was – was? Ich hab dir gestern gesagt, ohne Geld fliegst du raus. Kein Geld, kein Durchgefüttertwerden. Ich geb dir eine Stunde, danach werfe ich deinen Schotter selbst auf die Straße. Den Laptop zuerst.“

      „Spinnst du?“

      „Nein, im Gegenteil. Ich muss gesponnen haben, als ich dich hier reingelassen habe. Jetzt bin ich wieder vernünftig. Die beiden Umzugskisten im Flur kannst du haben, deine Schmutzwäsche ist schon drin. Los, fang an!“

      Heiner sah mich verständnislos an. „Ich brauch einen Kaffee.“

      „Hier gibt es keinen. Alles aus, ich hab kein Geld mehr, um dich zu ernähren.“

      „Wo soll ich denn hin?“

      „Weiß ich doch nicht. Miet dir halt selber was, du hast doch genug Geld.“

      „Heute noch?“

      „Himmel, an der Uni gibt es genug Pensionen, da kannst du schon unterkriechen. Noch fünfzig Minuten.“

      „Aber Anne, es war doch immer so schön mit uns, das kannst du doch nicht ganz vergessen haben!“

      „Schön? Für dich vielleicht! Du hattest eine Dumme, die alles für dich gemacht hat, und du konntest dein Geld sparen. Und als Gegenleistung hast du lediglich dann eine Runde Poppen geboten, wenn ich sauer geworden bin. Scheißgeschäft. Fünfundvierzig Minuten, fang lieber an! Was du vergisst, werfe ich nachher auf die Straße, als vergiss lieber nichts Wichtiges.“

      „Wo ist meine Reisetasche?“

      „Du hast keine Reisetasche, jedenfalls nicht bei mir, aber du kannst meine hässliche blaue haben.“

      „Und die schwarze?“

      „Nein, die war teuer, und ich mag sie. Ich bekäme sie ja doch nie zurück.“

      „Was denkst du eigentlich von mir?“ Jetzt guckte er richtig verletzt drein. Entzückend – aber mich entzückte das nicht mehr. Erstaunlich, wie schnell die körperlichen Reize eines Mannes einen kalt lassen konnten, wenn man die Ratte im Inneren erst einmal entdeckt hatte!

      „Dass du eine miese Laus bist, die alles an sich rafft, was sie kriegen kann. Guck nicht so, du findest schon wieder eine Dumme. Vorzugsweise eine, die ich nicht kenne, sonst müsste ich sie fairerweise warnen.“

      Ich warf ihm die verschossene blaue Stoffreisetasche an den Kopf, und er machte sich murrend daran, seine Klamotten einzupacken. Meine Sachen fielen dabei natürlich auch aus dem Schrank, aber das war mir jetzt egal, ich beschränkte mich darauf, meine superweichen grauen Thermosocken zu retten, die dieser langfingrige Hund doch tatsächlich einsacken wollte.

      Im Bett nahm ich ihm entschlossen die Handtücher weg. „Schnapp dir deine Zahnbürste und dein Duschgel und kauf dir gefälligst selbst Handtücher. Beim Aldi gibt´s sicher welche im Sonderangebot. Los, vergiss deine Bücher nicht!“

      „Und die Bettdecke?“

      „Die gehört mir. Frag Gisi, die hat sicher noch eine übrig, von früher, und ist froh, sie loszuwerden.“

      Ich sah kritisch zu, wie er seine Bücher, die Ordner mit seinen Rezensionen und Kritiken, seinen Laptop und einige Schnellhefter einpackte, nahm ihm einen Schnellhefter wieder weg und schloss mit einer raschen Bewegung meine herumliegenden Stifte ein. „So, hast du alles? Schön, dann leb wohl – und vergiss nicht, einen Nachsendeantrag zu stellen.“

      „Gott, bist du boshaft. Du konntest meine unabhängige Art wohl nicht mehr ertragen, kleinbürgerlich, wie du bist?“

      „Wenn du meinst... Ich kann eher nicht mehr ertragen, dass du mir für nichts und wieder nichts die Haare vom Kopf gefressen hast.“

      „Ich sag ja, kleinbürgerlich! Alles muss sich rentieren.“

      „Gell“, fauchte ich, „eine Frechheit, wenn sich etwas auch für die anderen rentieren soll, nicht bloß für dich! Wo doch die Sonne aus deinem Arsch heraus scheint! Verpiss dich endlich!“

      „Wie soll ich den Kram den hier wegkriegen? Ich hab doch kein Auto!“

      „Ruf dir ein Taxi.“

      „Das lehne ich ab.“

      „Dann trag deinen Schotter oder wirf ihn in die nächste Tonne, wenn du zu schwach bist.“

      „Kann ich nicht dein Auto -?“

      „Nein. Hau jetzt endlich ab!“

      „Kann ich nicht wenigstens dein Telefon benutzen?“

      „Nein. Nimm dein Handy, das wird ja wohl irgendwo sein.“

      „Aber das kostet doch viel mehr als ein Festne-“

      Ich knallte die Tür zu, schloss zweimal ab und legte die Kette vor.

      Herrlich, er war draußen. Noch nicht weg, leider, aber draußen. Sicher lauerte er jetzt im Treppenhaus, in der Hoffnung, ich würde ihn nach einer halben Stunde Schwitzen wieder aufnehmen. Vielleicht gab es heute Abend wieder so eine bescheuerte Rose. Die kosteten maximal zwei Euro, und dafür wollte er seine Lebenshaltungskosten auf Null drücken? Ich sammelte meine Kleidung auf und faltete alles wieder ordentlich zusammen, dann stapelte ich es auf dem Arbeitstisch auf und putzte den Schrank gründlich durch. Wirklich rösselmäßig, aber ich hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, die Wohnung von Heiners Anwesenheit zu säubern. Zu exorzieren.

      Als all meine Klamotten hübsch auf Lücke gestapelt und gehängt wieder im Schrank lagen und ich sogar noch einen Rest Zedernöl gefunden hatte, um das hölzerne Herz damit zu tränken, gefiel mir mein Werk recht gut. Und morgen würde ich auf dem Heimweg von der Arbeit auch wieder etwas zu essen kaufen – so pleite war ich schließlich gar nicht. Hatte JobTime schon etwas gezahlt? Mist, ich war seit gut zwei Stunden online – was das wieder kostete! Aber dann konnte ich genauso gut mein Konto inspizieren.

      Nicht besonders anregend – sie hatten gezahlt, ja, aber die Telefonrechnung war abgebucht worden, und direkt neben dem rot gedruckten € 1.823.56 stand Ihr Dispokredit € 2.000.- Klasse, nicht mal zweihundert Euro Spielraum!

      Frustriert verließ ich das Netz, nachdem ich die einzige brauchbare Website zum Thema Kunstverein ausgedruckt hatte. Ich bezog das Bett frisch – Teil zwei des Exorzismus – und rief dann Ingrid an.

      „Na, wie geht´s dir?“, fragte sie vergnügt. „Glänzend. Rate mal, wen ich gerade rausgeschmissen habe?“

      „Sag bloß, du bist diesen Bandwurm losgeworden? Sehr gut, Anne, du lernst es ja doch noch, mit Männern umzugehen.“

      „Deine harte Hand werde ich nie haben, aber ich arbeite dran“, flachste ich zurück. „Und sonst? Was macht der Museumsjob – interessant?“

      „Keine Ahnung, die Planstelle ist bis April gesperrt. Im Moment putze ich über JobTime.“

      „Du putzt??“ Ingrid lachte schallend. Die hatte auch gut lachen, sie hatte einen prima Job beim MorgenExpress und flog da bestimmt nicht raus, wenn sie nicht gerade irgendetwas