Homo sapiens movere ~ geliebt. R. R. Alval

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Название Homo sapiens movere ~ geliebt
Автор произведения R. R. Alval
Жанр Языкознание
Серия geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738024937



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Reaktion erwartet als mein blasiertes Lächeln? Nein. So wie er die beiden hinaus delegierte und sich nahtlos an mich wandte, als wäre ich nur ein x-beliebiger Besucher, wohl kaum. „Wie geht’s Roman?“

      Avancierte ich jetzt zum Hellseher? „Ruf ihn an und frag ihn. Ich kann schlecht an zwei Orten gleichzeitig sein.“ Alan grinste hinterhältig, während er mich in den kleinen Salon dirigierte. „Stimmt. Tut mir leid, wenn ich dir den Abend versaue.“ Den Abend?

      Das war die Untertreibung des Jahrtausends.

      Seine hämisch in die Luft geschmetterte Entschuldigungsfloskel konnte er sich sonst wohin stecken. Doch auch die ignorierte ich. „Komm zur Sache, Alan.“ Nickend wies er mich zur Couch, an der ich provokativ vorbei lief und mich breitbeinig in den Sessel hockte. Ist der neu? Egal.

      Meine Ellenbogen baumelten über meinen Knien. Gedachte er mir heute noch eine Antwort zu geben? „Ich habe mich erkundigt und die Bestätigung erhalten, dass du tatsächlich daheim warst. Du hast sogar Pizza bestellt.“ Und? Das wusste ich selbst. Das war aber sicher nicht der Grund, aus dem er mich herbestellt hatte.

      Abwartend hob ich eine Augenbraue in die Höhe und neigte den Kopf leicht zur Seite. „Vielleicht hat Roman den Angestellten eine andere Erinnerung gegeben? Oder auch deiner Freundin. Aber daran glaube ich weniger. Außerdem habe ich an dir keine Lüge gerochen. Demzufolge gehe ich davon aus, dass du mich nicht bestohlen hast.“

      Aha!

      Jetzt kamen wir der Sache schon näher. Was hatte man ihm denn geklaut? Einen Kuli? Eine gebrauchte Unterhose? Ein Auto? Herr Gott, er hatte doch Tonnen von Dingen, die er überhaupt nicht vermissen konnte. „Mir wurde ein Buch von unschätzbarem Wert entwendet. Du hast nicht zufällig einen ähnlichen Auftrag erhalten?“ Mit ‚ähnlich’ meinte er, ob jemand an mich herangetreten war? „Nein.“ Alan nickte bedauernd. „Zu schade. So hätten wir wenigstens einen Ansatzpunkt.“ Ich unterbrach ihn. „Wir? Wenn du mich schon zwingst für dich zu arbeiten, dann tue ich das allein.“ Mit einem undefinierbaren Blick in den Augen schüttelte er den Kopf. „Das ist nicht möglich. Du musst herausfinden, wo das Buch ist und mich dorthin bringen, damit ich es wieder an mich nehmen kann.“ Gekränkt biss ich mir auf die Unterlippe. „So viel zum Thema Vertrauen, huh?“ Fluchend stand Alan auf und fuhr sich angespannt durch die Haare. „Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, Sam.“, donnerte er wütend und kam verdammt schnell auf mich zu. Instinktiv presste ich mich tiefer in den Sessel. „Das Problem ist, dass nur Were das Buch anfassen können. Derjenige, der den Auftrag erteilt hat, weiß das entweder nicht oder es ist ihm scheißegal.“ Ähm, oh… „Was passiert, wenn jemand das Buch berührt, der kein Wer ist?“ Rastlos schritt Alan durch den Raum. Typisch das Raubtier, was er in seinem Inneren beherbergte. Nach einem tiefen Atemzug und ohne mir in die Augen zu sehen, antwortete er. „Derjenige… verändert sich. Mit viel Glück bringt er sich um, bevor er komplett ausrastet. Allerdings wird er eine Menge Leute mit in den Tod nehmen.“ Das klang gar nicht gut. „Und was steht in dem Buch? Irgendjemand scheint das Risiko schließlich eingegangen zu sein.“ Alan presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. „Das geht dich nichts an.“ Was so viel hieß wie rudelintern. Noch so ein Wort, das auf meiner ganz persönlichen Liste der Unwörter rangiert.

      Hm, meinetwegen.

      Ich musste folglich nur einen verstaubten Wälzer finden und Alan ungesehen an den Ort von dessen Aufbewahrung bringen. Damit wäre die Sache erledigt.

      Warum hatte er angenommen, dass ich das Buch gestohlen hatte? Sah ich etwa wahnsinnig aus? Oder verhielt mich so? Nun ja, irgendwie war es schon Wahnsinn für das Rudel zu arbeiten.

      Wenn auch ohne Bezahlung und nur widerwillig.

      „Ok, ich sehe, ob ich was übers Internet herausfinde und kontaktiere meine Quelle. Wenn ich etwas entdecke, melde ich mich bei dir.“ Alan drehte sich blitzschnell zu mir um, stand in einem Sekundenbruchteil vor dem Sessel und drückte meine Arme schmerzhaft auf dessen Lehne. „Du meldest dich aller zwei Stunden. Beginnend ab dem Moment, in dem du mein Anwesen verlässt. Haben wir uns verstanden?“ Aller zwei Stunden? Wann sollte ich seiner Meinung nach schlafen? Gar nicht? „Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie arrogant und vergess …“ Vielleicht hätte ich das arrogant weglassen sollen.

      Alan zerrte mich mit einem festen Griff um meine Kehle aus dem Sessel. Im nächsten Moment flog ich durch den Salon. Ächzend landete ich mit dem Gesicht voran auf dem Fußboden und sah für einen Moment Sternchen. Als ich mich aufrichten wollte, sah ich meinen Arm, der schlaff an mir herunter hing. Gleich darauf spürte ich den dumpf kreischenden Schmerz in meiner Schulter. Etwas Warmes lief über meine Lippe. Ich leckte es ab. Hoffentlich war es nur Nasenbluten. Eine gebrochene Nase wäre das Letzte. Und im Vergleich zu einer ausgerenkten Schulter definitiv das größere Übel. Mein Kopf dröhnte, meine Schulter, meine Lippe – hm, ich sollte lieber aufzählen, was mir nicht wehtat. Ich zitterte wie Espenlaub, aber ich heulte nicht.

      Komisch, oder?

      Mit der Zunge fuhr ich über meine Zähne. Gott sei Dank war keiner locker oder ausgeschlagen. Langsam stand ich auf, meinen lädierten Arm festhaltend und drehte mich zu Alan. Der schnappte doch tatsächlich überrascht nach Luft. Arschloch! Erinnerte er sich etwa, dass ich ein Mensch war?

      „Sam… ich…“ Er kam auf mich zu, doch ich wich vor ihm zurück. „Fass mich nicht an!“, zischte ich, schniefte, um das Nasenbluten aufzuhalten und wand mich zur Tür. „Ich rufe dich an, wenn ich etwas weiß.“

      „Sam!“ Mit zusammen gebissenen Zähnen öffnete ich die Tür, trat aus dem Salon in die Vorhalle, in der Scott stand und bei meinem Anblick entsetzt schluckte. Ich schüttelte – sehr langsam – den Kopf. Ich wollte keine Hilfe. Hoch erhobenen Hauptes ging ich hinaus, ignorierte meine jaulenden Knochen, schritt durch das Tor, an dem mich Alans Wachen ebenso erschüttert musterten und fischte umständlich das Handy aus meiner Hosentasche.

      Ein Taxi wäre wunderbar.

      Aber ich bezweifelte, dass ich das mit meiner Schulter aushielt. Ins Krankenhaus wollte ich nicht, weil ich wusste, dass ich in der Notaufnahme einige Stunden warten müsste. Trudi, Claudia, Chris, meine Eltern oder meine Brüder? Nein, keiner von denen könnte meine Schulter einrenken. Außerdem hatte ich keine Lust ihnen zu erklären, was passiert war. Wo zum Teufel war Roman? Oder Stépan? War meine Verletzung nicht wichtig genug, weil sie etwas mit dem Rudel zu tun hatte? Ach was, ich kam auch ohne die beiden klar. Mir blieb noch Vine. Aber in meiner jetzigen Verfassung würde ich sofort in schallendes Gelächter ausbrechen, sobald er den Mund aufmachte.

      Zu schmerzhaft.

      Seufzend entschied ich mich doch für das Taxi. Ich hoffte nur, dass ich nicht ewig in der Notaufnahme säße. Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.

      Oder nach ein paar Stunden.

      Nachts halb vier hatte ich mich sehr vorsichtig in mein Bett gelegt. Die Schmerztabletten halfen nicht wirklich, dafür aber die anderen Pillen.

      Sowie mein Kopf das Kopfkissen berührt hatte, war ich weggetreten.

      Wieder weckte mich ein Klingeln. Es war schon fast zwei Uhr nachmittags. Ich fühlte mich grauenvoll. Langsam schälte ich mich aus dem Bett und schlurfte zum Telefon. „Hast du schon was herausgefunden?“ Leck mich doch, du elender Hurensohn! „Nein.“ Kurzes Schweigen, dann ein Räuspern. „Wie geht’s Roman?“ Ich legte auf.

      Für meinen Geschmack zeigte Alan zu viel Interesse für meine nicht existente Beziehung zu dem Vampir.

      Als es erneut klingelte, zog ich das Kabel aus der Telefonbuchse.

      Wenn ich Alan richtig einschätzte, würde er in spätestens einer halben Stunde auf meiner Fußmatte stehen. Leise fluchend zog ich mich an, wusch mich, putzte mir die Zähne. Dann fädelte ich meinen ramponierten Arm in die vom Arzt verordnete Stoffschlinge und rief per Handy ein Taxi. Gleichzeitig streckte ich meinem geschwollenen Gesicht die Zunge heraus. Anschließend kämmte ich meine Haare, steckte Handy sowie Geldbörse ein und verließ auf schnellstem Weg die Wohnung.

      Das automatisierte Taxi wartete schon