Homo sapiens movere ~ geliebt. R. R. Alval

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Название Homo sapiens movere ~ geliebt
Автор произведения R. R. Alval
Жанр Языкознание
Серия geliebt
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738024937



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nicht deutlich genug gewesen? „Das kannst du nicht. Denk an deine Freunde.“, drohte er leise mit einem bösartigen Lächeln. „Und du an dein Rudel.“ Sein Lächeln wurde noch grimmiger, bis er schallend lachte. „Dazu bist du doch gar nicht fähig. Du und deine menschliche Moralvorstellung können es doch gar nicht verkraften, einem anderen weh zu tun.“ Ich legte meinen Kopf schräg. „Meine Moral, was dich und dein Rudel betrifft, ist eben erschreckend gesunken und nicht mehr annähernd so hoch, wie du es erhoffst. Ich mag ein paar deiner Leute. Die meisten allerdings nicht; was durchaus auf Gegenseitigkeit beruht. Und wenn du meinen Freunden auch nur einen schiefen Blick gönnst, werde ich dir zeigen, wie niedrig meine Toleranzschwelle wirklich ist. Oder meinst du, du bist vorhin in meiner Küche gestolpert?“

      Jeglicher Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand.

      „Willst du mir drohen, Sam?“ Ich erwiderte seinen bohrenden Blick. „Nein, nur ein gut gemeinter Ratschlag, Alan. Was du daraus machst, ist dir überlassen. Aber mache mich nicht für die Konsequenzen verantwortlich. Ich habe es satt von dir und deinesgleichen nur gebraucht zu werden, wenn es euch in den Kram passt. Die Frauen waren in meiner Wohnung und sie hätten mich ebenso angegriffen wie dich, wenn ich meine Fähigkeiten nicht hätte. Ich habe dasselbe Recht, wie dein ach so wertvolles Rudel, zu erfahren, was sie dort zu suchen hatten.“

      „Sie haben mich angegriffen, nicht dich!“, brüllte er zischend, und ich erkannte, dass es keinen Sinn hatte mit ihm zu diskutieren. Er wollte es nicht begreifen; er hatte mir nicht mal gedankt. Denn hätte ich meine Fähigkeiten nicht eingesetzt, wäre er immer noch geschminkt und in einem Teppich gewickelt. „Stimmt, das habe ich vergessen.“, murmelte ich leise, drehte mich und ging zur Tür. Doch bevor ich hinausging, schaute ich ihn über meine Schulter hinweg an. „In deiner Welt dreht sich alles nur um dich.“ Alan ließ mich gehen.

      Sein Glück.

      Der Rest des Abends war schrecklich. Ich fühlte mich in meinen eigenen vier Wänden unwohl.

      Wie waren die Frauen hier rein gekommen?

      Wann waren sie in meine Wohnung gekommen.

      Hatten sie abgewartet, bis ich ging oder war es purer Zufall, dass ich bereits fort gewesen war?

      Was, wenn andere kämen und mich im Schlaf überraschten?

      Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Es wäre egal. Ihre Magie konnte mir nichts anhaben. Waffen hatten sie nicht getragen. Aber was, wenn die nächsten besser vorbereitet waren? Tja, dann würde ich sie grillen. Bäh. Und anschließend die Leichen entsorgen müssen. Doppelt bäh.

      Frustriert schaute ich in den Kühlschrank, weil mein Magen mir knurrend meldete, dass er dringend Nahrung brauchte. Ich wünschte, Alan würde anrufen und mir erzählen, was die Frauen gesagt hatten. Und ich wünschte, ich könnte Magie ebenso effektiv anwenden wie Humphrey oder Roman. Natürlich war beides reines Wunschdenken.

      Hm, Roman könnte mir den einen oder anderen Kniff zeigen. Ich könnte lernen Magie anzuwenden. Schließlich hatte ich sie in mir. Wenn auch als Energie. Jederzeit griffbereit. Andererseits war es bestimmt gut so, wie es war. Roman konnte zwar Magie wirken, aber dafür war er nicht in der Lage, diese als reine Energie zu benutzen. Es sei denn, ich gab sie ihm vorher ab. Allein schaffte er das nicht. Vielleicht wäre er dann zu mächtig. So wie ich mit beidem zu mächtig wäre. Ich stellte mir vor, wie ich an zwanghaftem Höhenkoller litt und nach der Weltmacht strebte.

      Ach quatsch, das war lächerlich.

      Ich war und blieb Samantha Bricks. Nicht mehr und nicht weniger. Trotzdem war es interessant mir vorzustellen, was ich alles tun könnte… wenn ich die Macht besäße.

      Oh weh, genau so fing es an.

      Mit Vorstellungen.

      Und sobald ich die Macht hatte, würde ich sie auch benutzen. Wäre das richtig? Ja. Ein glasklares Ja! Bis ich meine Träume aus den Augen verlor. Dann könnte die ganze Sache tierisch aus dem Ruder laufen.

      In meinem Kühlschrank gab es nichts, was mich ansprach. Gemüse. Ich hatte Gemüse im Kühlschrank! Verdammt, ich wollte ein Steak. Oder zwei. Oder am besten noch mehr. Im Gefrierfach fand ich Fleisch. Ich könnte es in die Mikrowelle werfen, auftauen und braten. Schon beim Gedanken daran lief mir das Wasser im Mund zusammen. Während das Fleisch in der Mikrowelle seine Runden drehte, schälte ich Zwiebeln, die ich in Ringe schnitt.

      Wenig später brutzelte das in Scheiben geschnittene und gewürzte Fleisch in einem großen Tiegel.

      Ich schnitt gerade einige Scheiben Brot ab, als plötzlich Roman in meiner Küche auftauchte, mich von hinten umschlang, seine Nase in meiner Halsbeuge vergrub und an mir schnupperte. „Ähm, hi. Was tust du hier?“, stammelte ich, immer noch das Brot festhaltend. „Mich vergewissern, dass es dir gut geht.“ Ich drehte mich in seinen Armen um und schob ihn ein Stück von mir. Fragend sah ich ihn an.

      Oh Gott.

      Roman wirkte so… menschlich!

      „Alan hat mich angerufen und mir gesagt, ich solle nach meiner Frau sehen.“ Spöttisch lachend drehte ich mich von ihm weg und wendete das Fleisch. „Ich wusste gar nicht, dass du verheiratet bist.“ Ich drehte mich wieder zu ihm um. „Wusste ich auch nicht. Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass er von dir spricht. Was zum Geier hast du ihm bloß erzählt?“ Oh ja, er wirkte absolut menschlich. Mit Gefühlen! Ein verschmitztes Lächeln im Gesicht, als würde er sich köstlich über Alan amüsieren. „Gar nichts. Er scheint mehr zu wissen als wir. Schon, seitdem er mich das erste Mal bei dir gesehen hat.“ Roman lehnte sich an den Küchentisch und stützte sich mit beiden Händen nach hinten ab. „Typisch für ihn. Ich würde es als Eifersucht bezeichnen, er als… ach, was weiß ich. Er würde es jedenfalls abstreiten.“ Jepp, genau das tat Alan auch. „Erzähl, was ist heute passiert, dass er der Meinung ist, ich solle mich um dich kümmern? Ich weiß zwar, dass innerhalb des Rudels etwas vorgefallen ist, aber ich hatte Verpflichtungen, von denen ich mich nicht entfernen konnte. Stépan ist in solchen Dingen ziemlich penibel.“ Stépan? Was hatte Roman denn mit dem Pir zu schaffen? Egal… es war eine Rudelsache gewesen, in die er sich sowieso nicht einmischen durfte.

      Und konnte.

      Nur im Anschluss.

      Aber hey, ich wollte mich nicht beschweren, wenn ich meine verworrenen Gedanken mit ihm teilen konnte. Und ich wollte nicht allein sein!

      Während ich mich um die Steaks kümmerte, erzählte ich Roman vom gestrigen Abend, von Alans Auftrag, von seiner Drohung und von heute Nachmittag, den Frauen, der Magie und wie ich ihre Chakren wieder hergestellt hatte. Leider nur vorübergehend und ohne den Frauen die Verstümmelungen nehmen zu können. „Das klingt mir sehr nach Hexen.“, überlegte Roman laut. Nachdem ich seine Meinung – was Alan betraf – in meinem Kopf gehört hatte. „Kennst du welche?“ Sein leises Lachen war angenehm. „Mein Vater kannte welche. Früher mal.“ Ich vergaß immer wieder, wie alt er war. „Wie waren sie früher?“ Roman holte tief Luft, legte seinen Kopf in den Nacken und schaute an meine Küchendecke. „Soweit ich weiß, nervig. Sie dachten, sie seien etwas Besseres als normale Menschen. Mit all ihrer Zauberkunst. Habgierige Miststücke, die alles taten, um Missgunst zu säen. Ihnen ging es immer nur um Ansehen und Geld. Je mehr, desto besser. Sie wussten von der Anderswelt und waren bestrebt danach, ein Teil davon zu sein. Aber im Endeffekt waren sie auch nur Menschen. Zu schwach. Aber größenwahnsinnig.“

      Stirnrunzelnd sah ich ihn an. „Du meinst, die Hexenverfolgungen im Mittelalter, das waren echte Hexen?“ Roman lachte schallend. „Sam, ich bitte dich! Die hätten sich niemals einfangen, geschweige denn foltern oder töten lassen. Nein, ich fürchte, damals hat es ausschließlich Unschuldige erwischt. Einige aus der Anderswelt, die von den Hexen verzaubert waren, so dass sie ihre Fähigkeiten nicht einsetzen konnten. Vor allem Gestaltwandler. Du hast selbst gesagt, Alan war mit Magie geknebelt.“ Ja, das hatte ich. Außerdem mit einem Teppich. Aber der war nicht die Ursache seiner Bewegungsunfähigkeit gewesen. Das hatte ich Roman bisher verschwiegen. Was jetzt ein Glucksen in meiner Kehle formte.

      Schnell drehte ich mich wieder zu meinem Fleisch, was ich mit einer