Название | Luca - Zwischen Nichts und Allem |
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Автор произведения | Billy Remie |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742727954 |
Gegen Abend entschloss ich mich, mein Zimmer zu lüften und mir etwas zu Essen zu machen. Es war Sommer, deswegen hatte sich meine winzige Kammer aufgeheizt, vor allem wegen des Computers, der unter dieser Belastung wie ein Heizkörper fundierte. Als ich das Fenster öffnete, bemerkte ich erst, wie stickig es im Raum war. Die wochenalte Dreckwäsche, die wie ein Teppich über meinem Laminatboden verteilt war, hatte sich mit dem Geruch meines durchschwitzten T-Shirts vermischt, sodass der ganze Muff erst einmal aus meinem Zimmer entweichen musste, um wieder frei atmen zu können. Meine Mutter hatte recht, ich bin nicht gerade der ordentlichste Mensch, aber sie kam ohnehin nur alle paar Wochen sonntags dazu, dies zu bemerken, immer dann, wenn sie gestresst den Hausputz zwischen ihre wichtigen Termine schob, weshalb es mich nicht kümmerte. Was will sie schon tun, mir Hausarrest aufbrummen? Sie war ja gar nicht da, um zu bemerken, ob ich es einhielt.
Meine Mutter war Leiterin einer großen Marketingabteilung irgendeines Modelabes, das mich nicht interessiert, und mein Vater war Versicherungsvertreter, der lieber den Tag im Büro verbrachte, auf Geschäftsreisen ging, und sich zum Abendessen ein Bier und Chinesisch vom Lieferdienst vor dem Fernseher gönnte, falls er nach Hause kam.
Um das Essen und Einkaufen kümmerten wir uns selbst. Ich wusste, dass ich mir noch eine Tiefkühlpizza aufgehoben hatte, und mir lief bereits das Wasser im Mund zusammen, als ich nur daran dachte. Ich liebte Pizza! Fast so sehr wie Currywurst.
Obwohl, es gab für mich nichts Geileres als eine Currywurst mit Pommes von der Imbissbude. Aber die Pizza stand eindeutig auf Platz Zwei.
Als ich aus der Kammer trat – manchmal kam ich mir wie Harry Potter vor – war es nebenan still geworden. Ich wagte einen Blick durch die offene Tür. Ich sah einen nackten Rücken, eine schmale Taille, weiße Haut und einen Vorhang gefärbter, blonder Haare. Pornopüppchen, eindeutig! Sie saß mit dem Rücken zu mir und zog sich gerade wieder an, mein Bruder war nicht im Zimmer. Ich hörte die Dusche im Bad rauschen, als ich daran vorbei ging, um in die Küche zu gelangen.
Und dann die große Enttäuschung: Das Kühlfach war leer.
Ich starrte ungläubig darauf, wie ich es so oft tat. War ich wirklich noch überrascht? Eigentlich nicht, trotzdem schaute ich jedes Mal wie blöd aus der Wäsche.
Dieser dreckige Wichser frisst immer mein Zeug! Weil er zu faul zum Einkaufen war.
Na Prima, und aus war es mit meinem Pizzatraum.
Ich war bereits wütend, aber als ich mir stattdessen ein Brot schmieren wollte, durfte ich erkennen, dass er auch jenes leergefressen hatte, dieser Bastard, und ich zitterte vor Zorn.
Sauer warf ich die Schranktür zu, wo wie üblich ein Leib Brot bereit lag. Alles war aufgebraucht, er hatte mir nur eine halbe Schüssel Müsli übriggelassen, aber die Milch stand auch leer im Kühlschrank.
Ich hätte ihm am liebsten aus der Scheißdusche gezogen und im Klo ertränkt.
Friss Scheiße, du Penner!
»Chris!«, brüllte ich aus der Küche, als ich notgedrungen mein Müsli mit dem letzten Rest Orangensaft übergoss. Soll ja auch schmecken, oder? Allerdings sollte ich eigentlich wegen der Säure kein Saft trinken, davon bekam ich nämlich Bauchschmerzen – und Schlimmeres. Aber das nahm ich in Kauf, weil ich außer dem Frühstück, das aus einem alten Muffin bestand, heute noch nichts gegessen hatte.
»Christopher! Du blöde Kackbratze! Das war meine Pizza«, brüllte ich in den Flur. Ich wusste nicht, ob er mich hörte, aber seine Alte würde es bestimmt. Es gab mir zumindest Genugtuung, ihn anzubrüllen. Denn ansonsten würde er einfach so damit davonkommen.
Chris war der Prinz in diesem Haus. Der wundervolle Sohn. Groß, männlich, sportlich und absolut schlau. Und weil er ja studierte – ich wusste gar nicht, was – durfte er sich alles erlauben. Er ging nie einkaufen, drückte keinen Cent für die Haushaltskasse ab, und durfte trotzdem die Schränke leer fressen. Und wehe ich ärgerte mich darüber, dann würde Mama mir eine Standpauke darüber halten, dass Chris ja auch schließlich die Proteine brauchte. Der Kerl spielte zu allem Überfluss nämlich auch noch recht erfolgreich in einem Fußballverein. Kotz!
Ich hasste meinen Bruder. Er war die Ausgeburt des Bösen. Der Antichrist. Mein persönlicher Diktator. Ich wünschte, mir fiele etwas ein, ihn zu stürzen.
Ich hatte jedoch meine eigene Methode entwickelt, mich an ihm zu rächen. Als ich mit meiner winzigen Schüssel und ihrem mickrigen, Bauchschmerz verursachendem Inhalt, an der Badezimmertür vorbeilief, hinter der noch immer das Wasser rauschte, rief ich zu ihm rein: »Ich hoffe, das Brot hat dir geschmeckt, Chris, ich hab die Scheiben vorher abgeleckt.« Jede einzelne. Und wenn ich kochte, und wusste, dass er die Reste, die ich am nächsten Tag verspeisen wollte, unerlaubt aufaß, spuckte ich immer hinein. Das waren nur kleine Genugtuung, aber besser als gar keine.
Als ich fertig gegessen hatte, wollte ich duschen. Aber Chris belegte immer noch das Badezimmer, während seine Olle nebenan fernsah.
»Chris?« Ich hämmerte lautstark gegen die Tür. Der Föhn lief seit gefühlt zwanzig Minuten. Da sein hellbraunes Haar kürzer war als meine Zotteln, fragte ich mich jedes Mal, was er da genau föhnte.
»Verpiss dich«, war seine Erwiderung.
»Deine Eier müssten doch bereits hart gekocht sein«, konterte ich, »lass gut sein, ich will auch duschen.«
»Zwei Kilometer entfernt ist eine Autowaschanlage, kannst ja mal da durch hüpfen.«
Ich verdrehte genervt die Augen. »Du meinst, wo du Hausverbot hast, weil du Lisa während der Wäsche im Wagen gepoppt hast?«
Das war kein Kniff, weil uns seine Alte zuhörte, es war die Wahrheit, und es war ihm peinlich, weil die Bullen kamen und er ein Strafgeld bezahlen musste. Seine neue Tussi fand das gar nicht so lustig, wie ich mit einem Blick über die Schulter feststellen durfte. Sie sah brütend auf die Badezimmertür. Chris würde sich etwas anhören können. »Wer ist Lisa?«
Chris ignorierte, dass ich weiterhin an der Tür klopfte und rüttelte. Dabei sollte er es doch besser wissen, denn ich besaß auch Methoden, um in das Badezimmer zu gelangen, ob er freiwillig öffnete oder nicht.
Und er checkte wirklich nie, wie ich das machte.
Ich holte mir einen dünnen Stift und ein Blatt aus meinem Zimmer. Das Papier schob ich unter dem Türspalt durch, mit dem Stift drückte ich den Schlüssel aus dem Loch, er fiel auf das Blatt, und ich konnte alles auf meine Seite der Tür ziehen und das Badezimmer aufschließen.
Den Trick habe ich aus dem Fernsehen. Wenn das Schlüsselloch für Stifte zu klein ist, ist eine Haarnadel auch geeignet, nur der Türspalt muss groß genug sein, um den Schlüssel hervorzuziehen.
Chris fuhr herum und riss schnell ein Handtuch vom Ständer, das er sich in den Schritt presste, als hätte ich sein Gehänge noch nie gesehen. Oder als könnte ich es mit meinem Blicken in Brand stecken. Wie lächerlich, als ob mich sein Ding tatsächlich interessierte.
»Was soll das, du kranke Sau?«, blaffte er mich an, als ich einfach eintrat und mir das T-Shirt auszog.
»Du brauchst die Dusche doch nicht mehr«, bemerkte ich nebenbei und zog mich weiter aus. Es war mir doch egal, ob er im Raum blieb oder nicht, ich wollte nur schnell unter den Strahl hüpfen.
»Willst du mich bespannen?« Er liebte es, mich mit meiner Sexualität aufzuziehen. »Deinen eigenen Bruder sexuell belästigen?«
»Klar«, gab ich zurück und stieg unter die Dusche, »das einzige, woran ich den ganzen Tag denken kann, ist der Schwanz meines großen Bruders.« Ich drehte mich um und säuselte gespielt lüstern: »Ich spür dich schon in meinem Mund, Chris, oh ja, ich kann an nichts anderes denken, nur daran, wie du in mir abspritzt.«
Er warf mir einen hasserfüllten,