Название | Luca - Zwischen Nichts und Allem |
---|---|
Автор произведения | Billy Remie |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742727954 |
Meinen Freunden hatte ich erzählt, dass ich meinen Kleinen abgeschossen hatte.
»Bringst du Mica am Samstag mit?«, hatte Timo, mein alter Kindergarten Freund, gefragt.
Im Übrigen war er der einzige, der nach meinem ganz offiziellen Outing damals nicht den Kontakt zu mir abgebrochen hatte.
Wahre Freundschaft eben, und das obwohl ich mir keine bessere staatlich geprüfte Hete als ihn vorstellen konnte, denn in keinem Zimmer hingen so viele nackte Weiber wie in seinem. Der Kerl war absolut auf Brüste fixiert. Weil Mama ihn mit der Flasche fütterte, zogen wir ihn immer auf.
»Ne«, sagte ich jedenfalls, »hab ihn abgesägt.«
Mehr gab es nicht zu erklären. Sie nickten. »Cool.«
Um so neugieriger wurden sie jedoch, als ich jede Pause hoffnungsvoll umherblickte. Vermutlich, weil ich mal klipp und klar gesagt hatte, ich würde niemals jemandem nachgucken, mit dem ich auf dieselbe Schule ging. Erstens, weil ich ihn dann jeden Tag sehen müsste. Zweitens, weil ich, wie erwähnt, der einzige Schwule hier war und ich mich nie in eine Hete vergucken würde.
Sie witterten, dass ich meine eigenen Regeln gebrochen hatte, und wollten sich lustig machen.
Ich versuchte, sie zu ignorieren und gab mich cool. Wenn sie stichelten und mich mit den Ellenbogen anstießen, mich angrinsten, zuckte ich gelassen mit den Schultern. Und wenn schon. Aber ich verriet nie, wirklich nie, ganz gleich, wie beharrlich sie waren und mich daran erinnerten, dass Freunde sich alles erzählten, wem meine ganze Aufmerksamkeit galt.
Ich wollte ihn sehen, aber jedes Mal, wenn ich ihn erblickte, blieb mein Herz vor Freude stehen. Oh Gott, da ist er! Und wenn mich dann auch noch sein Blick streifte, war ich wie festgewurzelt, mir entwich jegliche Beherrschung. Ich wollte mir die Kleider vom Leib reißen und mich ihm vor die Füße werfen.
»Ich habe nicht gelernt, Mr. Olsson. Das dürfen Sie mir nicht durchgehen lassen.« Und er lächelt mich daraufhin mit einem verschlagenen Schmunzeln an. »Bestraf mich! Begehre mich!«, will ich ihn auffordern. »Denn ich begehre auch dich.«
Das ich ihn will, konnte ich bereits vom ersten Moment an nicht leugnen, als ich bereits sabbernd mit den Augen an seinem Körper und Gesicht hing, aber je mehr Wochen verstrichen waren, je mehr ich seiner Strenge ausgeliefert gewesen war, je inbrünstiger verzehrte ich mich nach ihm.
Ich wollte mich an ihm reiben. Ihm meinen Schwanz an den strammen Schenkel drücken und ihm ins Ohr flüstern: »Siehst du, wie steif du mich machst?«
Dass er unerreichbar schien, machte ihn noch anziehender. Es war Folter, wenn ich ihn sah, aber es war noch tausendfach schlimmer, ihn nicht zu sehen.
Und mit all diesen Gedanken, Gefühlen und Fantasien war es natürlich noch schwieriger, mich zu konzentrieren. Na immerhin die Hausaufgaben für Geschichte hatte ich stets sporadisch fertig, aber wenn er mich dann ansah und aufforderte, ihm das Arbeitsblatt, den Aufsatz, meine Recherche vorzulegen, behauptete ich, ich hätte es vergessen, dabei lag es unter meinem Block versteckt.
Plötzlich war ich schüchtern, wollte nicht, dass er wusste, dass ich es wegen ihm tat. Und er schien enttäuscht, wütend, weil ich seine Worte nicht angenommen hatte.
Auch wieder nur so ein sturer Teenager, schien sein Blick eins ums andere Mal zu sagen. Dabei wollte ich ihn doch vom Gegenteil überzeugen. Mehr noch, ich wollte etwas, worüber ich mich noch einmal mit ihm unterhalten konnte. Wollte ihm zeigen, dass wir die gleichen Interessen hatten, dass ich gescheit bin, und es sich für ihn lohnte, das Wort an mich zu richten, mir zuzuhören.
Also lernte ich, wenn ich zuhause war. Ich lag im Bett, mein Tablet in der Hand, und las so viel über die Themen, die er mit uns durchnahm, bis mir der Kopf rauchte.
Trotzdem blieb nichts hängen.
Meine Gedanken glitten immer wieder ab. Ich sah ihn vor mir an der Tafel, wie sein Rücken sich bewegt, während er Daten an die Tafel schreibt und uns erzählt, welches bedeutendes Ereignis sich an jenem Tag zutrug. Ich sah, wie er am Pult sitzt, sich über Tests beugt, um sie zu korrigieren, und sich mit den langen Fingern das Haar aus der Stirn streicht. Ich sah ausschließlich ihn vor mir, nicht die Worte, die ich las und doch nicht las.
Also brach ich immer wieder ab, jeden Nachmittag, da ich mich einfältig fühlte. Und das Letzte, womit ich mich auseinandersetzen wollte, war meine angeborene Lernschwäche.
Deshalb lernte ich ungern, denn wenn ich etwas nicht verstand, kam ich mir unterbemittelt vor. Und so wollte ich mich nicht selbst sehen. Lieber tat ich so, als wäre ich nur faul, statt dumm. Es war ja auch nicht so, als wäre jemand in greifbarer Nähe, der sich die Zeit hätte nehmen können, mir das ein oder andere bei den Hausaufgaben zu erklären.
»Papa, Mama, wie geht dies, wie geht das? Wie wende ich jene Formel an? Wann und aus welchem Grund geschah dies und jenes? Wie wird dieses Wort geschrieben, wann setze ich ein Komma?« Fragen, die ich meinen Eltern nicht stellen konnte, weil sie nicht da waren. Und wenn sie es waren, keine Zeit hatten.
Die Tage frustrierten mich, weshalb ich übellaunig wurde.
Doch freitags, nur eine Woche später, hellte sich meine Stimmung etwas auf, denn unser Sportlehrer war erkrankt, und die Vertretung übernahm Mr. Olsson.
Wir waren nicht allein. Freitags hatten wir in den letzten beiden Stunden immer Sport, gemeinsam mit einer anderen Klasse. Wir wurden dann ganz systematisch aufgeteilt. Oder sexistisch, wie man es auch nennen konnte. Denn alle mit einem Gehänge zwischen den Beinen spielten in der einen Hälfte Fußball, alle anderen mit einem Spot-BH absolvierten Turnübungen in der anderen Hälfte.
Mir konnte es recht sein, ich mochte weder Mädchen, noch Turnen.
Aber ich bin ein ganz respektabler Stürmer. Was mir vermutlich auch einen gewissen Respekt bei den Heten einbrachte.
»Für eine Schwuchtel kann er verdammt gut spielen«, sagen sie über mich.
»Schwuchteln sind eben ausdauernd und können immer gut einlochen«, konterte ich stets mit einem charmanten Augenzwinkern. Ich kann über mich selbst lachen, ich nehme mich auch selbst nicht so ernst. Wäre ja schrecklich, wenn ich ständig alles auf die Oberkante legen würde, was mir jemand hinterherruft, oder wenn ich mich über üble Nachreden von Unwissenden aufregen würde. Man kann sich auch anstellen, sagte meine Mutter früher immer, wenn ich wegen irgendetwas weinte. Und diese Philosophie habe ich irgendwann übernommen. Es lebt sich ziemlich leicht damit.
Ich freute mich auf Sport und schlug bereits erwartungsvoll die Hände zusammen, als ich aus der Umkleide kam. In meinem Kopf spann ich die naive Vorstellung zusammen, es könnte Mr. Olsson vielleicht gefallen, mich schwitzen zu sehen. Wenn mir das T-Shirt am nassen Körper klebt, könnte er möglicherweise Gefallen an mir finden.
Ich bezweifelte, dass er schwul oder bi war, auch in meinen Fantasien war er immer hetero. Aber vielleicht bin ich ja heiß genug, ihn eine Ausnahme machen zu lassen? In meiner Vorstellung gelang es spielend leicht, ihn umzudrehen. Aber ich war immer gut darin, mir das Unmögliche auszumalen.
Timo lief neben mir her und faselte etwas über Bier und Chips, die ich am Samstag mitbringen sollte, wenn wir uns alle bei ihm zum Abhängen trafen. Ich wusste noch gar nicht, ob ich kommen würde, nickte aber einfach mal, weil ich keine Lust hatte, zu erklären, dass ich lieber allein in meinem Zimmer wäre.
Je mehr die Fantasien über Mr. Olsson in meinen Kopf Einzug erhielten, je weniger Lust hatte ich auf Gesellschaft. Ich wollte viel lieber in meiner perversen, kleinen Traumwelt leben, in jener ich über dem Pult gebeugt meinen nackten Arsch in die Luft streckte und darauf wartete, dass er in mich glitt. Vorzugsweise mit einem echt langen, breiten Gemächt, härter als jedes Stahlrohr.
Träumen darf man ja noch.
Als ich in die Turnhalle trat, teilte er gerade die Teams ein. Mr. Dupont, unser eigentlicher und zurzeit erkrankter Sportlehrer, überließ diese Aufgabe immer uns