Jikaila, Die Splitter der Erinnerung I. Alexa Keller

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Название Jikaila, Die Splitter der Erinnerung I
Автор произведения Alexa Keller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738011074



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beritten. Auf Patrouille, auf der Hut. Aber nicht zu sehr. Der Waffenstillstand versprach eine gewisse Sicherheit, die Grenze zu terkonnischem Einflussgebiet war recht weit, das Selbstbewusstsein ihrer Truppe hoch.

      Das war gut. Sehr gut sogar. Kharkon erlaubte sich ein schmales Lächeln und strich nachdenklich über seine Glatze. Man sagte, sie stand ihm gut zu Gesicht. Nicht, das er eitel gewesen wäre, ein unangemessenes Gefühl für einen terkonnischen Krieger, passend zu einer Frau, einer zukünftigen Sklavin – wie dem Dutzend da drüben.

      Sie hatten ein Feuer gemacht, für Draal und eine warme Mahlzeit und natürlich wegen der Tiere. Weder Raptoren noch Jagdspinnen mochten Feuer sonderlich. Hatte natürlich auch Nachteile, so ein Feuer. Ruinierte zum Beispiel die Nachtsicht der Wachen.

      Davon gab es zwei. Sie saßen am Feuer, rauchten vorschriftswidrig und unterhielten sich leise. Irgendwelches Mädchenzeug vermutlich. Die Wehrpflichtigen der Fenloras waren alle noch recht junge Dinger, so weit er wusste nur Klamotten, Sex und Spaß im Köpfchen.

      Die 14 Khakumons, unter ihnen zwei Pack- und Ersatztiere, waren an einigen Talquique-Sträuchern in der Nähe angebunden.

      Sie wirkten ruhig und zufrieden, vielleicht etwas erschöpft. So eine gerüstete Fenlora in voller Ankylo-Rüstung war schwer, wenn man sie den ganzen Tag durch die Gegend schleppen musste. Ruhige Khakumons – also keine Raubtiere in der Nähe, außer Kharkon und seinen Männern. Und deren Geruch schien die Tiere nicht zu stören. Klar, in ihren Ställen wurden sie bestimmt von eifrigen, feigen männlichen Sklaven versorgt, gefüttert und ihre ledrige Haut poliert. Der Geruch von Männern machte also keinen besonderen Eindruck auf sie. Auch das war gut.

      Kharkon sah zu seinen sechs Männern hinüber, die reglos neben ihm im hohen Gras lagen. Ein Siebter war bei ihren eigenen Khakumons zurückgeblieben. Der glatzköpfige Krieger tauschte einen Blick mit MastoorSershend Dainoras. Das alte Grauhaar gab ihm ein Daumen-hoch. Kharkon nickte. Die Männer verständigten sich per Zeichensprache. Dann krochen sie in verschiedene Richtungen davon.

      Er selbst kroch mit Sirobas und Belgon direkt auf das Feuer zu. Näher und immer näher. Die beiden jungen Fenloras merkten nichts. Zwar trugen sie Brustpanzer und die Bein- und Armschienen über Overkneestiefeln und langen Handschuhen, hatten die Helme jedoch abgesetzt. Kharkon erkannte jetzt Einzelheiten. Die Linke war hellhäutig und hatte dunkle Haare in einem kleinen Pferdeschwanz. Die Rechte war eine Südfenlora mit brauner Haut, einer leicht gebogenen Nase und einem langen schwarzen Zopf. In ihrem Seitenscheitel an der Schläfe leuchtete eine hellblau gefärbte Strähne.

      Weil ich ein Mädchen bin, dachte Kharkon und grinste unwillkürlich breit. Die zehn anderen Fenloras schliefen, eingerollt in ihre Schlafsäcke. Er achtete besonders auf die Anführerin und die Legilalita, doch beide atmeten ruhig. Vor allem die Unteroffizierin konnte gefährlich werden. Zum Glück war keine Maga bei dem Trüppchen, das hätte das Ganze komplizierter gemacht.

      Der Terkonnier signalisierte den beiden Anderen, und die Männer schritten zur Tat, lautlos ihre Latexoogs – lange Hartgummiknüppel – ziehend. Sirobas würde sich Pferdeschwänzchen vornehmen, Kharkon selbst Blausträhnchen, Belgon würde vor Überraschungen sichern.

      Die beiden jungen Kriegerinnen, falls man wehrpflichtige 19jährige denn so nennen wollte, sahen das Unheil nicht kommen. Stattdessen schoben sie sich just neue Zigaretten zwischen die knallig geschminkten Lippen, gierig und ungeduldig an den blonden Filtern nuckelnd, da ihr Steichholz im nächtlichen Wind der Ebene seinen Dienst nicht tun wollte.

      Die Tabakstäbchen flogen in hohem Bogen davon, beide Mädchen gurgelten, als die Latexoogs präzise ihre Hinterköpfe trafen. Kharkon musterte kurz die Bewusstlosen.

      Als hätte er es geahnt – die Legilalita, eine Dame mit langen braunen Locken, von einem schmalen Stirnband gebändigt und leicht gebräunter Haut, erwachte dennoch, erfasste sogleich die Lage und öffnete den Mund zum Alarmschrei, zugleich nach ihrem Katana greifend.

      Doch da war noch Belgon. Der dunkelhaarige Hüne galt nicht als Meister der Geistesgaben in ihrem Regiment, doch er war ein guter Krieger. Ein sehr guter. Blitzschnell war er heran, seine große Pranke legte sich auf den Mund der Unteroffizierin und erstickte ihren Schrei, bevor sein Latexoog sich mit ihrem Scheitel traf und sie ins Reich der Träume schickte.

      Schon wuchsen die anderen Krieger aus den Schatten auf und platzierten sich rasch bei den übrigen, weiter friedlich schlummernden, Fenloras. Auf Kharkons Zeichen, der sich bei der blonden Anführerin postiert hatte, fassten sie in die Nacken der Damen und legten sie endgültig schlafen, die Technik nutzend, die simpel als Schlafgriff bekannt war und die jeder terkonnische Krieger erlernte, war es Gott Lorn doch wohlgefälliger, ein Weib unversehrt zu fangen als sie zu verstümmeln oder gar zu töten.

      „An die Arbeit, Männer, wir haben zwölf Pakete zu packen.“

      Schnell und routiniert machten sich die Terkonnier an die Arbeit. So noch darinnen, wurden die Fenloras aus den Schlafsäcken geholt und Rüstung und Uniformen entfernt, bis ihnen lediglich die langen Stiefel und Handschuhe und ihre Unterwäsche blieb. Anschließend wurden ihnen dicke Packen aus zusammengerolltem Amshastoff in die Münder geschoben, die Knebel sodann mit breiten weißen Amshatüchern, die über ihre gut gefüllten Münder gebunden und im Nacken verknotet wurden, gesichert. Zuguterletzt wurden alle mit weißem Seil an Handgelenken, Armen, Brustkorb, Beinen und Fußgelenken umfangreich gefesselt.

      Zufrieden betrachtete Kharkon sein eigenes Werk an der schönen blonden Anführerin, einer Alfafelaxa, einem Rang, der ungefähr dem terkonischen Leftnent entsprach. Grinsend löste er ihren strengen Zopf und breitete ihr Haar über ihren nackten Schultern aus.

      „Schön, Jungs, wecken wir sie auf. Ist noch Draal da? Vielleicht haben sie auch noch was Leckeres im Proviant, was einem rechten Kerl gefallen mag.“

      Die zwölf Gefangenen wurden geweckt. Die Fenloras sahen sich entsetzt um, bäumten sich in den Fesseln auf, zappelten, stöhnten und schrieen in die dicken, dämpfenden Knebel.

      Kharkon musterte zufrieden und angeregt die sich windenden Leiber und lauschte den lächerlichen Lauten unter den Knebeln. Dainoras reichte ihm eine Tasse Draal, und er nahm einen Schluck des schwarzen, belebenden warmen Getränks.

      „Seid mir gegrüßt, schönste Damen. Willlkommen in der Gefangenschaft der Ingaguntos. Das ist mein Regiment, und wer kein Terkonnisch kann, dem verrate ich gerne, das heißt „Die Unzähmbaren“. Mein Name ist Kharkon und ich bin euer erster Maastor.“

      Er zeigte seine blendend weißen Zähne in einem breiten Grinsen. Das Zappeln und die unverständlichen Miteilungsversuche der Gefangenen verstärkten sich.

      Noch immer grinsend, wandte er sich an seine Männer:

      „Setzten wir sie auf die Khakumons und sehen zu, dass wir nach Hause kommen.“

      „Beschaffen sie mir ein paar Slatts zum Verhör,“ hatte Kharkons Collnell ihm befohlen. Hier waren sie, jetzt musste er sie nur noch Heil zurück bringen.

      V

      Ohiutochlan, Yoltekucza, 30.Juni 2.325, 10.Stunde

      „Das kommt überhaupt nicht in Frage, Liebes.“

      „Aber Mutter, ich bin eine Oquibal – Bardin meines Volkes – ich MUSS ausziehen und singen und erzählen, Geschichten geben und sammeln. So verlangt es die Tradition der Zunft. Soll ich mein ganzes Leben hier in der Stadt bleiben, immer in den gleichen Suslahäusern auftretend, bis ich vertrockne?“

      „Bitte, dann zieh aus und bereise das Land, Du bist alt genug, das wohl will ich zugestehen. Auch gegen die Tradition Deiner Zunft, die Du, nebenbei bemerkt, damals gegen meinen Willen gewählt, will ich mich nicht stellen. Allein, nirgendwo heißt es, Du solltest zum Singen Dein Land verlassen und hinaus übers Meer in die Welt der Blasshäute gehen. Das werde ich auf keinen Fall erlauben.

      Denk nur, was alles geschehen kann. Die bleichen Männer halten Frauen als Sklavinnen, Du weißt es. Du vermagst jedoch nicht zu erschauen, bist blind wie ein Slumjiqux, wie schön Du bist, Tochter. Zart