Adda Fried. Angelika Nickel

Читать онлайн.
Название Adda Fried
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847680901



Скачать книгу

      »Hilde, meine Schöne, ich darf einschenken? Es ist dir doch recht?«

      Sie reichte ihm ihr Glas und er befüllte es mit gekühltem Weißwein.

      Nachdem er die Flasche in den Kühler gestellt hatte, hob er sein Glas und prostete ihr zu. »Auf uns, Hilde. Auf uns beide, und unsere gemeinsamen Abende, von denen hoffentlich noch sehr viele folgen werden«, verhieß er ihr, mit einem unwiderstehlichen Augenaufschlag, dem auch sofort ein schalkhaftes Zwinkern folgte.

      Der Abend verlief, wie der Mann es sich erhofft hatte, dass er verlaufen sollte.

      Die einsame Frau fraß ihm regelrecht aus der Hand. Sicher war er sich, dass, wenn ihr Tag käme, sie ihm ein unbedarftes Opfer, fern jedweder Ahnung, sein würde.

      Orlando Ramirez wusste, wie er mit den alten Damen, wie er seine Verabredungen für sich nannte, umgehen musste, um sein Ziel zu erreichen.

      Ein böses Lächeln schlich durch sein Gesicht.

      Alle fraßen sie ihm aus der Hand.

      Bis hin zu ihrem Ende

      12 – Anruf aus Deutschland

      Gerade als Kolasa auf den Hals der Toten deuten wollte, beugte Adda sich über Hildes Leichnam. Mit Argusaugen beäugte sie die Male am Hals der Frau.

      »Dir ist es auch aufgefallen, Frau deutsche Kommissarin«, stellte er fest, als er der Kommissarin aus Deutschland bei der Arbeit zusah.

      »Sicher sind mir die Male sofort ins Auge gestochen«, antwortete sie, ohne dabei den Blick von der Toten zu lassen. Mit dem Finger zeigte sie auf die Stellen am Hals der Frau, ohne sie dabei jedoch zu berühren. »Erwürgt, vielleicht«, überlegte sie.

      Doch Kolasa schüttelte den Kopf. »Eher weniger.« Auch er beugte sich über den Leichnam und besah den Hals der Toten genauestens. Zu dumm, dass er, wie so oft, wieder einmal seine Brille zuhause vergessen hatte. Er wandte sich an Adda: »Ob ich mir die einmal kurz ausleihen dürfte?«, fragte er, und zeigte dabei auf ihre Brille.

      Adda schob eine Augenbraue hoch. »Wenn’s unbedingt sein muss. Aber setz sie bloß nicht auf, sonst weitest du mir womöglich noch die Bügel aus. Dein Kopf ist immerhin breiter als meiner.«

      Kolasa nahm ihr grinsend die Brille ab und hob sich die Gläser vor die Augen, dabei betrachtete er nochmals die Male am Hals Hilde Hahnbügels. »Nein, die Frau ist auf keinen Fall mit bloßen Händen erwürgt worden.«

      »Vielleicht mit Handschuhen an?«, warf Braun seine Theorie dazwischen.

      »Nee, nee, Edgar. Danach schaut’s auch nich‘ aus. Oder was meinst du, Herr Major?«

      »Pah, keine Ahnung, was das war, wodurch die Frau zu Tode gekommen ist. Aber bloße Hände waren das sicherlich nicht.«

      Die Möchtegern-Miss-Marple betrachtete sich erneut den Hals der toten Frau. Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Was, wenn es ein Halstuch war, mit dem der Frau die Luft abgeschnitten worden ist?«

      Der Major nickte, und auch Braun, nachdem er Adda zur Seite geschoben und sich ebenfalls den Hals der Frau angesehen hatte. »Ich tendiere auch dazu, dass die Frau mit einem Schal oder etwas in der Art, erdrosselt worden ist«, stimmte er den anderen bei.

      Addas Handy läutete. »Wer will denn jetzt schon wieder etwas von mir«, schimpfte sie, da sie es gerade jetzt nicht mochte, unterbrochen zu werden. Dennoch blieb ihr nichts anderes übrig, als mit dem Handy nach draußen zu gehen, da sie in der Leichenhalle keinen Empfang hatte. »Bin gleich zurück. Muss dran gehen, ist Friedel, meine Tochter«, sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln, und eilte hinaus vor die Tür. Kaum draußen, meldete sie sich: »Elfriede, was um alles in der Welt, willst du ausgerechnet jetzt von mir? Hab eigentlich gar keine Zeit für dich.«

      »Du hast keine Zeit für mich. Na toll. Aber ich darf Zeit für dich haben, und dich an deiner Frittenbude vertreten. Wie finde ich denn das! Überhaupt, kannst du mir einmal sagen, wo du dich zurzeit aufhältst, und wann du endlich wieder gedenkst, deinen Imbiss selbst zu übernehmen?« Frieda hörte sich zornig an. »Ich habe nämlich auch noch etwas anderes zu tun, als für dich Frikadellen zu verkaufen.«

      »Jetzt reg‘ dich aber wieder mal ab«, schimpfte Adda in ihr Handy. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich mit Edgar nach Polen muss, eines Falls wegen. Na und wo sonst, als in Polen, sollte ich sein? Du hast mich übrigens bei der Arbeit gestört. Wir waren nämlich dabei, die Todesursache von der Hilde herauszufinden.«

      »Von wem? Wer ist Hilde? Kenne ich die?«

      »Elfriede, die kannst du gar nicht kennen. Die Hilde, sie ist das jüngste Opfer des Frauenmörders«, klärte sie ihre Tochter auf.

      »Reichen dir die Leichen in Mannheim noch nicht, musst du nun auch noch welche in Polen suchen?«, kam es verzweifelt von ihrer Tochter.

      »Jetzt halt aber mal die Luft an. Du tust ja gerade so, als wenn ich etwas dafür könnte, dass die Tote aus Deutschland kommt und vom Mörder im Polen-Ländle abgelegt worden ist.« Adda schaute hinter sich. Zu lange wollte sie die beiden Kommissare nicht alleine lassen. »Hör zu, wir telefonieren ein andermal. Ich muss jetzt wieder zu den anderen«, sagte sie und hängte ab, ohne ihrer Tochter die Möglichkeit zu einer Antwort geben zu haben.

      Kurz darauf zwängte sie sich wieder zwischen die beiden Kommissare und hörte deren Unterhaltung zu, während sie die Tote weiterhin aus den Augenwinkeln heraus, betrachtete.

      13 – Stranguliert

      Sie brauchten eine Weile, bis sie Bobrowski endlich unter all den Menschen wiedergefunden hatten.

      »Karel, was ist deiner Meinung nach, die Todesursache?« Kolasa stand vor dem Gerichtsmediziner und schaute ihn abwartend an.

      »Das ist doch offensichtlich, dass die Frau stranguliert worden ist. Meiner Meinung nach, wenn sie viel Pech hatte, sogar mit ihrem eigenen Schal.«

      »Ts, ts, ts, ich glaub’s ja nicht«, empörte Adda sich wieder einmal. »Ob das ihr Schal oder der des Mörders war, ist doch echt schnuppe. Erdrosselt bleibt erdrosselt, da kommt’s nicht darauf an, wessen Schal das gewesen ist, mit dem ihr der Hals zugezogen worden ist. Oder was sagst du, Edgar?«

      »Kommissarin Fried hat Recht. Unterm Strich ist es völlig gleich, vom wem der Schal oder was auch immer, gewesen ist, mit dem die Hilde Hahnbügel ermordet worden ist.«

      »Da irren Sie beide sich, aber doch sehr«, widersprach Karel Bobrowski. »Der Fund des Tatwerkzeugs, wenn ich einen Schal einmal so nennen darf, könnte Spuren zum Mörder aufweisen, sofern der Schal von ihm und nicht von dem Opfer gewesen wäre.«

      Braun nickte; und auch Adda schloss sich seinem Nicken, wenn auch zögernd, an.

      Kolasa hingegen klopfte dem Mann auf die Schulter. »Wusst‘ ich’s doch, alter Knabe, dass du einen Hinweis für uns hast.«

      Doch Karel winkte ab. »Nein, Kolasa. Ich würde das nicht einen Hinweis nennen. Ein Hinweis wäre es, hätten wir den Schal am Tatort gefunden. Doch soweit ich weiß, war nichts desgleichen am Fundort. Ein Tatort war es ja nicht, den kennen wir letztendlich auch noch nicht«, unterbrach er sich selbst in seiner Ausführung. »Wie gesagt, Fundort nicht gleich Tatort. Hätten wir allerdings den Tatort, wäre es möglich, dass dort auch das Tatwerkzeug, sprich der Schal, zu finden wäre. Doch leider kennen wir den nicht, und tappen somit weiterhin im Dunkeln. Es sei denn«, er machte eine erwartungsvolle Pause; und die Gesichter der Drei ruhten auf ihm.

      »Ja was denn, Herr Gerichtsmediziner. Was wollen Sie uns sagen«, hakte Adda ungeduldig nach.

      »Ein weiteres Opfer«, setzte Bobrowski an, wurde jedoch postwendend von Adda Fried unterbrochen. »Jetzt aber! Wie können Sie nur hoffen, dass es noch eine Frau trifft!«

      »Sie hätten mich ausreden lassen sollen. Ihr Deutschen