Название | Krieg und König |
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Автор произведения | Anja Von Ork |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738064384 |
Gwyn hatte sich umgezogen und das nasse Haar unter einer seidenen Haube versteckt. Dann hatte sie nach Hermine geschickt und ihr ein Schreiben an ihren Vater übergeben mit der Bitte um eine sofortige Audienz. Sie musste ihn davon überzeugen, diese Frau zu entlassen. Sie betete, dass er sich noch vor dem Abendessen anhören würde, was sie zu sagen hatte. Ein Pochen in ihrem Kopf kündete einen nahenden Kopfschmerz an. Sie würde sicherlich krank werden. Sie fröstelte immer noch. Aber sie könnte sich erst ausruhen, wenn sie sich der schrecklichen Person gestellt und sie in ihre Schranken verwiesen hatte. Gwyn atmete noch einmal tief durch und verließ ihre Gemächer. Anna wartete in der Halle. Als sie auf der letzten Stufe angekommen war, wurde Gwyn schwarz vor Augen und sie strauchelte. Sie stützte sich auf das Geländer und wartete einen Moment. Dann sah sie sich langsam um und vergewisserte sich, dass sie niemand beobachtete hatte. Einige andere Mädchen waren da und diskutierten eifrig. Anscheinend waren sie neugierig, worum es ging. Auf der anderen Seite der Halle öffneten sich die Türen zum Thronsaal und Ahlgrimm trat heraus. Gwyn beeilte sich, um Anna zu gelangen. Sie wollte nicht zu spät kommen. Ahlgrimm führte die beiden Mädchen in den Thronsaal. Großherzog Grenford saß an seinem Stammplatz am halbrunden Tisch im hinteren Teil des Raumes und hatte Gwyns Brief in der einen Hand, mit der anderen Hand massierte er sich die Schläfen. Sein Blick wirkte angespannt und zornig. Fräulein Rudin stand hinter ihm und hatte die Hände vor dem Bauch gefaltet. Ihr Gesicht trug den Ausdruck eines unschuldigen Lammes vor der Schlachtbank, einfältig und ein wenig besorgt. Unglaublich was für ein Wandel in ihr vorgegangen war! Der Großherzog legte den Brief vor sich auf den Tisch und betrachtete die Mädchen. Gwyn wartete. Das Zeremoniell gestattete es ihr nicht zu sprechen, bevor sie dazu aufgefordert wurde. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Im Thronsaal war es immer so kalt. Ihre Finger zitterten, darum verschränkte sie die Hände hinter dem Rücken. „Gwynevra, kannst du mir diesen Brief erklären?“ Er wirkte wahrlich wütend. Sie musste ihren Standpunkt so sicher wie möglich vertreten. Gwyn straffte den Rücken und antwortete: „Fräulein Rudins Erziehungsmethoden sind katastrophal, Vater. Sie unterrichtet uns nicht, sondern kommandiert uns herum. Ihren Forderungen ist kaum nachzukommen und sie bestraft jeden Fehler mit Schlägen.“ Sie wies ihre blaugeschlagenen Finger vor. „Ich habe mich sehr um Kooperation bemüht, aber anscheinend lässt sich dieses Problem“ sie stockte und wieder wurde ihr schwindlig, doch sie unterdrückte dies. „dieses Problem lässt sich nicht ohne deine Hilfe lösen. Heute Mittag hat sie mich und Anna während des Gewitters auf den Balkon gesperrt. Ich denke, wir sind uns einig, dass wir einen anderen Lehrer benötigen.“ Ihr Vater sah sie lange an. „Gwynevra, Fräulein Rudin hat mir bereits vor ein paar Tagen berichtet, dass du scheinbar Schwierigkeiten mit der neuen Situation hast. Ich kann verstehen, dass dich der Tod von Meister Eiwar sehr mitgenommen hat, aber dein Betragen ist im höchsten Masse ungehörig.“ Gwyn zitterte vor Wut. „Sie hat mich auf die Finger geschlagen!“ Der Großherzog schüttelte den Kopf. „Das Fräulein sagt, du hättest dir die Finger in der Tür geklemmt. Was meinen denn die anderen Mädchen zu deinen Vorwürfen?“ Anna sah sich hilflos um und stieß schließlich Marie an, die neugierig gewesen war und sich nicht hatte abwimmeln lassen. Doch nun schüttelte sie nur den Kopf und biss sich auf die Lippen. Das Fräulein lächelte milde. „Eure Tochter hat sicherlich keine direkte Abneigung gegen mich. Es ist immer schwer, wenn man seinen Mentor verliert. Ich denke, sie sollte sich ausruhen. Sie wirkt sehr bleich auf mich.“ Doch der Großherzog wurde nun wirklich wütend. „Gwyn, was fällt dir ein, der Familie so eine Schande zu machen! Das ist nicht zu entschuldigen. Du hast bis auf weiteres Stubenarrest und wehe du setzt einen Fuß vor die Tür deines Schlafzimmers. Geht jetzt!“ Da sprang Anna vor, erzürnt über die Ungerechtigkeiten des Großherzogs. „Bei allem Respekt, aber Gwyn sagt die Wahrheit! Sie hat uns auf den Balkon gesperrt! Die anderen Mädchen sind zu eingeschüchtert, um die Wahrheit zu sagen. Ich habe keine Angst vor dieser Hexe! Ihre Taten dürfen nicht ungestraft bleiben!“ Fräulein Rudin neigte sich vor und flüsterte dem Großherzog etwas ins Ohr. Gwyn glaubte, dass sie gleich in Ohnmacht fallen musste. Der Schmerz in ihrem Kopf wurde langsam unerträglich. Sie hob den Blick und bemerkte die glasigen Augen ihres Vaters, während er der Rudin lauschte, merkwürdig entrückt. Fräulein Rudin richtete sich wieder auf und warf ihr einen gehässigen Blick zu. Doch schnell wurde ihr Gesichtsausdruck wieder lammfromm und auch ihr Vater wirkte völlig normal. Was ging da vor? Oder bekam sie Fieber? „Du bist also die junge Dame von Kaltbach, die das Fräulein während des Unterrichts mit Büchern bewirft? Du bist deinem Vater wirklich nicht unähnlich.“ Anna schob trotzig das Kinn vor. „Was soll das bedeuten?“ Der Großherzog erhob sich und griff nach dem Brief. „Leugnest du den schäbigen Angriff auf deine Lehrerin?“ Sie straffte die Schultern. „Nein das leugne ich nicht. Ich habe einen Fehler gemacht und stehe dazu.“ „Wenigstens das. Fräulein Rudin hat euch beide zwar schon vom Unterricht ausgeschlossen, aber ich denke, ihr habt eure Lektion nicht begriffen. Niemand hat euch auf den Balkon gesperrt. Ihr erzählt doch Märchen, um diese ehrenwerte Dame loszuwerden. Du bekommst drei Tage Arrest und wirst dem Fräulein für den Rest des Monats in der Bibliothek aushelfen, wenn deine Arrestzeit vorbei ist. Und ich will kein Wort mehr hören, denn offensichtlich habt ihr beide keinen Zeugen für eure Behauptungen, obwohl die anderen Mädchen doch dabei waren und demnach alles gesehen haben müssen, was ihr beschreibt. Diese Sache hier ist beendet und wenn ich noch ein Wort darüber höre, werde ich hart durchgreifen. Wir haben jetzt wirklich andere Sorgen. Hinaus!“ Die Mädchen verließen den Raum und Anna stürzte sich auf Marie. „Was sollte das? Warum hast du nichts gesagt?“ Marie riss sich los und folgte den anderen. Doch Anna ließ nicht locker. „Sag schon, was sollte das?“ Marie wandte sich nicht um, sondern ging weiter. Doch von der Seite her flüsterte sie: „Ich konnte nicht, sie hat uns bedroht. Ich kann nichts sagen.“ Dann rannte sie davon. Anna blieb stehen. Marie hatte panische Angst. Das erklärte natürlich das Verhalten der Mädchen. Gwyn kam auf sie zu und blieb neben ihr stehen. Ihre Hand krallte sich in Annas Oberarm. Bestürzt bemerkte Anna, dass Schweiß auf ihrer Stirn perlte und ihre Haut unnatürlich bleich war. „Was sagt sie?“ Ihre Augen glänzten. „Sie hat scheinbar große Angst, aber sie wollte nicht reden. Sie haben alle Angst.“ Gwyn konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Ihre Kraft ließ nach und sie wollte sich nur noch hinsetzen. Anna fing sie auf und stützte sie, bis sie sich von ihrem Schwindel erholt hatte. Dann führte sie Gwyn zu einem der Sessel im Speisesaal. Die Köchin war gerade mit einem Geschwader von Küchenmädchen dabei, den Raum für das Abendessen herzurichten und schlug beim Anblick der beiden die Hände überm Kopf zusammen. Während sie die Mädchen in verschiedene Richtungen davon schickte, um Decken, Tee und Hermine zu holen, setzte Anna Gwyn auf einen Stuhl mit hoher Lehne nahe beim Kamin. „Wie werden wir sie nur wieder los? Diese alte Giftschlange.“ Flüsterte sie, während sie der Prinzessin vorsichtig eine Hand auf die Stirn legte. „Ich glaube, du hast dich verkühlt.“ Hermine kam in