Ein Herz zu viel. Irene Dorfner

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Название Ein Herz zu viel
Автор произведения Irene Dorfner
Жанр Языкознание
Серия Leo Schwartz
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044577



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dann auch gehen Frau Deichberg,“ sagte Leo, der die Frau immer noch nicht mochte. „Wir brauchen Sie nicht mehr.“

      Viktoria protestierte nicht, denn auch sie nervte das Geräusch des kratzigen Bleistifts. Beleidigt zog Frau Deichberg davon.

      „Jetzt möchte ich aber wissen, was sie an Seifen-Ludwig interessiert?“

      „In unserem aktuellen Fall konnten wir Rückstände von Kernseife feststellen, die eindeutig der Firma Ludwig zugeordnet werden konnten.,“

      „Das glaube ich gerne. Die Rezeptur der Kernseife war viele Jahre ein gutgehütetes Geheimnis und ist mit der Schließung der Firma in Vergessenheit geraten.“

      „Wir interessieren uns brennend für die Vertriebswege, sprich Kunden der Seifenfabrik.“

      „Ihren Job möchte ich nicht haben. In meiner Jugend nannte man das Schnitzeljagd, heute gibt es bestimmt einen englischen Begriff dafür.“ Beck lachte, denn für ihn waren diese englischen Begriffe nicht nachvollziehbar und er hatte es längst aufgegeben, sie zu verstehen. „Unsere Vertriebswege waren recht vielseitig. Wir belieferten Hotels und Gaststätten, unsere Hauptkunden waren aber Einzelhändler und Kircheneinrichtungen.“

      Besonders die kirchlichen Einrichtungen waren für die Polizisten sehr interessant. Sie machten sich sofort an die Arbeit. Sie verabschiedeten Matthias Beck und versprachen, die Unterlagen nach Ende des Falles wieder zurückzugeben. Der ehemalige Mitarbeiter von Seifen-Ludwig hing wirklich sehr an diesem Stück Zeit- und Lebensgeschichte.

      Die vier Kriminalbeamten sortierten nach verschiedenen Systemen. Wie sie es auch drehten und wendeten, die Listen waren immer ellenlang.

      „So kommen wir nicht weiter. Wir werden Fotos der Behältnisse veröffentlichen, vielleicht bekommen wir aus der Bevölkerung einen wertvollen Hinweis.“ Viktoria war am Ende. Auch heute war es wieder drückend heiß gewesen und sie sehnte sich nach einer Abkühlung. Dieser Sommer war für sie die Hölle!

      4.

      Die Reaktionen auf die veröffentlichten Fotos der drei Schatullen waren enorm, die Hinweise auf die Kernseife der Seifenfabrik Ludwig in München hielten sich in Grenzen. Viele erkannten die Schatullen aus ihrer Jugend oder hatten sie bei dem einen oder anderen gesehen. Viktoria stöhnte auf, als sie bereits den dreißigsten Hinweis bekam. War die Veröffentlichung der Fotos wirklich so eine gute Idee gewesen? Die Gerüchteküche brodelte, denn nicht umsonst interessierte sich die Kriminalpolizei für die Schatullen und die Seife. Die Polizisten wurden durch neugierige Fragen aufgehalten und führten endlos lange Gespräche, die nicht selten in Streit endeten. Die Geduld aller wurde auf eine harte Probe gestellt.

      Die Polizisten fertigten Listen von den genannten Namen an und verglichen sie mit den Kundenlisten von Seifen-Ludwig. Es gab keine Übereinstimmungen.

      Friedrich Fuchs und seine Leute arbeiteten mit den vielen eingesandten Speichelproben der Kollegen anderer Regionen auf Hochtouren. Und täglich trafen neue Proben ein, die es auszuwerten und zu überprüfen galt. Die Stimmung war im Keller. Trotz aller Resignation hatten alle die Hoffnung, doch noch auf die richtige Probe zu stoßen.

      Krohmer musste sich mit den Exhumierungsanträgen beschäftigen, die täglich bei ihm eintrafen. Hierbei handelte es sich um Bestattungen von Männern und Frauen im fraglichen Alter, die keine leiblichen Angehörigen hatten. Als Krohmer das Gerücht zu Ohren kam, dass die neue Sekretärin die Cousine des Staatsanwaltes war, überließ er ihr die Aufgabe, die jeweiligen Exhumierungsanträge an ihn weiterzuleiten. Anfangs glaubte er das Gerücht nicht, hatte dann aber ein Telefongespräch mitbekommen, das zwischen Charlotte Deichberg und dem Staatsanwalt geführt wurde: Die beiden kannten sich, und zwar sehr gut! Er war stinksauer, dass der Staatsanwalt ihm das Verwandtschaftsverhältnis nicht mitgeteilt hatte und ihm die gute Frau quasi untergejubelt hatte. Das würde auf jeden Fall noch ein Nachspiel geben, aber noch musste er sich zurückhalten. Unter den gegebenen Umständen nutzte er das Verwandtschaftsverhältnis zu seinem Vorteil.

      Das Gerücht über die Herzfunde hatte in Mühldorf und Altötting die Runde gemacht. Woher hatten die Leute nur immer ihre Informationen? Krohmer musste bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz den Journalisten gegenüber Rede und Antwort stehen. Er kam nicht umhin, zuzugeben, dass sie noch nicht einen Schritt weitergekommen waren und auch nach Tagen noch nicht wussten, zu wem diese Herzen gehörten. Tags darauf waren die Zeitungen voll von Berichten über die Herzfunde. Sogar ein Fernsehsender wurde darauf aufmerksam und löcherte Krohmer ununterbrochen mit Interview-Anfragen, die er ablehnte. Es reichte, dass die hiesigen Tageszeitungen darüber berichteten, was brauchte es da auch noch das Fernsehen? Das wirbelte nur unnötig Staub auf, brachte irgendwelche Spinner noch auf dumme Ideen und brachte ermittlungstechnisch rein gar nichts. Auch das Innenministerium hatte Wind von der Sache bekommen und übte Druck aus. Was sollte Krohmer machen? Mehr als ermitteln und jeder noch so kleinen Spur nachgehen konnten sie nicht. Sie traten auf der Stelle, das mussten sich Krohmer und seine Leute eingestehen. Aber sie wollten nicht aufgeben und fingen nochmal von vorn an. Sie befragten wieder und wieder Passanten, Zeugen und alle Personen, die auch nur im Entferntesten mit den Herzfunden zu tun hatten.

      Trotz intensiver Recherche kamen sie nicht weiter. Die DNA-Vergleiche waren bisher alle negativ und auch die exhumierten Leichen wiesen keinerlei Hinweise auf ein entnommenes Herz auf.

      Krohmer und seine Leute hofften inständig, dass es außer diesen drei Herzen keine weiteren geben würde und sie die dazugehörigen Körper so schnell wie möglich finden würden.

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